Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 11. April 1944

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Frankenforst, 11.4.44.

Mein liebster Adi!

Heute habe ich Deinen lieben kleinen Brief vom 27.III. bekommen. Du siehst: ein kleiner Nachzügler!

Nun ist der erste Arbeitstag nach dem Osterfest auch wieder herum. Wir hatten wahnsinnig viel zu tun heute. Na, Du kannst Dir ja vorstellen, wo wir 4 Tage geschlossen hatten. Doch zunächst möchte ich Dir noch etwas vom gestrigen, dem zweiten Ostertag erzählen. Also, Deine Mutti war ja noch in Koblenz geblieben und ist gestern erst mit uns nach Hause gefahren. Gestern morgen war ich mit Deiner Mutter um 11 Uhr in der Herz-Jesu-Kirche, anschließend spazierten wir an den

Rhein. Das Wetter war ausnahmsweise herrlich, wogegen es am Sonntag den ganzen Tag geregnet hat. Zuerst haben wir uns mal eine Weile das Leben an der Schiffbrücke angesehen. Ich mußte dauernd hinüber zum „Riesen“ sehen. Ach und da wurde mir das Herz so schwer. Hättest Du doch an Stelle Deiner Mutter neben mir gestanden. Ich hätte mich ganz dicht an Deinen Arm geschmiegt. Gewiß hätten wir uns wieder an ein Fenster im Riesen-Fürstenhof gesetzt. Ach, Liebling, war das damals schön und ich war so glücklich. Als wir in der Rheinstraße am Rheingold und an unserem anderen Quartier vorbeigingen, da wurde es mir ganz eigentümlich zu Mute. Ach Liebster, ich habe Dich so lieb und es wird noch recht oft so schön werden, wenn Du nur wieder kommst. - Siehst Du, jetzt bin ich ganz von

meinem Bericht abgekommen. -

Na, wir sind dann weiter zum Deutschen Eck gegangen und auch auf das Denkmal hinauf. Die Aussicht war herrlich bei diesem herrlichen Wetter. Deiner Mutter hat es auch sehr gut daoben gefallen. Auch der alte Aufseher war wieder da und hat genau wie damals die Leute gefragt: Soll ich Ihne das Denkmal erkläre? Und dann hat er wieder angefangen. Bei den „hunnertzehn Trebbetritte“ habe ich so an Dich denken müssen. Das hat Dir doch am besten gefallen.

Gestern Nachmittag war Annemie mit noch einem bekannten Mädel da. Wir waren noch ein Stündchen spazieren. In unserem Gärtchen haben wir einige Aufnahmen gemacht.

Annemie läßt sie entwickeln. Wenn sie etwas geworden sind, schicke ich Dir sie

nach Rußland. Wir haben dann noch mehr Besuch bekommen, alles alte Bekannte von früher. Meine Eltern, besonders meine Mutter, leben in Koblenz richtig auf.

Ich bin richtig froh deswegen.

Um 6.10 Uhr sind wir dann mit dem Eilzug wieder nach Köln gefahren. Annemie und meine Eltern haben uns zur Bahn gebracht. Wir saßen glücklich im Zug, da kam Großalarm. Gott sei Dank war nichts los.

So, nun habe ich aber genauen Bericht erstattet. Und Du, mein Schatz, wie magst Du das Osterfest verbracht haben? Ich habe trotz aller Abwechslung immer an Dich denken müssen. Wie viel schöner war doch das vorige Osterfest dagegen. Als wir am Drachenfels und Petersberg vorbei fuhren, habe ich an das vorige Jahr denken müssen. Mein Gott, ist das tatsächlich schon ein

ganzes Jahr her? Mir ist es, als sei es erst gestern gewesen. Und doch liegt schon so vieles dazwischen. Aber, ich hab’ Dich ja noch und das ist doch das aller, allerwichtigste! Gell Liebling? Hast Du auch schon mal an mich gedacht? Dumme Frage! Du hast mich doch auch lieb und dann kommen die Gedanken schon ganz von selbst.

Übrigens, wie ist es in Deiner Stellung? Ist es noch immer so ruhig in eurem Abschnitt? Hoffentlich ja! Das würde mich sehr beruhigen. Du mußt mir darüber immer berichten, ja? Aber bitte ehrlich! Mich nur nicht schonen wollen!

Heute nachmittag traf ich in der F Hansi Mitschke. Er liegt in der Etzelkaserne als Rekrut. Sie waren nach Bachem zum Schießen. Er ist immer noch nicht KV und

wird nach der Ausbildung wahrscheinlich nach Frankreich als Funker kommen. Ja, der hat’s gut. Hoffentlich kommst Du wieder, mein einziger Liebling!

Du hattest Deinen Eltern ja auch geschrieben, daß wir im nächsten Jahr heiraten wollen. Wie haben sie sich dazu geäußert? Sie müssen doch irgend etwas dazu gesagt haben.

Hoffentlich kommen wir im nächsten Jahr wirklich dazu. Ich möchte so gerne immer ganz bei Dir sein. Ich hab’ Dich doch so lieb. Schreib mir mal bald einen lieben langen Brief. Ich warte so sehnsüchtig darauf.

Nun Liebster, laß mich schließen.

Viele Grüße und allerliebste Küsse

Deine Annelie.