Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 8. Juli 1943
(In der folgenden Nacht wurde die Wohnung zerstört. Letzter Brief von Flandericherstr. 20)
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Köln, 8.7.43.
Mein lieber Adi!
Heute habe ich schon wieder keine Post von Dir bekommen. Woran mag das nur liegen? Du schreibst mir doch sicher immer noch? Bekommst Du auch keine von mir? Hier ist immer noch ein ganz scheußlicher Zustand. Jeder möchte gerne raus aus Köln. Adele war heute morgen auf dem Arbeitsamt. Ihr ist es eventuell möglich, weg zu kommen. Heute habe ich gehört, daß es garnicht mehr zu schwierig wäre, frei zu kommen. Die Betriebe müßten diejenigen, die gerne weg wollen, frei geben. Nun schicke ich Mutter morgen mal aufs Arbeitsamt, daß sie sich mal deswegen erkundigt. Wenn es geht, haue ich ab, ich weiß nur noch nicht wohin. Frau Schramma möchte gern nach Dresden. Aber man kann doch nicht so auf’s Geradewohl irgendwohin fahren. Wer weiß, was uns hier noch alles blüht. Nun bin ich mal gespannt, was Mutter
morgen erreicht.
Wie mag es Dir noch gehen? Ob Du überhaupt noch in Frankreich bist? Ich habe ja schon so lange nichts mehr von Dir gehört. Man hat doch so seine Sorgen und macht sich seine Gedanken. Wenn das doch nur mal ein Ende nähme. Ich bin’s so leid. Ob Du denn garnicht mal nach Hause kommst?
Heute bekam ich einen Brief von KO. Ich lege ihn Dir mal bei. Das war mal wieder so typhisch „Vater“. Du kannst Dich doch sicher noch entsinnen, wie Leo sagte, Karl Otto sei da gewesen. Dabei haben sie mich doch so komisch angesehen. Sicher haben sie gemeint, ich hätte etwas davon gewußt. Dabei hatte ich keinen blauen Dunst davon gehabt.
Schick’ mir doch bitte den Brief von KO wieder um. Ich war ja mal wieder ganz erschüttert. Was sagst Du dazu? Aufregen kann mich so etwas nicht mehr. So mein lieber Peps, hoffentlich habe ich morgen einen lb. Brief von Dir.
Ich will schließen, die Heia ruft.
Liebe Grüße + Küsse
Deine Annelie.