Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 30. August 1944

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Frechen, den 30.8.44

Mein lieber Adi!

Jetzt bin ich doch tatsächlich ein paar Tage einfach nicht dazu gekommen, Dir zu schreiben. Es geht auf den ersten an und da hatten wir im Geschäft soviel zu tun, daß wir keine Mittagspause machen konnten und abends auch noch ein oder zwei Bahnen später fahren mußten. Aber heute Mittag mußte ich Dir schreiben, da hätte es gehen können wie es wollte. Du wirst in Zukunft sowieso weniger Post von mir bekommen, ab Freitag arbeiten wir von ½ 8 - 6 Uhr. Vorläufig will ich doch lieber noch in den Frankenforst fahren, solange es eben geht. Ich bin also den ganzen Tag unterwegs.

Mir wird übel, wenn ich daran denke. Wir haben aber auch jede und jede Nacht Fliegeralarm und immer fallen Bomben.

Da habe ich solch wahnsinnige Angst in Köln zu schlafen. Wenn ihr noch einen ordentlichen Keller hättet. In den Bunker kann ich doch auch nicht immer laufen. Wie unerträglich es dort ist, weißt Du ja selbst am Besten. September und Oktober gehts ja noch soeben, morgens muß ich halt sehr früh aufstehen. Im November bist Du ja da. Dann sieht ja sowieso gleich alles ganz anders aus.

Ach Liebster, manchmal bin ich so verdrießlich, das kann ich Dir garnicht beschreiben. - Wie ich mich als angehende Ehefrau fühle? Na, bis jetzt hat es noch keine Änderungen bei mir hervorgerufen. Ob es wirklich soweit kommt? Ich bin immer bang, es könnte noch etwas dazwischen kommen. In der heutigen Zeit muß man ja mit allem rechnen. Trotzdem, wenn ich all’ diese Bedenken

ausschalte, dann freue ich mich doch wahnsinnig. Ich fühle mich manchmal so einsam und verlassen, das kannst Du Dir garnicht vorstellen. Gewiß, Deine Eltern sind lieb und gut zu mir, aber es sind doch immer ältere Herrschaften und Jugend gehört zu Jugend. Tagsüber empfinde ich das nicht so stark, aber abends und Sonntags - nein - dann könnte ich manchmal verrückt werden. Dann habe ich solches Heimweh nach Dir, dann könnt’ ich mich hinsetzen und nur weinen. Wann ist denn der Krieg endlich mal zu Ende, wann kommst Du denn endlich wieder zurück?! Ach Adschki, ist das Leben schwer! -

Wie meinst Du das mit der Eignungserkundigung? Ich hab’ Dich da nicht verstanden. Liebster, ich muß schon wieder aufhören, die Arbeit ruft!

So sei lieb gegrüßt und geküßt von

Deiner Annelie.