KAS (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz des Sonderlehrgangs B

1.) Alles, was uns begegnet, läßt Spuren zurück, alles trägt unmerklich zu unserer Bildung bei. (Goethe) (Nach eigenen Erlebnissen)

2.) Die Volksmärchen: Eine Brücke zwischen den Völkern. (Vorgelegt wird: 1.) Ein sibirisches Märchen: Das Fisch-Mädchen, 2.) ein deutsches Märchen: Die Sterntaler, 3) ein französisches Märchen: Cendrillon.

3.) Vergleich zweier Mutterbildnisse: (Christoph Amberger: Margarete Welser. Hans Thoma: Bildnis der Mutter des Künstlers)


Lebenslauf

Meine Eltern hatten noch nicht lange ihre neue Wohnung in der Leostr. bezogen, in der mein Vater seine Konditorei aufmachte, als ich am 16. Sept. 1928 geboren wurde. Da ich von vier Mädchen das jüngste bin, konnten meine älteren Geschwister meinen immer sehr beschäftigten Eltern einen großen Teil der Fürsorge für das kleinste Kind abnehmen. Alle Tage der schönen Jahreszeit brachte ich in unserem großen Garten zu, der nicht weit vom Hause entfernt war. Selbst bei Regenwetter hielten wir uns gerne in der Laube des Gartens auf, die uns auch vor Kälte Schutz gewährte. Sehr gerne nutzten wir die Weite des Gartens für unsere Spiele aus. Eine besondere Freude bereiteten mir unsere Küken, Hühner und Enten, die ich schon früh täglich versorgen durfte. Mit dem Beginn der Volksschule im Jahre 1935 opferte ich trotzdem recht gerne einen Teil meiner Zeit den Aufgaben. Nach dem zweiten Schuljahr kam ich in eine andere Volksschule, in der es mir noch besser gefiel als in der alten. Auch kamen nunmehr meine Schulfreundinnen aus „gepflegteren" Häusern; sie wußten nicht, daß ich mich heimlich über ihre „bessere" Herkunft lustig machte. Aber an einer Kameradin hing ich besonders: Wenn uns der Vater meiner Mitschülerin vorlas oder wenn er die Figuren des Kasperletheaters vor unseren Augen spielen und plaudern ließ, dann waren wir glücklich. Nach dem 4 ten Schuljahr kam ich nicht, wie viele meiner Kameradinnen auf die höhere Schule, sondern besuchte jetzt wieder die Volksschule, der ich in den ersten Schuljahren angehört hatte. Meine Klassenlehrerin hatte meine Eltern geraten, mich auf die Aufbauschule zu schicken; sie hielt diesen Ausbildungsweg für gut, weil die Schülerinnen eifrig streben mußten und mehr zur Arbeit hingelenkt wurden als die Kinder, die ihre Ausbildung ja „bezahlten". 1941 bestand ich die Aufnahmeprüfung für diese Anstalt, und allmählich nahm ich meine Pflichten der Schule gegenüber immer ernster. Oft ermahnten mich meine Eltern, nicht zu lange hinter den Büchern zu sitzen. Die bescheidene Hilfe, die ich vor allem zur Einmach- und zur Weihnachtszeit daheim leisten mußte, verschaffte mir einen Ausgleich in meiner Tätigkeit, um den die Eltern stets besorgt waren. Viel willkommener war es für die Eltern und auch für mich, daß der Besuch der Oper, die mit „Hänsel und Gretel" mir ihre Türen öffnete, mich von der „Lernerei" ablenkte, und gern sah ich auch geschichtliche Filme und hörte mit Freude und Genuß einzelne Konzerte, in die mich die große Schwester mitnahm.

