Andreas van Kann an seine Freundin Annelie, 1. Dezember 1944

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Königsbrück, 1.12.44.

Meine liebe Annelie,

schon wieder warte ich tagelang auf das Telegramm und überhaupt einen Brief von Dir und den Eltern. Im Augenblick sitze ich (bezw. wir) im Unterrichtsraum und müssen einen furchtbar schönen Vortrag über uns ergehen lassen. Der Erfolg ist durchschlagen: die Herren nutzen die kostbare Zeit zum Schreiben der höchst privaten Korrespondenz. - -

Ich bin in den größten Nöten, Annelie - stell’ Dir vor: gestern wurde der erste von uns

Volksgrenadieroffizieren abgestellt. Ohne Urlaub, gleich nach Litzmannstadt. Ich sehe schwarz. Wenn das Telegramm nicht kommt, fällt der Urlaub flach. Stell’ Dir das nur mal vor?! Ich darf garnicht daran denken. Außerdem habe ich (allerdings schweren Herzens!) ein Gesuch geschrieben, zu einer im Westen eingesetzten V.G.D. zu kommen; auf Grund eines Erlasses von Reichsführer [..2 Haken..] werden solche Gesuche weitesgehend berücksichtigt. In diesem Falle habe ich wenigstens noch die Gelegenheit auf kurze Zeit bei Dir zu bleiben. Ach, Annelie - wenn ich an alles denke! Es kotzt mich an, glaubst Du ...

Überhaupt bin ich mal wieder völlig im Unklaren über alles.

Es wird erzählt, Köln und die Orte westlich Kölns würden restlos geräumt - nun, an sich möchte ich diese Maßnahme begrüßen; denn ich wüßte Dich endlich mal daraus. Aber wo wird man Dich hinstecken? Hoffentlich darfst Du auch nach Oberstehöhe! Wenn ich doch bloß mal auf Urlaub könnte, daß ich mich mal drum kümmern könnte. -

Liebste, der Unterricht ist zu Ende, ich muß schließen. Hoffentlich ist heute Mittag Post von Dir dabei.

Ich grüße und küsse Dich tausendmal.

Dein Adi.