KAS (Köln)

Gesamtbeurteilung der Klasse 8c (1943)

Gutachten über die Klasse 8 c.

Das Gesamtbild der Klasse ist in charakterlicher Hinsicht alle drei Oberstufenjahre hindurch recht erfreulich gewesen. Sämtliche Schülerinnen sind der Schule gegenüber stets positiv eingestellt gewesen und haben nie ernstliche Schwierigkeiten gemacht. Es spricht für die Klasse, daß sie ihre Sprecherinnen aus der Gruppe der verantwortungsvollsten und leistungsfähigsten Schülerinnen wählte.

Vom ersten Tag in der Oberstufe an hat die Klasse auch guten Arbeitseifer gezeigt; es ist eine ausgesprochene Lernklasse, die manchmal sogar übertrieb, indem sie zuweilen auch unwesentliche Dinge sich mit dem gleichen Eifer anzueignen suchte wie die wesentlichen und dann manchmal nicht mit der zur Verfügung stehenden Zeit für die Hausaufgaben zurechtkam. Ähnliches zeigte sich auch im Unterricht, wo manche Schülerinnen glaubten, jedes Wort mitschreiben zu müssen und dadurch Gefahr liefen, geistig unselbständig zu werden.

Ein schöner Zug der Klasse ist ihre Einsatzbereitschaft gegenüber den Aufgaben, die der Krieg ihr stellte. So beteiligte sie sich immer mit beachtlichen Ergebnissen an der Altstoffsammlung, der Bücherspende für die Soldaten, an der Sammlung für die Kriegergräber, um nur einige Beispiele zu nennen. Nicht zuletzt leisteten alle mit innerer Bereitwilligkeit und in echter Hilfsbereitschaft ihren Kriegseinsatzdienst ab.

In gesundheitlicher Beziehung ist das Bild weniger günstig. Ein gutes Drittel der Schülerinnen leidet an gesundheitlichen Störungen schwererer Art, so daß verhältnismäßig viele Schulversäumnisse vorkamen. Aber keine einzige Schülerin wollte das gesteckte Ziel aufgeben, sondern alle setzen sich unentwegt für seine Erreichung – oft trotz wirklich großer Schwierigkeiten in gesundheitlicher Beziehung – ein.

Man sieht daher die Klasse ungern scheiden und wünscht ihr für die neuen Lebensaufgaben die Erhaltung ihres Leistungswillens.

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1943

[Es ist offenbar keine Aufstellung der eingereichten Aufsatzthemen überliefert. Die folgende Aufgabenstellung wurde den Aufsätzen direkt entnommen. Sie wurde von allen Schülerinnen als Thema ausgewählt.]

 

1.) Der Sinn von Leutnant Kattes Tod. (Nach Paul Ernst: „Preussengeist“)


Beurteilung

In wunderschönen, ansprechenden Märchenbildern wirkt sich Melittas außergewöhnliche zeichnerische Begabung mit Vorliebe aus, uns sie wirkt selbst in ihrer Anmut wie eine Gestalt aus ihren Werken. Auch teilt sie, so möchte man fast sagen, mit den Gestalten der Märchenwelt die Flüchtigkeit der Erscheinung. Sie ist im Unterricht noch nicht recht mit dem Wort zu Ende - das übrigens auch weit von einer plastischen Form entfernt ist und nur schemenhaft blaß und schnell dahingleitet - und schon ist sie wieder untergetaucht in der Klassengemeinschaft. Denn scheu ist ihr Wesen, und darum entzieht sie sich gern der Aufmerksamkeit anderer, sucht sie auch nicht die Gesellschaft einer Freundin. Sie weist in den meisten Fächern bei guter, teilweise weit überdurchschnittlicher Begabung gute und sehr gute Leistungen auf. Dennoch bleibt sie immer bescheiden, wird nie überheblich. Die Klassenkameradinnen müssen ihre Bilder ans Tageslicht holen, und auf ihren Wunsch hin schmückt Melitta damit - dann allerdings gern - den Klassenraum.

Abituraufsatz

Der Sinn von Leutnant Kattes Tod. (Nach Paul Ernst: „Preußengeist".)

Friedrich, der Sohn des Soldatenkönigs, ist anders als sein großer Vater, der als Diener seines Volkes in der Pflicht das Wertvollste für das Wohl seines Vaterlandes erkennt. Als ein heiterer Mensch, aufgeschlossen für die Freude und für die Schönheit der Natur und Kunst, haßt er die Regel, die sein ungebundenes Leben einengt. Er erkennt den wahren Sinn der Pflicht noch nicht. Diesen Sinn in Friedrich zu erwecken, versucht sein Freund, der achtundzwanzigjährige Leutnant Katte. Er versucht es oft und vergeblich, aber er läßt von seinem Versuch nicht ab. Selbst als Friedrich die „Knechtschaft" nicht länger zu ertragen vermag, weicht er nicht von seinem Freund. Er verläßt sein Werk nicht, in Friedrich den Soldaten wachzurufen. Sein Handeln ist recht, da er weiß, daß es nicht sinnlos ist, denn er kennt das Wesen Friedrichs gut, er erkennt, daß sein Freund nicht schlecht ist, sondern daß nur jugendlicher Unverstand ihn zu falschen Anschauungen bringt, aber er erkennt auch, daß er verloren sei , flöhe er alleine.

So begeht er Fahnenflucht und muß die Schuld, die er frei eingesteht, mit dem Tode bezahlen. Er sieht, daß ihn nichts ?davon retten kann, da das Gericht nicht nach den Das Kriegsgericht tut es aber doch!Gründen eines Vergehens fragt, und er erwartet die _ bestimmte Strafe mit stolzer Männlichkeit. Dies ist zu wenig im Hinblick auf Friedrich gesehen.Seine Haltung zeigt, daß er ein treuer Untertan seines Königs ist und daß er Bzseine Gesetze achtet. Er stirbt für das Gesetz und damit für die Erhaltung der notwendigen Staatsordnung.

Der größte Wert seines Todes aber ist die Wandlung in Friedrichs Wesen. Das Gewissen wird in ihm wach. Die Hauptsache: Fr.s Wandlung ist nur kurz gestreift.Er begreift die Pflicht des deutschen Herrschers in so gefahrvoller Zeit: Verzicht auf eigenes Glück und Arbeit für das Vaterland.

So bringt Katte durch seinen Tod den Sohn dem Vater wieder, den Soldaten dem Volk.

Friedrichs Wandlung bleibt zu sehr im Hintergrund. Noch

Ausreichend.

1.3.43.