KAS (Köln)

Gesamtbeurteilung der Klasse 8a (Hauswirtschaft) 1942

Gutachten über die Klasse 8 a hw.

Die Klasse 8 a hw. wurde im Rahmen einer Umorganisation einzelner Kölner Schulen Ostern 1940 von der Oberschule Lindental der Oberschule Georgsplatz überwiesen. Sie umfasst heute 21 Schülerinnen. Von diesen gingen aber nur 9 aus der Oberschule Lindental hervor. Die übrigen entstammen den verschiedensten Anstalten, und zwar kamen 10 von staatlichen beziehungsweise städtischen Schulen und zwei von Privatschulen. Zwei Schülerinnen sind Ausländerinnen. (1 Schweizerin, 1 Holländerin)

Die häuslichen Verhältnisse der Mädel sind im allgemeinen wirtschaftlich gut und nicht stark unterschiedlich.

Die Klasse zu einer Gemeinschaft zusammen zu schliessen, war anfangs nicht leicht wegen der verschiedenen Vorbildung und der dadurch bedingten anderen Arbeitsweise. Erschwerend wirkte es auch, dass einzelne Schülerinnen sich seit Jahren kannten, sodass die neu hinzugekommenen nur langsam den Anschluss finden konnten. Erfreulich ist daher, dass heute in der Klasse wenig von Gruppen und Cliquen zu merken ist. Das einheitliche Bild muss besonders betont werden, da der Schulwechsel kurz vor dem Mit[.?.] und der dadurch bedingte Lehrerwechsel in sämtlichen wissenschaftlichen Fächern für alle Schülerinnen eine einschneidende Umstellung bedeutete. Hinzu kommen noch die ungünstigen Arbeitsbedingungen durch die Kriegsverhältnisse.

Die Begabung der Klasse ist einheitlich durchschnittlich. Überdurchschnittlich begabt ist keine Schülerin. Besonderes Interesse zeigen manche für die naturwissenschaftlichen Gebiete und einige für das Zeichnen. Im allgemeinen fehlt der Klasse die nötige geistige Regsamkeit. Sie bleibt leicht an der Oberfläche und braucht meist einen Ansporn zu eingehender Arbeit. Das charakterliche Bild ist erfreulich; denn sowohl im Verkehr der Mitschülerinnen als auch den Lehrern gegenüber traten nie Mißstimmungen auf. Die Klasse unter sich war kameradschaftlich, und das Verhältnis zu den Lehrern wurde von Vertrauen, Achtung und guter Disziplin bestimmt.

Alle Schülerinnen zeigen Verständnis für die besonderen Aufgaben unserer Zeit. Der weitaus grösste Prozentsatz der Klasse legte bereits 1940 Kriegshilfsdienst ab. Im Sommer 1941 beteiligten sich alle daran, die nicht aus gesundheitlichen Gründen verhindert waren.

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1942

[Es ist offenbar keine Aufstellung der eingereichten Aufsatzthemen überliefert. Die beiden folgenden Aufgabenstellungen wurden den Aufsätzen direkt entnommen.]

 

1.) Was versteht Alverdes unter dem inneren Reich der Deutschen?
(Alverdes: Rede vom inneren Reich der Deutschen. Gehalten am 19. Juli 1934 vor der Münchener Studentenschaft.)

2.) Warum legt Albinelli dem Hinker Cecco die silberne Kette der Falkenbruderschaft um? (Bergengruen: Die drei Falken)


Beurteilung

Schülerin Margarete B. verlor vor einigen Jahren den Vater. Sie lebt mit der Mutter allein, da ihre beiden Geschwister wesentlich älter und schon verheiratet sind. Aus dieser Tatsache erklärt es sich, dass Marga von der Mutter sehr verwöhnt wird, und dass sie daher oft eigenwillig auftritt. Sie ist noch unausgeglichen, sucht jedoch ihre Unsicherheit durch stark betontes Selbstbewusstsein zu verbergen. Wegen ihres grossen Geltungsbedürfnisses fällt ihr das Einordnen zuweilen schwer.

Marga ist einseitig begabt, setzt sich zudem nur für die Fächer ein, die ihr besondere Freude machen: Sprachen und Naturwissenschaften. Ihren mangelnden Leistungen in Beschäftigungslehre stehen im Gesamtdurchschnitt befriedigende Ergebnisse gegenüber.

