KAS (Köln)

Die Klasse 8a

[Von der Klasse 8a sind im Schularchiv weder die Beurteilungen noch die Lebensläufe überliefert. Auch die Aufstellung der eingereichten Aufsatzthemen konnte nicht aufgefunden werden. Die folgende Aufgabenstellung wurde den Aufsätzen direkt entnommen. Er wurde offenbar on sämtlichen Schülerinnen ausgewählt.]

 

1.) Entspricht die Haltung des Leutnants Siewers meinen Vorstellungen vom deutschen Offizier? (Im Anschluß an Beumelburgs Novelle „Der Feigling“)


Abituraufsatz

Entspricht die Haltung des Leutnants Sievers meinen Vorstellungen vom deutschen Offizier? (Im Anschluß an Beumelburgs Novelle „Der Feigling".)

Es ist im Jahre 1917. Der 19 jährige Leutnant Sievers, der von einem zweimonatigen Offizierskursus zu seiner Kompanie nach Laon zurückgekehrt ist, steht vor seinem ausgerichteten Zug. Unteroffizier Braschke ruft die Namen der R.Einzelnen auf. Sievers Augen begegnen dem hoffnungsvollen Blick eines jungen, ihm noch ungekannten Soldaten. „Buschenhagen", fährt die schneidende Stimme des Unteroffiziers dazwischen. Keine Antwort. „Buschenhagen". Der junge Soldat zuckt zusammen und ist vollständig verwirrt. Braschke will sich auf ihn stürzen, da fährt die ruhige, klare Stimme des Leutnants dazwischen. Buschenhagen ist gerettet.

Während eines französischen Fliegerangriffs auf Laon ist Leutnant Sievers an den Rettungsarbeiten beteiligt, als er die Nachricht erhält, daß die vorgestoßenen Franzosen am Chemin des Dames zurückzuwerfen sind. Am folgenden Tage, beim Vormarsch, verliert Buschenhagen seine Fassung. Er meldet sich bei Sievers krank. Sievers kennt diesen Zustand junger Soldaten. Er versucht es mit A.gütlichen Zureden, dann mit Schärfe. Da alles zwecklos ist, befiehlt er zwei alten Kameraden ihn unter ihre Obhut zu nehmen. Kurz darauf werden sie von heranbrausenden französischen Granaten überrascht. Ein Durcheinander entsteht. Bei wiedereintretender Ordnung macht sich das Verschwinden Buschenhagens bemerkbar.

Einige Tage darauf, Sievers ist mit seinen Leuten in vorderster Linie angelangt, bekommt er Nachricht vom Kommandeur, daß Buschenhagen in mißverstandenvöllig verlottertem Zustand aufgefunden worden sei. Nach anfänglichem Leugnen habe er alles gestanden. Er komme nun wieder zur Front, falsche Verkürzungum nach einer Frist vor das Kriegsgericht gestellt zu werden.

Sievers und Buschenhagen stehen sich gegenüber. Die ersten peinlichen Minuten versucht Sievers durch belanglose Fragen zu überbrücken. Dann bricht es aus ihm heraus. Er selbst kennt diesen Zustand. Auch er hat seine Feigheit nicht unterdrücken können, als er seinen verwundeten Kameraden im feindlichen Feuer liegen ließ. Ja, man hat ihn zu seinem Kameraden zurückführen müssen. Buschenhagen ist erschüttert und bittet den Leutnant um Verzeihung. Sievers überträgt nach einigem Zögern Buschenhagen die Aufgabe, einen feindlichen Panzer im Niemandsland in der Nacht zu sprengen. Sievers' Nerven sind bei dem Unternehmen aufs äußerste gespannt. Feindliches Angriffsfeuer setzt ein. Die Sprengung ist geglückt. Buschenhagen ist noch nicht zu sehen. Schwarzkopf, Sievers alter Kamerad, sieht die Notwendigkeit des deutschen Sperrfeuers, und er schreit impulsiv den welchen?Befehl in die Nacht. Doch Sievers widerruft ihn und sagt scharf: „Ich bin hier Leutnant." Da erscheint Buschenhagen beschmutzt und doch überglücklich am Rande des Schützengrabens. Er breitet die Arme aus und sagt: „Jetzt ist alles gut." Doch schon trifft ihn die feindliche Kugel und er sinkt _ in die Arme seines Leutnants.

