Anneliese van Kann an ihren Mann Andreas, 5. Februar 1945

Genau 4 Wochen nach dem Weißen Tag Montag

Frechen, den 5.2.45

Mein lieber Adi!

Fast täglich schreibe ich Dir. Ob Du überhaupt einen einzigen dieser Briefe bekommst? Adschki, Lieber, immer denke ich an Dich! Wie mag es Dir gehen, wo magst Du sein? Wenn ich doch endlich Post von Dir bekäme. Ich habe eine Angst um Dich, eine ganz ganz wahnsinnige Angst! Denn natürlich bist Du im Osten! Und unsere Verluste sollen dort so groß sein. Vielleicht - ach - ich will es lieber nicht aussprechen –

ich fürchte mich davor. - Es ist ja auch heute ganz gleich an welcher Front Du bist. Hier im Westen wird es auf die Dauer auch nicht so ruhig bleiben. Ich glaube, es wäre auch alles etwas leichter, wenn man öfters Post bekäme. Wenn ich nur ein Lebenszeichen des öfteren von Dir bekäme, ich würde schon gerne auf lange Briefe verzichten. Dazu hast Du ja auch gewiß keine Zeit. Aber die Post - diese Post! Denk’ Dir mal, ich habe von den Eltern immer noch nichts gehört. Weißt Du, das drückt doch ein wenig, wenn man von den Angehörigen so garnichts erfährt.

Wer weiß, wie lange ich noch Post von Adele bekomme. Um das Mädel mache ich mir auch mächtige Sorgen. Sie ist doch gleich so kopflos und unbedacht. Und nun ist ihr Urlaub natürlich in Folge der totalen Bahnsperre auch gesperrt. Sie sollte nämlich 14 Tage Urlaub bekommen und hatte sich schon so darauf gefreut. Ach ja, Liebster, so kommt eines zum andern. -

Ich war über Sonntag in Köln bei den Eltern. Wenn ich so in Eurer Wohnung sitze, dann kommen mir all die lieben alten Erinnerungen, ich fühle mich dann so einsam und habe solche Sehnsucht nach Dir, daß ich oft meine, es nicht mehr

ertragen zu können.

Wir schlafen jetzt immer in Eurem Luftschutzkeller, es ist nämlich des Nachts keine einzige Stunde mehr recht geheuer. Und weil wir nicht dauernd aus dem Schlaf geschreckt werden wollen, haben wir unsere Lager halt im Keller aufgeschlagen. (Für ein junges Ehepaar natürlich sehr unangenehm!) Was hätten wir in diesem Falle nur gemacht? Ein Glück, daß unsere Hochzeit damals in ruhigere Zeit gefallen ist. Gell Liebster? Trotzdem möchte ich auch im Keller ganz brav neben Dir liegen, wenn Du nur hier wärest.

Ich hab’ Dich ja so lieb und bleibe immer

Deine Annelie.