In den ersten Kriegsjahren starb unerwartet meine Tante, die Clarissenschwester war und an der wir Kinder in Liebe und Verehrung hingen. Bisher hatte mich der Tod eines Menschen noch nie so erschüttert. Seit dieser Zeit begann ich selbständiger, mich in den Glauben zu vertiefen, in dem ich erzogen worden war. Einem Prediger, der unsere Familie kennenlernte, habe ich es mit zu verdanken, daß der Glaube in mir ernster und tiefer wurde. Der Dom, in dem ich immer schon das Sinnbild der geliebten Vaterstadt erblickt hatte, wurde mir vertraut, und in seinem hohen, andachtsvollen Raum durfte ich reiche Stunden erleben. 1943/44 griffen die furchtbaren Bombenangriffe immer störender in die frohe Schulzeit und in unser bisher ungetrübtes Familienleben ein. An verschiedenen kleinen Orten in der Umgebung Kölns suchten wir Schutz für einen Teil unserer Habe und später auch für uns selbst. Im Sept. 44 wurden die Schulen geschlossen, und im Oktober wurden wir durch einen Bombenangriff gezwungen, Köln ganz zu verlassen. Wir kamen nach Orr bei Pulheim, in dessen ländliche Abgeschiedenheit wir uns bald einlebten. Hier lernte ich die Natur noch mehr lieben als bei den Wanderungen, die wir früher, meistens mit der Mutter, von Köln aus unternommen hatten. In diesen „Frieden" brachen im März 1945 die Amerikaner ein, ihr rauhes „Kriegerhandwerk" erschreckte mich sehr, und ich meinte, meinen Glauben an die ewigen Werke, der im Krieg schon manche Feuerprobe bestanden hatte, begraben zu müssen. Doch nach einigen Wochen war die Erinnerung an die Schrecken, die wohl nicht in uns hineingegangen waren, verblaßt. Ich setzte bald meine Stunden, die ich mit einer Nachbarin bei einer begabten Studentin nahm, mit doppelter Lust fort. Nebenbei halt ich auf einem Gutshof, wo ich manches Nützliche lernte; noch wichtiger war es für mich, daß ich Menschen der verschiedensten Art kennen und erkennen lernte. - Im Nov. 1945 erlaubte mir die Direktorin der Kaiserin-Augusta-Schule eine Zeitlang die 7 te Klasse der Anstalt auf Probe zu besuchen. Obwohl ich außer dem Geschichtsunterricht besonders gern früher Deutschstunden gehabt hatte, fiel es mir jetzt recht schwer, in diesem Fach mitzukommen. Doch allmählich begriff ich die ganz andere Art des deutschen Unterrichtes in einer Schule, die auf die Universität vorbereitet, und da ich mich trotz bitterer Enttäuschungen nicht entmutigen ließ, wuchs ich in ausdauernder Arbeit an mir selbst in dieses Fach hinein. Auch in den anderen Gebieten gewann ich allmählich Sicherheit.

Inzwischen gelang es uns, einen Teil unserer Wohnung in Ehrenfeld wieder in Stand zu setzen, sodaß ich in Köln schlafen kann und der weite Schulweg fortfällt.

Im März 1946 wurde meine Aufnahme in die 7 te Klasse bewilligt, und Ostern wurde ich mit in den einjährigen Sonderkursus versetzt. Von welcher Bedeutung es für mich ist, daß ich in diese Klasse kam, die ich gleich zu Anfang als „einmalig" empfand, vermag ich jetzt noch nicht ganz zu ermessen.

Ich erinnere mich noch deutlich, daß ich als kleines Kind ungern etwas abgab von den Dingen, die mir gehörten. Vielleicht empfand ich gerade deshalb eine so große Freude, als ich begann, freiwillig von meinen kleinen „Besitztümern" zu verschenken. Immer tiefer erlebte ich, wieviel schöner es ist, zu geben als etwas anzunehmen. Wenn ich daher an meinen späteren Beruf dachte, dann wünschte ich mir schon sehr früh, daß es sein solcher sein möge, in dem ich ganz mittelbar und uneingeschränkt helfen könne. Durch eine langwierige Krankheit meiner Schwester wurde mir mein künftiger Berufsweg immer klarer. Im Arztberuf fand ich meine Vorstellungen von einem ganz selbstverständlichen Helfen verwirklicht, das nicht beschämt. Da mir die Kinder, an denen mir das Wunder der Schöpfung stets am offenbarsten wird, sehr nahestehen, meist näher als alle Erwachsenen, möchte ich, wenn meine Fähigkeiten dazu ausreichen, praktische Kinderärztin werden.

