Andreas van Kann an seine Freundin Annelie, 29. Oktober 1944
Thorn, 29.X.44.
Meine liebe Annelie,
endlich bekam ich heute wieder einen lieben Brief von Dir. Liebste, es wird nicht mehr lange dauern, dann bin ich bei Dir - wenn auch vorerst nur für ein paar Stunden - denn ich muß wieder nach Mülheim/Ruhr und es ist doch klar, daß ich da über Köln fahre und bei Dir bleibe für kurze Zeit. Ich kann aber leider nicht genau sagen, wann wir hier wegkönnen, heute in 8 Tagen ist die Beförderung und am Abend ein groß aufgezogener Inspektions-Abend mit (fast friedensmäßigem) Komfort. Dann wird Montag, und Dienstag bzw., der erste Reisetag sein. Wir werden natürlich schubweise entlassen und man weiß nie, bei welchem Schub man ist. Insofern ist das natürlich schwierig, weil Du in Frechen bist. Aber ich bekomme als Soldat sicherlich einen LKW, der mich mitnimmt. Köln ist ja jetzt rückwärtiges Armeegebiet und da dürfte
reger Fahrzeugverkehr sein. Denn wie ich aus Deinem Brief ersehe, wird die Bahnverbindung auch bis nächste Woche wohl kaum hergestellt sein.
Obwohl ich weiß, was dort los ist, freue ich mich auf die Heimat - ich möchte sagen, Annelie, daß ich unserer beiden Heimat jetzt richtig lieb gewonnen hab. Was Ihr am Rhein ausgehalten habt und immer neu aushalten müßt, ist unbeschreiblich. Weißt Du, ich merke daß stark an der Einstellung der anderen Kameraden - vornehmlich derer aus Norddeutschland. Die schauten uns aus dem Westen immer so etwas über die Schulter her an. Jetzt aber hat sich daß entschieden geändert. Man ist allenthalben schön kusch. Kein Mensch redet mehr von Angriffen auf seine Stadt, wenn einer aus dem Westen dabei ist. - -
Recht habt Ihr, das Paket würde garnicht mehr ankommen mit Dolch und Mütze. Es ist ja auch garnicht so wichtig, denn ich komme ja daheim vorbei und kann dann alles mitnehmen. Aber Du brauchst nun nicht selbst zum Frankenforst zu
pilgern, daß mache ich schon selbst, denn für mich ist das wesentlich einfacher einen LKW zu bekommen, als für Dich. - -
Liebste, wie ich mich freue, Dich endlich wiederzusehen, das kann ich Dir garnicht sagen. Ich hab’ Dich doch so unendlich lieb und dann bin ich doch immer so in Sorge um Dich. Aber das wird sich ja in diesem verd... Krieg nicht ändern. Du - ich möchte so vieles Dir sagen, aber - Liebste - ja Gott nochmal, das ist ja nur ein Stück Papier ...
Bei Dir sein muß ich endlich wieder - - einen ganzen Tag und - (hoffentlich auch) eine Nacht! (Kann ich in Frechen bei Dir bleiben? - Vielleicht läßt sich die Sache entsprechend anbohren ...!)
Dies wird wohl der letzte Brief sein, den ich hier aus Thorn schreibe, (falls nicht mal etwas wichtiges kommt) denn ich wäre ja vor dem Brief bei Dir. -
Annelie, ich freue mich - Du - wahnsinnig
Tausend liebe Grüße + einen heißen Kuß
Dein Adi.