KAS (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz des Sonderlehrgangs A

1.) Erinnerung an ...

2.) Wie verwirklicht Michael in Wiecherts „Hirtennovelle“ das Wort Carossas „Im engsten Kreise wag’s, dich reich zu leben“?

3.) Nicht der ist auf der Welt verwaist,
dem Vater und Mutter gestorben,
sondern wer für Herz und Geist
keine Lieb’ und kein Wissen erworben.
(Rückert)


Lebenslauf

Am 20. Februar 1928 wurde ich als Tochter des Dozenten für Chirurgie Dr. med. Victor H. und seiner Ehefrau Margarethe geb. W. geboren und später römisch-katholisch getauft. Ich verlebte zusammen mit meiner zwei Jahre jüngeren Schwester eine glückliche und sorglose Jugend im Elternhaus. Schon als kleines Kind soll ich lebhaft und aufgeweckt gewesen sein. Ich interessierte mich für alles, was in meinem kleinen Lebensumkreis vorging und daher kam es wohl, daß meine größte Untugend Neugierde war. Ich horchte gerne zu, wenn Erwachsene sich unterhielten, dann hatten sogar die Spielgefährten zu warten. Ich war nie gern allein, außer wenn ich mich mit Bilderbüchern beschäftigte.

Mit sechs Jahren kam ich in die Montessorischule, wo man mich wegen meiner Zartheit zuerst nicht aufnehmen wollte. Ich ging gern in die Schule. Die liebsten Stunden waren mir Lesen und „Aufsatz". Ich mußte auch oft bei Schulfeiern ein Gedicht vortragen, wobei ich immer sehr aufgeregt war. Im 1. Schuljahr schloß ich mich an eine Klassengefährtin an, mit der ich noch jetzt in herzlicher Freundschaft verbunden bin. Wir haben bis heute unsere Schulzeit gemeinsam zurückgelegt. Von manchen Reisen, die ich als Kind machen durfte, ist mir nur ein Eindruck lebhaft erinnerlich: der Königssee, der mich durch seine unheimliche Schönheit beeindruckte. Im Jahre 1938 bestand ich die Aufnahmeprüfung an der Kaiser-Augusta-Schule. Ich bin dieser Schule, der ich mich stark verbunden fühle, bis heute treu geblieben. Anfangs war ich sehr schüchtern, aber ich lebte mich schnell in meine Klasse ein. Schwer fiel mir das Schweigen, und oft mußte ich eine Ermahnung einstecken. Nur ein kleiner Teil unserer alten Klasse steht heute mit mir vor dem Ziel, das wir uns in der 1. Klasse steckten. Der Krieg trennte uns von vielen lieben Klassenkameradinnen. Ich war noch ein Kind ,_ als der Krieg ausbrach und begriff in den ersten Jahren nicht die Bedeutung des Kriegsgeschehens. Als der Krieg immer grausamere Formen annahm, wurden die Schulen geschlossen, und ich machte Kriegseinsatz auf der Straßenbahn. Ich gewann zum erstenmal Einblick in das ernste Berufsleben. Ich lernte die eintönige und anstrengende Tätigkeit der Straßenbahner schätzen. Und obgleich mir der Dienst Freude machte, habe ich mich nie so wie damals nach der Schule gesehnt. Ich blieb den ganzen Krieg über in Köln; eine gütige Hand bewahrte uns vor dem Schlimmsten, unsere Familie konnte zusammenbleiben ,_ und wir haben unser Heim behalten. Ich habe in dieser Zeit viel Not und Elend gesehen und miterlebt; es blieb nicht ohne Wirkung auf mich. Gerade dadurch habe ich manche tiefe Lebenseinsicht gewonnen. Ich bin dankbar, daß hohe Lebenswerte an mich herangebracht worden sind, die mir vielleicht sonst ferner geblieben wären. Ich lernte Geduld, Furchtlosigkeit, Nächstenliebe und Aufopferung für andere üben.

Seit ein paar Jahren ist es mein Wunsch, Germanistik zu studieren. Schon immer war Deutsch mein Lieblingsfach. Es sind die Stunden für mich gewesen, die mir am meisten zum Herzen sprachen und die mich aufgeschlossen haben für das Gute und Schöne des Lebens und Strebens. Mein größter Schatz sind meine Bücher. Wenn man sie anschaut, kennt man meine Interessen. Ich besitze weder ein natur-wissenschaftliches Buch, die Liebe zu dieser Wissenschaft habe ich leider nicht geerbt, noch kaum ein Buch über Musik. Ich bin nicht sehr musikalisch und übe selbst nur wenig Musik aus; aber das Schöne der Musik kann ich nachempfinden und mich davon mitreißen lassen. Für die bildende Kunst interessiere ich mich sehr, ich hatte leider bisher nur zu wenig Gelegenheit, um mich mit ihr näher zu beschäftigen.

Ich bin der Kaiserin-Augusta-Schule dankbar für die schöne Zeit, die ich dort verleben durfte und für alle geistigen und charakterlichen Werte, die sie mir vermittelt hat.