Andreas van Kann an seine Frau Annelie, 3. Februar 1945

64035 A, 3. Februar 1945.

Meine liebe Annelie,

jetzt habe ich wieder drei liebe Briefe von Dir bekommen - ich weiß garnicht, wie mir geschieht. Das ist ja direkt wunderbar. Hoffentlich geht es weiterhin so gut mit der Post. -

Mittlerweile sind wir wieder ein Stück weggerutscht, sind wieder im Einsatz. Vielleicht entsinnst Du Dich, daß ich ursprünglich zu einer Kriegsschule hier im Westen kommen sollte. In diesem Ort liegen wir jetzt. Im Allgemeinen gehts, ab und zu schießt es mal ganz kräftig, aber es läßt sich wohl aushalten. Im Osten geht’s jetzt bestimmt schwerer rund. -

Du brauchst keine Bange haben, ich bin nach wie vor Adjutant und ich muß schon sagen, daß ich ganz gut hinkomme, es macht mir direkt Spaß. Zwar ist mein Kommandeur ein äußerst schwieriger Mensch - ich muß manches einstecken, aber wer muß das wohl nicht im Leben. Das soll nun nicht heißen, daß dies hier ein „Leben“ ist - nein - aber man lebt! Und das ist schließlich immer noch die Hauptsache. Wenn wir beide alles gesund überstehen, sind wir bei den Siegern. Man ist ja so anspruchslos geworden - nun, wer weiß

wofür es gut ist. Man lernt mal wieder normale Verhältnisse schätzen.

Kannst Du Dir das überhaupt noch vorstellen? Ich kaum noch! Nur mal abends ins Bett gehen können ohne daran denken zu müssen, daß es jeden Augenblick knallen könnte.

Doch was hilf das alles! Vorerst ist noch Krieg und da wird halt geschossen. Gottseidank geht das meiste daneben.

Liebling, nach wie vor habe ich wenig Zeit. Unser Ordonnanz-Off. ist ausgefallen und da muß ich den Kram auch noch mitmachen. Deswegen fallen meine Briefe auch recht knapp aus. Sei mir bitte nicht böse - ich weiß, Du wirst mich verstehen.

Ich hoffe, daß auch Du jetzt endlich Nachricht von mir hast, ich habe doch auch ziemlich geschrieben.

Mein liebes Mädchen, darfst nicht so traurig sein - es wird schon alles wieder gut. Ich bin felsenfest davon überzeugt. Das mußt auch Du sein. Sicher, es ist schwer, sehr schwer jetzt in der Zeit den Mut nicht sinken zu lassen, aber was hilft

uns denn darüber hinweg! Nichts, als der Glaube an eine gute Zukunft und die Hoffnung auf ein baldiges Ende dieses Grauens.

Ich vertraue immer auf unser Glück; ist es nicht so, daß es am Ende doch immer wieder hinhaut!!

Das wäre doch gelacht.

So laß mich jetzt schließen, Liebste, vieltausend Grüße und [auf den Kopf gestellt geschrieben der Ort:] Hagenau ganz liebe lange Küsse

Dein Adi.