Neben der Schule besucht sie den englischen Kursus der Berlitz-School. In der Freizeit musiziert sie gerne. Ihrer Begabung entsprechend liest sie mit Vorliebe naturwissenschaftliche Abhandlungen.

Lebenslauf

Am 23. Mai 1924 wurde ich als drittes Kind des Studienrats Dr. Theodor B. und seiner Ehefrau Emilie geb. B. zu Köln geboren.

Meine Schwester ist 15 Jahre und mein Bruder 11 Jahre älter als ich.

Ostern 1930 kam ich in die Städtische Volksschule Frankstraße. Dort blieb ich bis Ostern 1933. Da meine Eltern umzogen, mußte ich von Ostern 1933 bis Ostern 1934 in die Städtische Volksschule Lochnerstraße gehen.

Ostern 1934 kam ich auf die Städtische Oberschule für Mädchen Köln-Lindenthal und blieb dort, bis Ostern 1940 unsere ganze Oberstufe wegen Raummangels zur Städtischen Oberschule für Mädchen Georgsplatz überwiesen wurde, auf der ich jetzt noch bin.

Am 1. Februar 1936 trat ich in die Hitlerjugend als Jungmädel ein und wurde am 20. April 1938 in den B.D.M. überwiesen, und am 20 April 1941 kam ich in das B.D.M. Werk „Glaube und Schönheit".

Am 27. April 1938 heiratete meine Schwester.

Am 3. Januar 1939 starb mein Vater, nachdem er zwei Jahre krank gewesen war.

Am 28. Januar 1940 heiratete auch mein Bruder, und so bin ich jetzt mit meiner Mutter ganz allein.

Ostern 1939 hatte ich mich für den hauswirtschaftlichen Zweig der Oberschule entschieden, weil ich mich nicht von der mir lieb gewordenen Schule Köln-Lindenthal trennen wollte.

Als Wahlfach habe ich Englisch gewählt, da ich Fremdsprachen sehr gern lerne.

Nach dem Abitur muß ich zuerst meine Arbeitsdienstpflicht ableisten und will dann an der Hochschule Chemie studieren.

Ich bitte, Ostern 1942 zur Reifeprüfung zugelassen zu werden.

Abituraufsatz

Warum legt Albinelli dem Hinker Cecco die silberne Kette der Falkenbruderschaft um? (Bergengruen: Die drei Falken)

Die Falkenbruderschaft ist eine Vereinigung reicher und vornehmer Männer, die sich mit der Falknerei beschäftigen. Die Mitglieder dieser Falkenbruderschaft wollten die alten ritterlichen Sitten bewahren. Albinelli, ein Mitglied der Falkenbruderschaft Z._ , sagte, 1) A!daß der wahre Grund der Falkenzucht ist, daß im menschlichen Herzen etwas beschlossen liegt, welches der Sinnesart der Falken entspricht. Er meint damit, daß auch im nein!Menschen die Sehnsucht nach der körperlichen und seelischen Freiheit liegt .

Es war sehr schwer, Mitglied dieser Falkenbruderschaft zu werden. Die Angehörigen der Bruderschaft mußten wodurch?würdig sein, die silberne Halskette, das Kennzeichen der Falkenbruderschaft, zu tragen. Die Kette genoß höheres Ansehen als alle Auszeichnungen, die von einemvom Fürsten vergeben wurden.

Albinelli war zum Vollstrecker des Testaments eines berühmten Falkenmeisters ernannt worden. Der Erblasser hatte bestimmt, daß seine drei kostbaren Falken nach seinem Tode verkauft werden sollten. Der Erlös jedes Falken sollte einem anderen Zwecke zugewandt werden. Der des ersten Falken sollten den Rest Überflüssige Inhaltsangabeseiner Schulden tilgen und das übrige Geld für die Armen gebraucht werden. Der Erlös des zweiten Falken sollte ein Kloster bekommen, das ihm aber dafür Messen lesen lassen mußte. Und der Erlös des dritten Falken sollten seine Erben bekommen. Der Preis sollte durch Versteigerung bestimmt werden.

