Andreas van Kann an Annliese Hastenplug, 30. Oktober 1943
Warschau, 30/X.43.
Meine herzallerliebste Annelie,
gern will ich Dir glauben, daß Du jeden Abend eine kleine Enttäuschung erlebst, wenn mein Brief immer noch aus der Polakei kommt. Auch ich bin das Warten bald leid, aber auf der anderen Seite haben wir all das Schöne noch vor uns. Und daß ich nach Deutschland komme, ist ganz bestimmt - ich bin auch längst an der Reihe - es liegt nur an den Zügen.
Nun - auf ein paar Tage kommt es ja schließlich auch nicht mehr an; und Vorfreude ist immer die schönste Freude.
Weihnachten, Liebste, wird herrlich. Selbstverständlich feiern wir zusammen, das ist doch klar. Wir werden halt unser Bäumchen machen. Gewiß ist es für Euch nicht schön, wo Ihr kein Heim mehr habt, aber wenn wir beisammen sind, werden wir auch das vergessen. Für Deine Eltern freilich sind’s gewiß traurige Tage - wie auch die silberne Hochzeit. Und das sollte doch alles so nett werden. Ja, der Krieg hat manch schöne Hoffnung
zunichte gemacht. -
Es ist schon eine traurige Zeit.
Auf mein Geburtstagsgeschenk bin ich aber sehr gespannt. Jetzt kannst Du es ja bis Weihnachten aufheben, oder bringst Du es mit?! -
Morgen ist nun Sonntag! Laß Dir den Tag nicht lang werden und denke viel an mich - wie ich an Dich denke, liebe, gute Frau. -
Ich grüße und küsse Dich
Dein Adi.