Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 24. November 1944
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Frechen, den 24.11.44.
Mein lieber Adi!
Nun ist heute schon Freitag und noch immer habe ich von Dir noch keine Post aus Königsbrück. Dabei warte ich so sehnsüchtig darauf. Du hast mir doch sicher geschrieben? Natürlich! Es liegt eben nur an der furchtbar langweiligen Post. Ich sehe schon immer zu, daß ich jemanden finde, der in Richtung Mitteldeutschland fährt, damit Dich meine Briefe eher erreichen. Momentan ist es die Schwester meiner Kollegin, die Deine Briefe mitnimmt. Das Mädel muß geschäftlich öfters die Strecke fahren. -
Wie geht es Dir noch, mein Lieber? Ob aus Deinem Urlaub nichts wird? Ich denke täglich daran und dann stelle ich mir immer vor, wie schön es wäre, wenn Du plötzlich vor mir ständest. Und dann male ich mir das so schön aus, daß ich unbedingt meine, Du müßtest kommen. Aber vielleicht darf der Lehrgang nicht unterbrochen werden und es ist daher unmöglich, Urlaub zu bekommen. Wenn ich doch nur Post von Dir bekäme. Hoffentlich ist morgen früh etwas von Dir dabei, sonst muß ich mich ja schon wieder bis Montag gedulden und bis dahin ist doch so lang. Morgen, Samstagmittag werde ich wieder nach Köln pilgern. Deine Eltern wollen auch dort sein. Vielleicht versuche ich auch, zum Frankenforst zu kommen. Ich muß dochmal wieder nach meinen Sachen sehen. -
Weißt Du, Liebster, ich weiß garnicht recht, was ich schreiben
soll. Es ist mir noch nie so schwer gefallen wie jetzt.
Das, wovon das Herz voll ist, all die Sorgen und das Leid, kann man ja nicht zu Papier bringen und alles andere ist so schrecklich nebensächlich. -
Liebster Adschki, wie lieb hab’ ich Dich! Wie lange wird es noch dauern, bis ich Dein liebes Gesicht zwischen meine Hände nehmen kann und sagen kann: mein lieber, lieber Adschki! Solche Sehnsucht hab’ ich nach Dir. Vier und ein halber Monat sind es her, seit wir uns zum letzten Mal gesehen haben, seit wir auf dem Koblenzer Bahnhof morgens in der Frühe Abschied voneinander genommen haben. Damals war Koblenz noch schön! Wie schön war es! Denkst Du noch an die schönen Stunden, die wir dort verlebt haben? Denkst Du noch an unsere wunderschönen Tage in Kleve? Heute ist es nur noch ein Trümmerhaufen. Weißt Du noch, wie Du sagtest, dorthin müßte ich ziehen, wenn wir verheiratet wären, dort wäre es ruhig und schön. Wie haben wir die Bewohner der schönen Häuser oben bei Maywald beneidet. Aus! Wie vieles hat sich schon in der Zeit verändert, wie vieles wird sich in der nächsten Zeit noch ändern! - Jedenfalls, nie werde ich sie vergessen, diese unsere schönen Tage. - Nun denke ich wieder soviel an die Vergangenheit. Das macht das Herz nur schwer. - Mir geht’s sonst noch gut. Im Geschäft bin ich die einzige „alte“ Angestellte. Alle anderen sind einfach abgehauen, unser Lehrling Martin, Frau Kilb und Frau Steiger; Frl. Feinker wurde nach Junkersdorf versetzt weil dort auch niemand mehr war. Nun sind zwei Frechener Mädels bei uns, die bei der Hauptstelle beschäftigt waren. Was mögen die nächsten Tage uns bringen? Na, wir wollen das Beste hoffen.
Mein lieber Adi, tausend liebe Grüße und innig heiße Küsse
Deine Annelie.
[Ohne Anfang und Ende! War in der gleichen Hülle wie vorhergehender Brief!]
Liebster, Du schreibst in Deinem Telegramm, daß ich kommen soll! Ich möchte nun nichts überstürzen. Wie gerne wäre ich sofort abgefahren! Zuerst möchte ich aber lieber Deinen Brief abwarten. Ich weiß ja so garnichts. Wie lange dauert denn Dein Lehrgang in Königsbrück? Ist das der Lehrgang, der zuerst in Berlin am 15.11. steigen soll oder ist das wieder etwas anderes? Bekommst Du danach keinen Urlaub? Kannst Du auch jetzt auf euren Fliegerschaden hin keinen Urlaub bekommen, vielleicht an Hand des Telegrammes! Kann ich überhaupt so ohne weiteres eine so weite Reise unternehmen oder brauche ich dazu Unterlagen und eine Reisebescheinigung? Ich weiß ja so garnichts. Hier kann man sich ja nirgendwo erkundigen und in die Stadt komme ich doch auch nicht, weil keine Bahn kein Auto, nichts fährt. Du wirst mich auch schon genau über alles unterrichten müssen. Wie steht es denn eventuell mit der Unterkunft in Königsbrück? Von hier ab kann man glaub’ ich momentan erst ab Opladen fahren. Es sind entsetzliche Zustände. Hoffentlich wird es nun mit der Post wieder etwas besser. Man macht sich so die größten Sorgen. Adele ist kommenden Freitag schon fünf Wochen weg. Ich habe noch überhaupt keine Post von ihr, außer einem Brief von unterwegs. Ist das nicht entsetzlich. Ich könnte weinen, wenn ich nur daran denke.
Das arme arme Hascherl! Ach, ich wäre so froh, wenn ich mich mit Dir nochmal richtig aussprechen könnte. Ich habe so manches auf dem Herzen, was ich garnicht schreiben kann. Nun muß ich wieder alles für mich behalten. Ich kann es noch nicht verstehen, daß Du nicht gekommen bist. Ich bin nun schon 14 Tage stark erkältet.
Ich habe einen ganz dicken Hals und das Schlucken tut mir sehr weh. Siehst Du, wenn Du nun gekommen wärst, hätte ich wundervoll krank feiern können. So, habe ich mich nur am Sonntag ins Bett gelegt. Jetzt geht’s mir wieder besser. -
Von den Eltern bekam ich vorige Woche einen Brief. Sie haben jetzt ein Zimmer in: Mülheim b. Koblenz
Ich fang ein neues Blatt an!
[..Ende!..]