Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 30. November 1943
32
Frechen, den 30.11.43.
Mein lieber Adi!
Es ist „großer“ Alarm. Dann müssen wir die Kasse schließen und ich habe die beste Gelegenheit, Dir ein paar Zeilen zu schreiben.
Heute habe ich schon sehr oft an Dich gedacht, obwohl wir am Ultimo sehr viel zu tuen haben, aber Du hast doch heute Namenstag. Lieber Peps, könnte ich doch heute bei Dir sein und Dir einen ganz lieben Namenstagskuß geben. Nun muß ich es halt in Gedanken tuen - - -. Heute vor zwei Jahren war es viel, viel schöner. Weißt Du noch? Wir waren in Bonn. Schön war’s und dann - mußtest Du in den Arbeitsdienst und seitdem bist Du immer weg. Schon zwei Jahre. Das bißchen Urlaub dazwischen kann man ja nicht mitrechnen. Ja, so ist das nun! Und jetzt liegst Du im Lazarett. Ich habe schrecklich viel Sehnsucht nach Dir und kann Dich doch nicht besuchen! Denkst Du auch oft an mich?
Gestern erhielt ich endlich wieder Post von Dir! Es waren allerdings recht alte Briefe, einer noch aus Warschau, der „Gelbsuchtbrief“. Was Du armer
Entschuldige bitte den Fettfleck, aber wir mußten gerade in den Bunker und da habe ich den Brief in meine Tasche zu den Butterbroten gelegt! In der Aufregung.
Liebling nicht alles durchmachen mußt. Und ich kann noch nicht mal bei Dir sein und Dich ein bißchen trösten. Oder hast Du das nicht mehr nötig? - Wenn man krank ist, ist man doch doppelt liebebedürftig, ich weiß das doch von mir. - Der andere Brief war vom 20.11., sehr kurz und kühl! -
Wie geht es Dir denn, Liebster? Was machen die Wunden? Wie heilt die Brustwunde. Jetzt wird’s wohl ziemlich lang dauern, ehe Du mich nochmal richtig drücken kannst. Macht aber nichts. Das kommt alles wieder! So’n Mann wie Du! Wäre doch gelacht!
Gestern habe ich auch Post von Annemie bekommen. Ihr Fritz ist da, als „Leutnant“. Sie ist glücklich! Ja, der Fritz hatte Glück gehabt. Der brauchte die Frontbewährung nicht in Rußland zu machen, sondern an der Kanalküste und ist dabei noch nach Dir eingezogen worden. Jetzt kommt er allerdings raus. Mir ist es tausendmal lieber, Du bliebst bis Ende des Krieges im Lazarett und behieltest Deine heilen Knochen.
So, nun muß ich langsam schließen, sicher kommt gleich die Entwarnung. (von wegen! es schießt!!)
Für jetzt viele liebe Grüße u. Küsse
Deine Annelie.