In Leutnant Sievers sehe ich einen wahren, aufrechten, deutschen Offizier vor mir. Beumelburg schildert ihn nicht als tugendreichen Helden Z._ sondern als Menschen mit guten und weniger guten Seiten, der, wie jeder andere Mensch Z._ gegen seine Schwächen angehen muß. Er ist kein Offizier, der sich in langjähriger Praxis Erfahrungen erwerben konnte und allen Schwierigkeiten in seinem Beruf ohne Zweifel entgegenzutreten vermag. Er ist ein 19 jähriger, gerade aus der Ausbildung entlassener Leutnant. Er kehrt zu seinen alten Kameraden zurück, zeigt sich aber keineswegs überheblich, wie andere es vielleichtwohl an seiner Stelle getan hätten. Äußerlich steht Sievers als Vorgesetzter vor ihnen Z._ aber innerlich ist er einer R.ihres gleichen . In kameradschaftlichen Gesprächen offenbart sich seine Einstellung. Aber bei Buschenhagens Unternehmen zeigt sich doch der Offizier. Mit den Worten: „Ich bin hier Leutnant", widerruft er Schwarzkopfs Befehl und macht seine Rechte geltend.

Durch Buschenhagens Feigheit wird Sievers vor schwere Entscheidungen gestellt. Er kennt den Zustand junger Soldaten beim ersten Vormarsch aus eigenem Erleben. Er versucht mit Güte, dann mit militärischer Schärfe Buschenhagen zur Vernunft zu bringen. Trotz allem setzt er seine Hoffnungen in den jungen Soldaten und ist niedergeschlagen, als er von dessen Flucht hört.

Die Unterredung Sievers mit Buschenhagen zeigt mir das aufrechte, wahre, bescheidene Wesen des Leutnants. Buschenhagens Verhalten geht ihm sehr nahe. Er ist erregt und zeigt seine ganze Kameradschaft, indem er Buschenhagen von seiner eigenen Feigheit erzählt. Er beschönigt sein Vergehen keinesfalls, da er doch eingesteht, daß man ihn zu dem verwundeten Soldaten habe zurückführen müssen. Mit den Worten: „Jeder Tag ist für mich wie der erste", gesteht er, daß er diese A!Feigheit noch nicht überwunden hat, daß er immer wieder gegen sie ankämpfen muß.

Buschenhagen ist Sievers durch diese A.Angelegenheit sehr viel näher gekommen , als er sonst bei Soldaten der Fall ist. Leutnant Sievers gibt Buschenhagen eine Gelegenheit seine Feigheit R.wieder gut zu machen . Aber dieser Entschluß kostet ihn seelische Kämpfe, da er die Vorausahnung hat, daß Buschenhagen fallen wird, und er möchte ihn doch nicht verlieren. Buschenhagen selbst zerstreut durch sein freiwilliges Melden die Zweifel des Leutnants. Bei dem Unternehmen ist Sievers aufgeregter als er zugeben will. SteifDie Versöhnung und Vergebung zeigt sich am Schluß , geschieht das mit ihrem Willen?indem Buschhagen Sievers in die Arme sinkt .

An Sievers, einem echten deutschen Offizier, bewahrheitet sich der Ausspruch von Walter Flex: „Offizier sein heißt, seinen Soldaten vorleben."

Die Verfasserin setzt sich eingehend mit der gestellten Frage auseinander. Den Inhalt d. Novelle gibt sie kurz und doch verständnisvoll wieder. Stilistisch im allgemeinen gewandt.

im ganzen gut (2 - 3)

2.III.43