Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 25. Oktober 1943

16

Köln, den 25.10.43.

Allerliebster Peps!

Jetzt kann ich Dir wenigstens wieder schreiben, wo ich endlich wieder eine Anschrift von Dir habe. Ob Du die Briefe bekommst, ist ja noch fraglich. Sicher bist Du längst wieder weg, ehe Du meine Post überhaupt bekommst. Nun ja, diesmal wäre es ja nur wünschenswert, denn diesmal geht es doch bestimmt in die Heimat, nicht wahr?

Ach, wie ich mich darauf freue, wenn es endlich heißt: „Ich liege da oder da im Lazarett, komm mich besuchen!“ Freust Du Dich auch auf unser Wiedersehen?

Was hast Du Dir eigentlich gedacht, als gestern der Anruf aus Köln kam und, daß ich nun wieder ganz hier bin. Ich war so glücklich, als ich Deine liebe Stimme endlich wieder hörte und hätte Dir so gerne etwas recht liebes gesagt. Aber, ich war so aufgeregt und es waren so viele Menschen um mich herum, daß ich garnicht recht wußte, was ich eigentlich sagen sollte. Sicher habe ich recht dummes Zeug dahergeredet. Doch Du wußtest auch sicher so, wie es gemeint war. Ich habe Dich so lieb und kann es kaum erwarten bis ich Dich endlich wieder habe. Geht es Dir wieder besser? Hoffentlich hast Du nicht mehr allzuviele Schmerzen. Du darfst Dir jetzt keine

Gedanken und Sorgen machen, hörst Du, aber auch garkeine. Ich weiß bestimmt, daß Du Dir jetzt schon wieder Gedanken um unsere Zukunft machst, vielleicht, weil jetzt aus dem R.O.B. nichts wird. Du machtest gestern, als ich sagte, ich sei wieder in Frechen, die Bemerkung, Du hättest überhaupt noch allerhand Wichtiges zu schreiben. Das hat sich so richtig sorgenvoll angehört. Du hast mir jetzt garnicht Wichtiges zu schreiben, außer, daß Du mich lieb hast und sonst viel Liebes. Es kommt schon Alles, wie’s kommen soll! Ich bin doch so glücklich, daß Du überhaupt noch lebst. Glaub’ mir, ich würde auf Dich warten, eine ganze Ewigkeit lang.

Mach’ Du nur, daß Du wieder ganz gesund wirst, aber bitte nicht zu schnell. Du mußt mir jetzt recht oft schreiben, ich schmachte doch so nach lieber Post. - Peps, denk’ Dir nurmal, vielleicht sehen wir uns schon in der nächsten Woche. Wäre das nicht herrlich. Ich kann es kaum fassen.

Hoffentlich habe ich Dich auch mal ein paar Minütchen für mich alleine. Ich habe Dir doch soviel Liebes zu sagen und ich glaube, Du mir doch sicher auch. Oder nicht? Ach Du, ich könnt’ Dich jetzt totdrücken, wenn ich Dich nur hier hätte - aber nein, das darf ich ja garnicht, Du hast ja soviel Weweh!

Lieber, lieber Peps, laß Dich ganz lieb küssen

von Deiner Annelie.