Andreas van Kann an seine Frau Annelie, 13. Februar 1945

Troß, 13.II. 45.

Mein liebe Annelie!

Nun bin ich wieder soweit hergestellt, daß ich wieder vernünftig auf den Beinen stehe. Ich habe mich auch gleich zum Troß begeben und jetzt kuriere ich mich noch 2 -3 Tage aus, ehe ich nach vorne gehe. Hier habe ich natürlich ein feudales Leben, tue nichts als reiten, essen, trinken und schlafen. Aber leider gehen diese Tage zu schnell vorbei und - naja - das ist halt so. Ich bin aber doch froh, das ich die Grippe jetzt endlich los bin, die hatte ich schon wochenlang in den Knochen.

Ich bin mal gespannt, was nun mit mir geschieht, ich sehe nämlich garnicht klar, ob ich vertreten oder abgelöst wurde als Adjutant. Es sitzt nämlich ein anderer Ltn. auf der Stelle, hörte ich von meinem Spieß. Aber das soll mich zunächst noch garnicht stören - es ist ja doch ganz gleich was man macht, geschossen wird überall, und Scheiße ist sowieso alles was irgend-

wie mit Komiß - Krieg oder dergleichen zusammenhängt. Bitte, Liebling, mach’ Dir deswegen keine unnützen Gedanken und Sorgen - es lohnt wirklich nicht; schließlich kommt ja doch alles wie es kommen soll. Ich denke in dieser Hinsicht - wenn ich überhaupt denke - ziemlich stur! -

Lange bekam ich jetzt keine Post mehr von Dir - ach, was heißt lange? Zwei Tage sind es her, ja ich bin schon wieder richtig verwöhnt. Vielleicht ist heute wieder ein lieber Brief von Dir dabei. Wenn ich Deine Briefe nicht hätte, liebe liebe Frau - es ist ja im Moment das einzigste dauernd sich erneuernde Zeichen, daß ich von Dir habe. Aber bitte denk’ nicht, daß die Briefe mich nur an Dich erinnerten, nein, Liebste! Tag und Nacht bin ich doch in Gedanken bei Dir. Ich kann doch in die Hand nehmen, was ich will, an alles knüpfen sich liebste Erinnerungen ...

Brieftasche, meine Feldbluse[=?], Mütze, Kartentasche!!! überhaupt alles, alles. Nichts habe ich, was nicht irgendwie in Beziehung zu Dir stünde. Du bist ja auch meine Frau, da muß das ja so sein.

Die Zeit wird mir immer un-

erträglicher. Du weißt, wie jegliche Ungewißheit mir zuwider ist, wie sie an mir nagt und frißt. Wie mag alles noch kommen. Ich habe immer noch gehofft - ja, ich zwinge mich dazu es auch weiter zu tun - aber kann man in diesem Chaos der Zeit nicht alle Hoffnung fahren lassen! Mein Gott - was haben wir bloß verbrochen, das es uns so gut geht? Jetzt habe ich mich doch schon wieder beim Jammern entdeckt, Quatsch, davon wird nichts kein bißchen besser. Wir müssen uns halt durchbeißen, da hilft uns alles nichts! Ran und durch!

Wie ich Dir schon schrieb, sind die Urlaubsaussichten für Offz. äußerst besch...eiden! Es besteht eine Möglichkeit, (wie ich Dir schon schrieb) und die geht über H.V.Pl. Dumme Sache, gell!

Von den Kameraden, die mit aus Kaltenherberg ausrückten sind nicht mehr viele da. Die meisten sind verwundet (Blättermann schrieb mir jetzt aus Baden-Baden; der Glückliche!) und einen (Lt. Müller) hat der Ame geschnappt. Gefallen ist zum größten Glück noch niemand.

Ja, wir haben heiße Tage hinter uns,

die Orte werden Dir gewiß in den Ohren klingen vom Wehrmachtbericht her: Hatten, Rittershofen, Mertzweiler, Neuberg, Schweighausen, Rapportsweiler, Hagenau ....

Und ich bin bei der Infantrie ...

Aber Du siehst, ich hab’s bisher spielend geschafft und werd’s auch weiter schaffen.

Die Tage in Bad Morsbrunn waren wunderbar. Jeden Morgen in feudalem Badezimmer ein Thermal-Sulfo-Bad! Das stark schwefelhaltige Wasser kommt mit 40 °C aus der Erde. Ich muß sagen, direkt wunderbar. Ich habe das schwefeln sehr gut vertragen, du - die Haut wird wunderbar glatt und samten danach. Wenn der niedliche Krieg zu Ende ist besuchen wir auch einmal einen Sulfo-Thermal-Bad, aber klar! -

Heute Nachmittag reite ich mal nach Gurburg zum Zahnarzt, jetzt habe Zeit, mir die Zähne in Ordnung bringen zu lassen.

Ich habe meinen Rechnungsführer angewiesen, Dir meine rückständigen

Beträge zu überweisen. Es geht auf unser Kto. in Frechen. Gib’ mir bitte gleich Nachricht, wenn es angekommen ist.

Von den Eltern bekam ich bisher bloß einen Brief, obwohl ich auch ziemlich regelmäßig dorthin schreibe und zwar zu den Briefen an Dich im Verhältnis 2 : 1. Das muß genügen, zu mehr reicht mir die Zeit nicht. Sonst schreibe ich doch niemandem! -

Jetzt laß mich schließen, ich

grüße und küsse Dich

tausendmal!

Dein Adi.