Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 5. September 1944
27
Frechen, den 5.9.44
Mein lieber Adi!
Wir haben mal wieder Fliegeralarm. Die Zeit will ich schnell benutzen, Dir ein paar Zeilen zu schreiben. Gestern morgen habe ich Deinen lieben Brief vom 27. erhalten. Ich freue mich doch immer so, wenn ich liebe Post von Dir bekomme. Das ist doch der einzige Lichtblick in diesem trostlosen Leben. - Es geht das Gerede, daß die Kriegs- und Waffenschulen geschlossen werden sollen. Nun kannst Du Dir denken, welche Sorgen ich mir mache. Jeden Tag befürchte ich, die schreckliche Nachricht von Dir zu bekommen. Ich lebe in einer Angst. Wenn nur Du mir erhalten bleibst. Alles andere wäre mir egal, d. h. wenn meinen Angehörigen etwas passierte, wäre mir sehr schmerzlich, aber kein Vergleich damit, wenn Dir etwas zustoßen würde. - Nun habe ich meine Papiere bald alle beisammen,
außer poliz. u. politischen Führungszeugnis. Ob es überhaupt Zweck hat, Dir die Sachen zuzusenden? Na, ich schicke sie jedenfalls mal ab. Kann ich Dir die Papiere per „Einschreibe“ senden? Oder wie soll ich’s machen?
Liebster Adschki, ich hab’ Dich so lieb! Ich sehne mich danach, endlich mit Dir zusammen sein zu können. Ob es bald sein wird? Ach Adi, lieber, lieber Adi! -
Gestern und heute ist hier die ganze männliche Jugend ab 14 Jahre zum Schanzen ausgerückt. Es sind ja doch noch richtige Kinder. Unser Lehrling muß morgen auch weg. Von Adele habe ich noch nichts gehört, ebenfalls von Fritz noch nicht. Vater muß ich gleich auf seinen Brief auch noch antworten.
Liebster, denkst Du auch viel an mich und hast Du mich sehr lieb? Schreib’ mir bitte nochmal einen lieben Liebesbrief.
Sei lieb gegrüßt und geküßt von
Deiner Annelie.