Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 6. Oktober 1943
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Frankenforst, 6.10.43.
Liebster Adi!
Immer noch keine Post! Ich weiß bald nicht mehr, was ich davon halten soll.
Jetzt bin ich schon wieder einen ganzen Monat in Köln und immer noch ist keine Post nach hier gekommen. Hast Du denn auch die zwei Luftfeldpostbriefe nicht bekommen. Wie mag es Dir noch gehen? Vor mir steht Dein Bild, weißt Du das große, gerettete. Du siehst so lieb darauf aus und ich muß Dich dauernd anschauen.
Ach Peps, Liebling, wie froh bin ich, wenn Du mal endlich wieder hier bist! Freust Du Dich auch!
Weißt Du, ich muß Dir immer wieder schreiben, wie lieb ich Dich habe. Ich erlebe ja so wenig Neues. In dem Monat, seit ich in Köln bin, war ich noch nicht ein einzigmal im Kino oder sonst irgend wo. Na Köln bietet ja sowieso nicht mehr viel. Mir fehlt aber auch jegliches Interesse für dergleichen; ohne Dich hat es mir noch nie Spaß gemacht, besonders nicht, wo Du jetzt dauernd
in Gefahr bist und ich ständig daran denken muß. Wenn ich nur wüßte, wo Du eigentlich bist! Aber ich habe ja so garkeine Ahnung, in welcher Gegend Du jetzt steckst. Wie mag das alles einmal enden? Ich kann es mir tatsächlich nicht vorstellen. Hauptsache ist, daß wir Beide den Krieg überstehen. Das ist ja sehr egoistisch gedacht, aber jeder ist sich selbst der Nächste. Ist es nicht so? -
Adele sitzt hier neben mir und stopft und näht. Sie will am Sonntag nach Homburg zu ihrem Fritz. Aber bst, keiner darf davon wissen, auch Deine Eltern nicht. Ich führe an ihrer Stelle auch. Wenn Du kommst, fahren wir Beide für eine Woche auch irgendwohin. Gell? Vielleicht zur Annemie nach Koblenz (angeblich).
Ich freue mich ja so! Wären wir doch nur schon zwei Monate weiter!
Lieber, lieber Peps, schreib bald!
Deine Annelie
(Entschuldige die Sauschrift und das Schmierpapier!)