KAS (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz des Sonderlehrgangs A

1.) Erinnerung an ...

2.) Wie verwirklicht Michael in Wiecherts „Hirtennovelle“ das Wort Carossas „Im engsten Kreise wag’s, dich reich zu leben“?

3.) Nicht der ist auf der Welt verwaist,
dem Vater und Mutter gestorben,
sondern wer für Herz und Geist
keine Lieb’ und kein Wissen erworben.
(Rückert)


Lebenslauf

Als ich am 24. August 1927 in Köln-Lindental geboren wurde, wohnten meine Eltern Alfred U., Architekt und Maria U. geborene N. schon in Rodenkirchen, Friedrich-Ebertstr.. Hier verbrachte ich meine sorglose Kindheit, an die mir keine Erinnerungen geblieben sind, und auch heute wohne ich noch im Elternhause.

Mit sieben Jahren ging ich zur evangelischen Grundschule in Köln-Radertal. Mein weiter Schulweg mit der Straßenbahn hat mir schon früh eine gewisse Selbständigkeit gegeben. Schon auf der Grundschule malte ich gerne auf meiner Tafel, und ich konnte mir nichts Schöneres denken, als Malerin zu werden und den lieben, langen Tag nur malen zu dürfen. Trotz des unbequemen Schulweges bin ich freudig zur Schule gegangen, und das Lernen fiel mir leicht. Deshalb durfte ich zur Kaiserin Augusta-Schule gehen.

Am Tage der Aufnahmeprüfung lag ich mit Diphterie im Krankenhaus, voll Angst, ich könnte nicht auf der neuen Schule aufgenommen werden. Ich habe am ersten Schultag die Prüfung nachgeholt. In den folgenden Monaten habe ich mit Begeisterung Englisch gelernt. Aber bald fühlte ich mich zu anderen Fächern hingezogen. Besonders gerne hatte ich Zeichnen, Biologie, Geschichte und Mathematik, und bis heute hat sich meine Vorliebe für diese Fächer nicht geändert. Durch die Biologie-Stunde angeregt, bin ich oft hinaus gewandert und habe Pflanzen und Stauden gesucht und genau studiert. Heute weiß ich, daß mich der Unterricht weitergebildet hat und mich so erzogen hat, daß ich einmal im Leben bestehen kann.

Eine Reise mit meinen Eltern von Memel aus über die Kurische Nehrung nach Pillau ließ mich zum ersten Mal die Ostsee, das Haff und Dünen sehen. Da ist mir zum Bewußtsein gekommen, wie machtlos der Mensch diesen Naturgewalten gegenüber ist.

Als der Krieg ausbrach, war ich in der zweiten Klasse. Von den Kriegsereignissen hörte ich wohl, jedoch um das Geschehen zu erleben, war ich viel zu jung.

1940 begann für mich neben dem Schulunterricht die Konfirmandenstunde und nach zwei Jahren wurde ich eingesegnet. Mein Spruch heißt: bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Im gleichen Jahr erhielt mein Vater die Einberufung zur Wehrmacht und ich, als älteste von vier Kindern, lernte nun die Sorgen des Lebens kennen.

Im Oktober wurde unser Haus durch Luftangriffe beschädigt. Wir ließen uns nach Sachsen evakuieren in ein kleines, einsames Dörfchen, etwa 30 km westlich von Naumburg. Den fremden Menschen dort habe ich mich nicht gut anpassen können und bin daher sehr viel für mich alleine gewesen. Diese Mußestunden habe ich mit Lesen und Zeichnen ausgefüllt. Oft sehnte ich mich nach Köln zurück. Ich wäre gerne wieder zur Schule gegangen, den Haushalt zu führen hatte ich keine Lust mehr.

Als die Flüchtlingstrecks aus dem Osten kamen, quartierte man uns nach Fürstenhagen um, in der Nähe von Göttingen. In den herrlichen Wäldern des Weserberglandes lebte ich wieder auf. Fern vom Getriebe der Welt liegt das Dörfchen eingebettet in einem Tal. Beim Durchstreifen der Laubwälder vergaß ich den Krieg, so nahm mich die Schönheit der Natur gefangen.

Im Sommer 1945 konnte ich wieder zurück in meine Heimat. Um in den Sonderkursus meiner alten Schule aufgenommen zu werden, bereitete ich mich auf die Schule vor. Gegen Ende des Jahres kam endlich der langersehnte Tag des Schulbeginns. Ich war froh, dass es mir möglich war, mich auf das Abitur vorzubereiten; ich brauche es, um in meinem späteren Beruf besser weiterzukommen. Aber zuerst muß ich mir Geld verdienen. Meine Eltern müssen für meine kleineren Geschwister sorgen, und ich will nicht noch länger auf ihre Kosten lernen. Im Herbst des Jahres möchte ich an den Kölner Werkschulen eine Prüfung ablegen, in Innenarchitektur und in Goldschmiedekunst. Ich weiß, dass es für Frauen nicht leicht ist, sich in diesem Beruf hochzuarbeiten. Aber ich glaube sicher, daß ich durch den Einsatz aller Kraft doch etwas leisten und durch die Ausübung meines Berufes nützen kann.