Andreas van Kann an Anneliese Hastenplug, 11. Juli 1944
Thorn, 11.7.44.
Meine liebe, gute Annelie!
Heute Mittag sind wir hier in Thorn angekommen. Man empfing uns gleich am Bahnhof und nachdem (welch ein Glück!!) das umfangreiche Gepäck verladen war zog der Haufen zur Schule. Soviel silberbetresste Landser habe ich noch nie auf einem Haufen gesehen. - Nun, der erste Eindruck war recht nett. Die Unterkünfte sind sehr schön - luftig und wohnlich - überhaupt sind alle Anlagen entsprechend einer Schule für Fahnenjunker der Infantrie, jawohl! Ich glaube, daß ich mich hier sehr wohl fühle, das versöhnt mich wieder! Ich hatte nämlich eine Stinkwut, als ich erfuhr, daß ich nach Thorn kommandiert war. Nun, daran ist ja nichts zu ändern; es wird ja sowieso wieder eine arbeitsreiche Zeit. -
Nach ersten Informationen dauert unser Lehrgang bis 7.11., also fast 4 Monate. Es ist ja eine lange Zeit, wenn ich bedenke, daß ich Dich in der ganzen Zeit nicht
sehe. Aber auch daß geht vorüber - fast möchte ich sagen: leider! Verstehst Du, Liebling?!
Thorn gehört zwar zu Deutschland - eine Reise hierher wäre also ohne Weiteres möglich - aber ich denke, es ist zu weit für einen Besuch Deinerseits. Man fährt günstigstenfalls 28 Stunden und das ist bei den heutigen Reiseverhältnissen gewiß keine Kleinigkeit. Und dann bietet Thorn garnichts, ich weiß nicht einmal, ob es ein vernünftiges Hotel gibt. Wir liegen ziemlich weit außerhalb der Stadt und außerdem wird immer bis spät Abends Dienst sein, sodaß wir kaum etwas von einander hätten. Müssen halt wieder warten ...
Wir haben’s ja wohl gründlich gelernt! -
Du, Liebste, ich bin unverschämt müde, laß mich schließen!
Gute Nacht, liebe Annelie und einen langen Kuß
Dein Adi.