KAS (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1932

1.) Weshalb kann ich trotz Ung[.?.] der Verhältnisse aufrechten Hauptes der Zukunft entgegenschreiten?

2.) Die Blinden von Kagoll (Robert Neumann). Die Novelle ist zu lesen und zu besprechen. (Reclam 7013)

3.) Folgende Gedichte sollen auf ihren Gehalt und ihre Art geprüft werden:
An den Mond (Goethe), Sehnsucht (Eichendorff), Der Pavillon (Rilke), Im Frühjahr (Th. Däubler).

4.) Aus meinen Reisen (Wanderungen): Eine Landschaft oder eine Stadt mit Bauten, Plätzen u. vergl.


Beurteilung

K., Gerde

Gerde K. macht einen wenig starken Eindruck. So sind auch alle Äußerungen von Zurückhaltung getragen, kraftvolle Gedanken und Bemerkungen kann man von ihr nicht erwarten. Ein persönliches Gespräch mit ihr zu führen isst kaum möglich gewesen. Auch in ihren Gesichtszügen ist nichts zu lesen, es lagert auf ihnen meist derselbe schwer zu deutende Ausdruck. Nicht einmal ihre Mitschülerinnen, die mit ihr 10 Jahre auf derselben Schulbank sitzen, kennen sie näher, sie ist ihnen, wie sie sagen, noch bis heute „eine Fremde". Doch kann gesagt werden, daß sie in der Stille an sich gearbeitet und mancherlei gelesen hat, ohne die Fähigkeit zu besitzen, ihr Wissen in die Erscheinung treten zu lassen.

Wenn sie sich nach ruhiger und klarer Überlegung meldet, bringt sie das Richtige heraus, ohne auch nur ein Wort mehr zu sagen, als unbedingt nötig ist. Mit großer Zuverlässigkeit hat sie stets ihre Pflicht getan und auch nie Anlaß zu einem Tadel gegeben.

Ihre Leistungen genügten.

Lebenslauf

Ich bin am 19. Juli 1912 in Köln geboren und kam 1919 in die Kaiserin-Augusta-Schule. An den Anfang meiner Schulzeit kann ich mich noch deutlich mit allen Einzelheiten erinnern. Unsere Schule war damals in die Stolzestraße verlegt, und die 10. Klasse befand sich in einem Seitenraum, einer ehemaligen Kapelle. Dadurch waren wir von der eigentlichen Schule ziemlich abgetrennt und hatten sogar einen Hof für uns allein, was mir sehr gut gefiel. Den Umzug in das Schulgebäude am Karthäuserwall, den ich damals sehr interessant fand, habe ich leider versäumt, da ich um diese Zeit gerade krank war.

Ich ging gern in die Schule, weil dort mein Interesse geweckt wurde für Dinge, die mir bisher fremd waren. So habe ich, sobald ich lesen konnte, förmlich Bücher verschlungen. Lesen war meine Lieblingsbeschäftigung und ist es auch heute noch, obgleich vieles andere hinzugekommen ist.

Auf Wunsch meiner Eltern, natürlich auch aus eigenem Antrieb, aus Freude am Lernen und aus praktischen Erwägungen beschloß ich, das Realgymnasium zu besuchen.

Eine angenehme Unterbrechung der langen Schulwochen bedeuteten für mich immer die Wandertage, an denen ich nicht an Aufgaben oder Ähnliches zu denken brauchte, denn in den letzten Jahren bin ich die Schule doch zeitweilig leid geworden.

In Unter- und Oberprima nahm ich an der philosophischen Arbeitsgemeinschaft teil, die mir die Weltanschauungen verschiedener Philosophen und Dichter näher brachte. Am meisten fesselten mich die Werke Richard Wagners und das Leben und Wirken Tageres. Lektüre, Musik, der Besuch von Schauspiel und Oper und das Kino gehören zu meinen Interessen außerhalb der Schule.

Außer den pflichtmäßigen Arbeiten wünsche ich, eine schriftliche Arbeit in Latein zu machen. Als Prüfungsfach wähle ich Latein.

Ich bitte, mein Religionsbekenntnis auf dem Zeugnis zu vermerken.