Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 8. Oktober 1944

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Köln, den 8.10.44.

Mein lieber Adi!

Gestern war ich im Frankenforst und da habe ich vier Briefe von Dir vorgefunden. Ich bin wie eine Wilde darüber hergefallen. Deine beiden Fotos waren auch dabei. Na, und ob sie mir gefallen: die guten Fotos und - besonders - das, was drauf ist. Es ist Dein bestes Foto, daß ich bis jetzt von Dir habe! Oder bist Du um soviel schöner geworden?!

Jedenfalls hast Du mir eine große Freude damit gemacht, auch Deine Briefe waren sehr sehr lieb.

Nun werden meine Papiere mittlerweile ja alle eingetrudelt sein. Das polizeiliche Führungszeugnis ist gestern angekommen. Ich lege es diesem Brief bei. Es hat ja lange genug gedauert. Nun werde ich mir also noch eine Staatsangehörigkeitsbescheinigung geben lassen. Hoffentlich kann ich sie gleich mitnehmen. So mußt Du also auch Deine Papiere haben. Ob Deine Eltern Deinen Brief wegen der Bescheinigung der verbrannten Papiere schon haben? Na, sie werden es mir auch sicher nicht sagen. Hat die Wehrmacht wegen meines politischen Führungszeugnis selbst geschrieben? Siehst Du,

Adi, wir wollen uns trotzallem ganz um unsere Papiere bemühen. Wir wollen uns nachher nicht ärgern müssen, wenn uns doch die Gelegenheit gegeben wird, zu heiraten. Man kann es ja nicht wissen! Bis zur Beendigung Deines Lehrganges dauert es ja garnicht mehr so lange. Wir haben bis jetzt die Front im Westen gehalten, warum sollte das nicht auch noch in den nächsten vier - fünf Wochen so gehen. Wenn wenn nicht - na, - dann haben wir eben Pech gehabt. Jedenfalls wollen wir uns in einem „Eventuell-Fall“ keine Vorwürfe zu machen brauchen.

Ich glaube bestimmt, daß Du ein paar

Tage Urlaub gekommst. Christian Ohrem habe ich vorgestern auch gesehen, mithin hat er doch Urlaub bekommen. Man kann ja überhaupt nichts mit Bestimmtheit sagen. Jeder Tag kann ja etwas Neues bringen. Schöne Tage werden wir sowieso nicht verleben. Wir können uns höchstens zu Hause bei euch aufhalten, und im Frankenforst. Wir haben nämlich fast den ganzen Tag Alarm, nein so scheußlich wie momentan war es hier in Köln noch nie. In anderen Westdeutschen Städten ist es ja nicht anders. Mutter schrieb, sie lebten in einer Angst, es wäre furchtbar, bei und ohne Alarm

Tage Urlaub gekommst. Christian Ohrem habe ich vorgestern auch gesehen, mithin hat er doch Urlaub bekommen. Man kann ja überhaupt nichts mit Bestimmtheit sagen. Jeder Tag kann ja etwas Neues bringen. Schöne Tage werden wir sowieso nicht verleben. Wir können uns höchstens zu Hause bei euch aufhalten, und im Frankenforst. Wir haben nämlich fast den ganzen Tag Alarm, nein so scheußlich wie momentan war es hier in Köln noch nie. In anderen Westdeutschen Städten ist es ja nicht anders. Mutter schrieb, sie lebten in einer Angst, es wäre furchtbar, bei und ohne Alarm

Zeit im Luftschutzkeller sitzen müssen - und reisen will heute erst recht kein Mensch. Das ist ja auch alles so nebensächlich. Schließlich haben wir ja das sechste Kriegsjahr. Ich muß ehrlich sagen, ich habe mir aber auch noch absolut keine Gedanken deswegen gemacht. Wenn wir eben das Glück haben sollten, daß die Engländer bis dahin noch nicht hier sind und wir haben die Papiere in Ordnung und Du hast die Genehmigung, dann wird eben geheiratet - wo, wie und wann, das ist ja ganz gleich!

Siehst Du, Liebster, so weit bin ich auch schon gekommen. Ja, der

Krieg macht einen bescheiden und doch wieder egoistisch! Wenn Du mir nur erhalten bleibst! Ich hab’ Dich doch so lieb. Immer, immer wieder muß man warten. Man vertröstet sich von einem Jahr aufs andere, jetzt schon fünf Jahre lang und immer ist er noch nicht zu Ende, dieser entsetzliche Krieg!

Ab morgen werde ich nun in Frechen wohnen. Deinen Eltern ist es garnicht recht. Ich blieb ja auch lieber bei Euch, wenn ich nur nicht solche Angst hätte.

Die Franzosen (Kriegsgefangene) haben jetzt im Fabrikkeller einen Luftschutzraum gemacht, mit Balken und Pappe abgestützt,

trotzdem - ich fühle mich in der Stadt nicht sicher. Das Schlimmste ist jetzt: „die Esserei!“ Dann werd’ ich auch etwas schlanker, sonst passen wir ja nachher garnicht mehr zusammen. -

Adele hat immer noch keine Nachricht von Fritz. Ist das nicht furchtbar?! Ich kann mich gut in ihre Lage versetzen. Hoffentlich ist dem Fritz nichts passiert. - So, nun trinken wir Kaffee, ich muß abräumen. So sei für heute herzlich gegrüßt und lieb und heiß geküßt von

Deiner Annelie.

Schreib’ bitte zur Sparkasse!