Einer der Falken flog vor der Versteigerung davon, und die Schwierigkeit entstand, wie man den Erlös verteilen sollte. Schließlich fand der Prior des Klosters folgenden Ausweg: Er wollte den Erlös des Falken der Erben als Schenkung überlassen und trotzdem die Seelenmessen für den Toten halten. Die Erben waren Seidenhändlersleute, die mit dem Falkenmeister durch Heirat entfernt verwandt geworden waren.
Eine Blutsverwandtschaft bestand nicht. Der andere Erbe war der Hinker Cecco, der uneheliche Sohn des Verstorbenen. Dieses wurde aber ihm und den Bürgern der Stadt erst durch die Testamentseröffnung bekannt. Da er ein uneheliches Kind war, genoß er nicht die Rechte eines Bürgers 2) Z._ und wegen seines Gehfehlers wurde er von allen verlacht und verspottet. Der Seidenhändler wollte ihn bei der Ausbezahlung des Geldes möglichst übervorteilen.

InhaltsangabeWährend der Versteigerung brachte ein Jägerbursche den entflogenen Falken wieder. Der zweite Falke war auch noch nicht versteigert worden, aber das Interesse aller wandte sich dem entflogenen Falken zu. In ihm spürten sie die Kraft und den Drang nach Freiheit.

Auch Albinelli, der einen der drei Falken erwerben wollte, richtete seine Gedanken auf diesen. - ÜberflüssigNachdem ein städtischer Liebhaber den zweiten Falken gekauft hatte, wurde eine kurze Pause eingeschoben. Cecco ging zu dem Falken, der jetzt wieder gefesselt war. Er nahm ihn auf die Hand Was bedeutet das?und der Vogel, der vorher zornig und aufgeregt war, wurde ruhig. Cecco betrachtete das Tier genau, freute sich an der Gestalt und den Augen, die seinen Freiheitsdrang zeigten. Er bewunderte die edle Schönheit des Tieres. Cecco wußte 3. Z._ Wieso? Er selbst lebte doch losgelöst von bürgerlichen Bindungen.wie es ist, wenn die Freiheit fehlt . Er, der 4) R.arme , durch das Vorurteil der anderen Verstoßene, kannte ?die Sehnsucht nach Freiheit . Und nun sollte dieses für die Freiheit geborene Wesen erniedrigt werden zur Handelsware? Nein, das durfte nicht sein! Diesem edlen 5) Z._ kraftvollen Tier gebührte die Freiheit. Cecco löste die Fesseln. Einen Augenblick zögerte der Falke noch, dann breitete er die Flügel weit aus und nahm sich die Freiheit, nach der er sich gesehnt hatte.

Albinelli war zu schwachunglücklich darüber, daß er den Falken nicht bekommen hatte. Er verlangte 6) Z._ Cecco zu sehen. Aber er trug Cecco den Schmerz nicht nach, den dieser ihm bereitet hatte. Er verstand die Handlung Ceccos. Er wußte, daß auch im Menschen jener Freiheitsdrang liegt, den auch der Falke hat. CeccoEr Stimmt nicht. Außerdem Wiederholung.verstand die Seele des Tieres durch das Erkennen seiner eigenen Seele. Er wollte dem Tier das geben, was ihm versagt war . Es spielte für Cecco Er gibt sehr viel damit auf!keine Rolle, daß er das Geld nicht bekam . Er hatte einen Ekel vor dem Geld, denn mit Geld konnte einem freien Wesen die Freiheit genommen werden. Und sollte auch sein ganzes Leben 7) R. A.von dem Geld, daß dieses fertig brachte, erfüllt sein? Nein! Die Freiheit steht hoch über diesem. WiederholungUnd der Falke, das für die Freiheit geborene königliche Tier 8) Z._ sollte seine Freiheit haben!

Cecco hatte die edle und ritterliche Gesinnung, die die Mitglieder der Falkenbruderschaft haben mußten. Er war wert, Mitglied der Falkenbruderschaft zu sein. Und Albinelli nahm die silberne Kette der Falkenbruderschaft von seinem Hals und legte sie Cecco um.

Das Volk begriff die Größe dieser Tat. Cecco, der Hinker, der Verspottete und Verstoßene 9) Z._ war dadurch vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft geworden.

Die Gestalt Ceccos und die Größe seiner Tat sind nicht verstanden. Die Arbeit besteht überwiegend aus einer Inhaltsangabe.

Mangelhaft.

10.3.42