Abituraufsatz

Alles, was uns begegnet, läßt Spuren zurück, alles trägt unmerklich zu unserer Bildung bei. (Goethe) (Nach eigenen Erlebnissen)

A Einleitung: Wir erleben nichts zufällig.

Die Gliederung ruht nicht auf dem Zielgedanken des Themas und ist willkürlich formuliertB Hauptteil:

I. Unsere Weihnachtsfeier:

Das Geschenk, zu einer Gemeinschaft gehören zu dürfen.

II. Begegnung mit einer alten Frau.

a) das Leid der Frau.

b) Thema!Warum es mich so tief berührte.

c) Die Erkenntnis, die mir aus der Begegnung für mein weiteres Leben erwuchs.

III. Die neunte Sinfonie

a) Die „neunte" als höchster Ausdruck dessen, was den Menschen bewegen kann.

b=a.b) Die A.Verbindung zwischen der Musik und dem Komponisten .

c) A.Was das Konzert in mir zurückließ .

C Schluß: Jedes Erlebnis gereicht zu unserem Besten.

A Uns allen ist schon einmal etwas begegnet, ein Wort oder eine Melodie, ein Mensch oder eine Landschaft, Satzbau!wo von wir später glaubten, daß wir gerade in dieser Zeit der Begegnung darauf gewartet hätten. Wir waren innerlich für das Erlebnis aufgeschlossen und bereit, und deshalb ging es in unser Leben ein, „trägt zu unserer Bildung bei" ist nicht deutlich genug berücksichtigt.tiefer als es ein gewaltiges äußeres Ereignis vermocht hätte .

B I. Wir waren zusammengekommen, um ein Fest zu feiern, von dem immer wieder ein beglückender Friede ausströmt, der unser Herz mit Ruhe und Zuversicht erfüllt. In uns allen war eine freudige Erwartung, und doch waren wir zugleich ein wenig besorgt, ob unsere Feier wohl „gelingen" würde. Die kleinen Bedenken aber waren bald vergessen, denn Lieder, Musik und Dichtungen umfingen uns und verbanden uns miteinander; wir wuchsen in diesen Stunden zu einer noch festeren und echteren Gemeinschaft zusammen. Dies kam mir erst recht zum Bewußtsein, als unsere Klassenleiterin zu uns sprach. - Ich hatte früher eine Klassengemeinschaft mehr für eine äußere Vereinigung junger Menschen gehalten, die etwas „lernen" wollten. Erst nach Kriegsende war ich in die Klasse gekommen und gehörte deshalb zu den „Neuen". Es war nicht leicht gewesen, mit den „alten" Schülerinnen in Verbindung zu treten, und ich glaubte auch lange Zeit, daß dies ja für meine kommende Schulzeit nicht von großer Wichtigkeit sein würde. - Die Worte unserer Klassenleiterin machten mir ganz deutlich, um wieviel reicher ich dadurch geworden bin, daß ich zum Gliede dieser Gemeinschaft wurde. Ich durfte ein Stück meines Lebensweges mit Menschen gemeinsam gehen, die, wie ich, voll guter Hoffnung in die Zukunft blicken und vielleicht doch auch zugleich von einer leisen Angst befallen sind I, vor der großen, gefahrvollen Bahn des Lebens, auf der wir uns alle I, nach unserer Schulzeit I, versuchen müssen. Ein wenig Wehmut befiel uns bei dem Gedanken, daß wir äußerlich bald getrennt würden. Doch an diesem Abend siegte die stille, tiefe Freude über den heimlichen Schmerz, den wir alle verbergen wollten. Das Geschenk, zu einer Gemeinschaft gehören zu dürfen, die Lehrerinnen und Mitschülerinnen umschließt, machte mich glücklich. Ich sehe besonders in dieser Feier den Grund dafür, daß ich die letzten Monate meiner Schulzeit bewußter und dankbarer erlebe I_ als ich es wohl sonst getan hätte.

