Andreas van Kann an seine Freundin Annelie, 4. Dezember 1944

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Königsbrück, 4.12.44.

Meine liebe, liebste Annelie,

endlich kam heute mal wieder so ein lieber Brief von Dir - gottlob! Was ist das schrecklich, wenn man dauernd und fast immer vergeblich auf Post wartet! Und dann sind Deine Briefe - es sind ja leider erst 3 - immer so alt schon. Ich will damit beileibe nicht sagen, daß ich mich darüber etwa nicht freue, im Gegenteil! Aber, Du weißt ja, worauf ich warte! Das Telegramm läßt recht lange auf sich warten. Mein Gott, da steht man kurz vor einem Urlaub und es

hakt nur noch an solch einer Kleinigkeit - na, das ist recht oft so! - -

Meine liebe Annelie, wie es mir geht, nun davon will ich Dir nun auch mal etwas schreiben. Im Allgemeinen kann man ja sagen, daß es mir recht gut geht. Einige Umstände sind hier weniger erfreulich, als in Thorn - aber man kann es schon aushalten. Wenn man bedenkt, daß wir schließlich immer noch in der Heimat sind, dann muß es doch schließlich schon allein deshalb schön sein. -

Und wie sehe ich aus?! Nun, viel verändert habe ich mich nicht! Immer noch bin ich gut 1 ½ m hoch, aber schlank bin ich geworden

- ziemlich sogar! In meiner guten Uniform sehe ich aus, wie ein Knabe!

Und Haare habe ich! Wie in goldenen Zeiten - - nächste Nummer ist Olympiarolle! - Wenn ich auch wenig Zeit habe, so brauche ich doch verhältnismäßig viel Zeit für mich - ich darf mich ja auch nicht vernachlässigen, ich muß ja doch gut aussehen, wenn ich zu Dir komme, gell! -

Ich bin ja mal gespannt, wie Du aussiehst. Ob Du Dich viel verändert hast? Ach, ich möchte Dich endlich wieder sehen.

Auch ich denke noch oft an den Morgen im Koblenzer Hauptbahnhof. Wie schwer ist mir da der Ab-

schied gefallen. als wenn ich geahnt hätte, was uns noch alles bevorstünde. - Ach, es ist ja alles so trostlos, Liebste, wenn ich doch bald Urlaub bekäme!

So will ich schließen,

Liebste, einen ganz lieben langen Kuß

Dein Adi.