KAS (Köln)

Klasse OI R

Von dieser Klasse konnten bislang lediglich die Lebensläufe der Schülerinnen aufgefunden werden.


Lebenslauf

Am 5.7.1928 geboren in Köln-Nippes als Tochter der Eheleute Josef R. und Margarete, geboren K..

Am 16.7.1928 katholisch getauft.

Von 1935 bis 1943: Besuch der Volksschule Köln-Ehrenfeld, Baadenbergerstraße.

Vom 16.5.1943 bis 25.9.1944: Besuch der Lehrerinnenbildungsanstalt Münstereifel.

Von Oktober 1944 bis Juli 1945: Evakuierung ins Oldenburger Land.

Ostern 1946: Aufnahme in die Realschule Köln-Ehrenfeld, Gravenreuthstraße.

Ostern 1947: Mittlere Reife.

Am 16.4.1947: Einweisung in die Obersekunda der Kaiserin-Augusta-Schule.

Die Zeit meiner Kindheit verlief sonnig und ungetrübt. Im Frieden und der Eintracht des Elternhauses wuchs ich zu einem fröhlichen und sorglosen Kinde heran. Mein erstes großes Erlebnis war die Aufnahme in die Schule. Von dieser Zeit an kam ich mehr mit anderen Kindern in Berührung und gewöhnte mich so an gemeinsames Lernen und Spielen. Ich lernte gut und deshalb freudig.

Als ich nach den acht Volksschuljahren in die Lehrerinnenbildungsanstalt Münstereifel kam, trat zum erstenmal der Ernst des Lebens an mich heran. Ich war nie von Hause fort gewesen. Daher stellte sich nun das Heimweh mit einer solchen Heftigkeit ein, daß ich glaubte, es nicht überwinden zu können. Die strenge, mir ungewohnte Lebensführung im Internat machte es mir besonders schwer, mich einzuleben. Doch mit der Zeit fand ich mich damit ab, weil ich mein Ziel erreichen wollte. So wurde ich sehr selbständig; denn ich mußte mich ohne elterliche Hilfe durchsetzen.

Ein besonderes Erlebnis waren für mich jedesmal die Ferien. Auf Reisen nach Berlin, Leipzig, Dresden, Breslau und ins Riesengebirge lernte ich die Schönheit deutscher Städte und Landschaften kennen.

Doch bedrückend, ja oft furchtbar waren die Bombenangriffe, die ich bei jedem Aufenthalt in Köln miterlebte. Besonders ist mir der Angriff vom 20. April 1944, der unser Wohnviertel so sehr traf, in Erinnerung geblieben. Beim Zischen und Krachen der Bomben saß ich dicht neben meiner Mutter und dachte, das Ende sei da. Mit Blitzesschnelle zog mein ganzes bisheriges Leben an mir vorüber, und eine würgende Angst packte mich, schon so jung aus der Welt scheiden zu müssen. Als ich nach dem Angriff, aus dem wir mit dem Schrecken davongekommen waren, ins Freie kam, war trotz aller Verheerungen um mich herum ein großes Dankgefühl in mir. Das Leben empfand ich wie neu geschenkt, und ich lebte von nun an viel intensiver und nahm jedes freudige oder traurige Ereignis bewußt in mich auf.

Im September 1944 war die Front so nahe gerückt, daß die Schule in Münstereifel geschlossen wurde und wir unter vielen Gefahren mitten in der Nacht ohne Wissen unserer Eltern die Heimreise antreten mußten. - Nach einigen Wochen voller Unruhen und Beängstigungen in Köln wurden meine Mutter und ich ins Oldenburgische evakuiert. Der Abschied von der Heimat fiel uns sehr schwer. Als dieser jedoch überstanden war, brach die Freude in uns durch, endlich einmal Ruhe zu finden. - Eine ganz neue Welt tat sich für mich auf. Als Großstadtkind war ich nie so eng mit dem Leben und Treiben auf dem Lande in Berührung gekommen.

Das wurde nun anders. Wir hatten Aufnahme auf einem großen Bauernhof gefunden, und da lernte ich jetzt die bäuerliche Arbeit näher kennen und bekam Freude daran. Ebenso brachte ich der Natur mehr Interesse entgegen als früher. Die Landschaft dort ist herbe und wenig freundlich, eine richtige Moorlandschaft. Doch ich gab mir Mühe, auch in ihr Schönheiten zu finden und gewann sie lieb. - Die freundlichste Erinnerung aus dieser Zeit ist meine Tätigkeit als Schulhelferin in der Dorfschule. Da fühlte ich so recht, wie schön es ist, mit Kindern umzugehen und wie dankbar diese sind, wenn man sich liebevoll mit ihnen befaßt.

Als wir nach Kriegsende nach Köln zurückkamen, wurde das Leben für uns sehr schwer. Es folgte eine Zeit der Not und Entbehrungen, in der ich die Erfahrung machte, daß der Mensch auch mit ganz bescheidenen Mitteln noch lebensfähig ist. - Zusammen mit den äußeren Schwierigkeiten bedrückte mich noch viel ärger die Frage, wie sich mein Leben weiterhin gestalten sollte. Ich wußte keinen Weg mehr, auf dem ich mein Ziel, Lehrerin zu werden, noch erreichen konnte; denn die Lehrerinnenbildungsanstalt bestand nicht mehr. Als ich dann im April 1946 in die Realschule aufgenommen wurde, atmete ich beglückt auf. Ich hatte einen neuen Weg gefunden, der mich weiterführte. Die Erlangung der mittleren Reife ermöglichte mir den Übergang auf die Kaiserin-Augusta-Schule. - Jetzt bin ich in der Oberprima, und ich kann sagen, die drei Jahre auf der Kaiserin-Augusta-Schule haben mir sehr viel gegeben; denn uns wurde keine trockene Schulweisheit vermittelt, sondern lebendiges Wissen, das wir wirklich im Leben verwerten können. - Hier in der Schule bot sich mir auch zum erstenmal richtig die Gelegenheit, meine geographischen Kenntnisse zu erweitern. Von jeher war Erdkunde mein Lieblingsfach, und deshalb interessierte es mich besonders, Näheres über fremde Länder, Menschen und Sitten zu erfahren, von denen ich vorher in anderen Schulen und in Vorträgen nur oberflächlich gehört hatte.

Ich habe vor, wenn ich mein Abitur bestanden habe, die Pädagogische Akademie zu besuchen. Und so hoffe ich, daß ich trotz aller Hindernisse mein Ziel doch noch erreiche und den Lehrerinnenberuf einmal ausüben kann.