II. Eine geraume Zeit ist verstrichen seit dem Abend, der uns alle über den grauen Alltag hinaushob. An einem dunklen, kalten Winterabend gehe ich heimwärts, als mir eine alte Frau begegnet, die mühsam über die Straße humpelt. Da ich besorgt bin, sie möge auf dem glatten Weg ausgleiten, biete ich ihr an, sie zu begleiten. Die alte Frau ist fast bestürzt darüber, daß ich ihr eine kleine, unbedeutende Hilfe leisten möchte. Und dann erzählt sie mir I, nach ganz kurzer Zeit I, von ihrem Leid. Sie ist eine einfache Frau, und sie gebraucht keine hohen Worte, umso mehr ergreift mich das, was sie sagt. Wenn der Abend kommt, hält sie es in ihrer Wohnung nicht mehr aus und geht zum Friedhof, an das Grab ihres Mannes, der vor einigen Wochen I, durch einen Unglücksfall I, von ihrer Seite gerissen wurde und sie ganz allein und mittellos zurückließ. Es erschüttert mich, in unserer großen Stadt I, unter so vielen Menschen I, eine arme, alte Frau ganz verlassen zu sehen, ohne die tröstende und wärmende Liebe eines Mitmenschen. Ich denke an alles Hohe und Schöne, was ich erlebt habe und muß erkennen, daß alle Trostworte, die ich jetzt sprechen könnte, leer sind und ich nur dadurch helfen kann, daß ich schweigend da bin und die Frau an meiner Seite fühlt, daß ich wünsche, sie möchte von ihrem Leid auf meine jungen Schultern legen.

Die lichten Gedanken, die mich vor der Begegnung mit dieser Frau beschäftigten, sind verscheucht. Die Berührung mit der rauhen Wirklichkeit empfinde ich als etwas ganz anderes, das wie eine Last auf mir liegt. Doch ich kann mich jetzt dieser Welt nicht mehr verschließen und versuche zu erforschen, was sie von mir zu fordern hat. Obwohl ich schon öfter aus meiner heimlichen Welt herausgerissen wurde und den Alltag als etwas ganz Fremdes empfand, berührt mich dieses Erlebnis viel schmerzlicher, denn ich hatte noch nie zuvor so deutlich erfahren, wieviel Lieblosigkeit auf der Welt sein muß. Was bedeutet das Ideale, wenn es nicht eine Verbindung mit der Wirklichkeit erstrebt? Ich begann zu ahnen, wie schwer es sein würde das, was uns junge Menschen bewegt, die wir noch nicht in die harte Schule des Lebens gegangen sind, in den Alltag einzuordnen.

III. Eines meiner tiefsten Erlebnisse war die Aufführung der neunten Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Neben der Dichtkunst bedeutet mir keine Kunst soviel I, wie die Musik I, denn ich glaube, sie vermag das Göttliche, wonach wir Menschen streben, weit besser auszudrücken I_ als Worte es können. umgekehrt.Alles das, was in mir liegt, klang in den wundervollen Sätzen der Sinfonie wider . Der Schlußchor an die Freude stärkte meinen Glauben an das Gute und Schöne im Leben. Während des Konzertes tauchte in mir immer wieder das Bild[habe ich die Satzstellung richtig verstanden?] des Komponisten auf, dessen Seele so unendlich weit und reich gewesen sein muß. Er wollte alle Menschen in Liebe umfangen und schenkte sich ihnen durch seine Musik, in die er sein ganzes Wesen legte. Scham befiel mich, und ich fühlte mich sehr klein und egoistisch diesem Menschen gegenüber, den ich schon lange verehre. - Es blieb nicht nur eine schöne Erinnerung an dieses Konzert in mir zurück, sondern zugleich das Gefühl einer tiefen Verantwortlichkeit, die dadurch begründet ist, daß ich ein Mensch sein darf, der Zutritt hat zu einer Welt, die vielen Menschen verschlossen bleiben muß.

Wir vermögen nicht abzumessen, wie sehr ein Erlebnis uns gewandelt hat; doch wir wissen, daß alles, was wir erleben, sei es „freudvoll oder leidvoll" zu unserem Besten gereicht. Diese Gewißheit, die wir auch dabei erlange, wenn wir das Leben Goethes, des Dichters unseres Spruches betrachten, kann in uns eine freudige Bereitschaft für alle zukünftigen Erlebnisse unseres Lebens schaffen.

Wie schon die Gliederung vermuten läßt, nehmen die Erlebnisse ....

[Unleserlich! Kopierte Schrift zu schwach!]

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