Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 13. August 1943
Wittlich, den 13.8.43.
Mein lieber Peps!
Nun brauche ich doch nicht ins Kloster zu gehen, gestern erhielt ich nämlich von Dir zwei lange liebe Briefe - und ein Päkchen[!], ein süßes Schokoladenpäkchen. Liebling, ich danke Dir auch von ganzem Herzen dafür. Wir haben uns beide riesig darüber gefreut. Im Geiste empfange einen ganz lieben Kuß dafür. Schmeckt übrigens wundervoll die Schokolade. Es war das Einschreibepäckchen, sicherlich das, welches der Soldat mitgenommen hat. Dann müßte ja noch eines unterwegs sein. Du schriebst doch, daß Du nach dem Urlaub eins abgeschickt hast. Hoffentlich kommt es noch an. Wäre ja schade für die schöne Schokolade und das viele Geld.
Nun werden heute Abend Deine Eltern wohl kommen. Hoffentlich sind sie noch nicht weggefahren. Gestern morgen zwischen 9 - 11
sollen die Flieger nämlich so sehr in Bonn gewesen sein. Ich bin mal gespannt, ob der Wehrmachtsbericht heute etwas davon meldet. Wir hatten während der Zeit auch Großalarm. Es wäre ja möglich, daß Deine Eltern daraufhin nach Bonn gefahren sind. Ich will es aber nicht hoffen, ich bin doch zu gespannt, was meine Eltern in Köln erreicht haben. Übrigens nach Köln werde ich in den nächsten Wochen auch noch mal fahren, so über Samstag/Sonntag. Ich muß mir doch unbedingt die Stadt mal ansehen. Ich war doch noch nicht weiter als Neumarkt. -
Ach Peps, wir haben es ja sooo gut. Was ich hier den ganzen Tag arbeite, könnte ich in einer Stunde tuen. Aber - bst - die Außenwelt braucht das nicht zu wissen. Herr Maus sagte
heute morgen zu mir: Frl. Hastenplug, immer habe ich keine Arbeit für sie, dann erholen sie sich eben in der Zeit, (d. h. die andern erholen sich natürlich auch.) Nein, so ein Lenz, das es sowas gibt. Er sagte auch, es ist eben so, daß man da sein muß, wenn man gebraucht wird. Nun ja, mir soll’s recht sein. Ich muß mich in dieses Leben erst mal hereinfinden. -
Ach Pepserl, wie lange wird der Krieg noch dauern?! Ach weißt Du, heute mußte ich an St. Wendel Weihnachten vor fast zwei Jahren denken. Ja, tatsächlich, bald werden es zwei Jahre, daß Du in den Arbeitsdienst kamst. Weißt Du, wir standen im Park. Du sagtest: in zwei Jahren sieht alles ganz anders aus, dann ist der
Krieg bestimmt zu Ende, und dann können wir bald ans Heiraten denken, dann bin ich wieder immer bei Dir. -
Ja, von wegen, in dieser Zeit hat sich vieles, vieles geändert, die zwei Jahre sind bald um, der Krieg aber - der Krieg ist noch lange nicht aus. Manchmal bin ich recht trostlos. Vielleicht kommt alles noch viel schlimmer! Wir wollen es nicht hoffen. Heute habe ich mal wieder dauernd schwarze Gedanken, vielleicht tut das auch das trübe Wetter?!
Ich will schließen, morgen weiß ich sicher wieder was Neues zu berichten. Vielleicht schreibe ich auch heute abend noch mal. Für jetzt
liebe Grüße u. Küsse
Deine Annelie.