KAS (Köln)

Gesamtbeurteilung der Klasse 8b (Hauswirtschaft) 1941

Die Klasse 8 b.

Die Klasse 8 b wurde vor 3 Jahren gebildet aus 32 Schülerinnen. Ein Drittel waren Stammschülerinnen, ein Drittel kam von der Oberschule in Brühl und die übrigen von anderen kölner Oberschulen, zwei von der Mittelschule und den Aufbauzügen. Nach einem Jahr schieden 6 Schülerinnen aus, weil sie einsahen, dass weiteres Verbleiben ohne Erfolg wäre, nach dem 2. Jahr blieben zwei weitere zurück. Infolge von Fliegerschäden verliessen einige Köln und damit die Klasse. Diese Lücken wurden inzwischen bis auf 25 Schülerinnen wieder aufgefüllt.

Trotz der mannigfaltigen Zusammensetzung zeigt die Klasse von Anfang bis jetzt ein einheitliches Bild. Neu hinzugekommene Schülerinnen waren sehr schnell eingelebt. Unter den Schülerinnen herrscht ein fröhlicher, kameradschaftlicher Geist, was sich besonders bei Klassenwanderungen, in der Turnstunde und im praktischen Unterricht zeigt. Führend in der Klasse sind die pflichtbewussten, schlichten Mädchen, die meist eifrige Führerinnen in der HJ sind.

Aus dieser Gemeinschaft heraus ist auch die Haltung der Klasse den Lehrern gegenüber zuvorkommend und gut lenkbar. Es ergaben sich nie Disziplinschwierigkeiten.

Die Schülerinnen sind arbeitsfreudig und hilfsbereit. Das zeigte sich immer wieder, wenn es galt, nach Fliegerschäden die Klassen und Sammlungen in Ordnung zu bringen. Schwierige und schmutzige Arbeiten, wie sie schon mal der Gartenbau erforderte, fassten sie mit Humor tatkräftig an. In allen praktischen Fächern arbeiten sie freudig und eifrig mit. Turnerisch ist die Klasse gut begabt, hinzu kommt grosse Turnfreudigkeit und Willigkeit zu jeder Art des Turnens. Daher ergibt sich leichtes, angenehmes Unterrichten, schneller Kontakt und guter Erfolg auch bei schwierigen und Mut erfordernden Übungen. Es sind alles durchschnittlich kräftige und gesunde Mädchen, denen etwas zugemutet werden darf. Sie beweisen es durch Ausdauer, Zähigkeit und geringe Ermüdung.

Es fehlt der Klasse an wissenschaftlich ausgesprochen guten Begabungen und der gut begabte Durchschnitt, so dass oft Stunden in diesen Fächern entmutigend für uns Lehrer waren. Aber immer wieder half uns der Fleiss und rührende Arbeitswille der Schülerinnen weiter. So traten guten Leistungen in den wissenschaftlichen Fächern nur selten auf, eine Reihe von Schülerinnen zeigte oft sogar mangelhafte Leistungen in Deutsch.

Gerade die Klasse 8 b litt durch häufige kriegsbedingte Störungen im normalen Schulablauf unter sehr grossem Unterrichtsausfall, was sich dann für die wenig begabte Klasse umso schlimmer auswirkte. So sind einige Schülerinnen in die 8. Klasse versetzt worden trotz mangelhafter Leistungen in den Hauptfächern, weil wir ihnen die Gelegenheit aufzuholen, die bis jetzt fehlte, geben wollten.

Wenn wir alle heutigen widrigen Umstände mit betrachten, so dürfen wir sagen, die meisten Schülerinnen haben im Bereich ihrer Fähigkeiten ihr Möglichstes getan.


Beurteilung

Rosemarie ist kräftig und wirkt oft mütterlich hilfsbereit, besonders in ihrer Fürsorge für die teilweise nervenkranke Freundin.

Ihre Arbeitsweise ist langsam und schwer beweglich, dafür aber gründlich und zuverlässig.

In letzter Zeit ist sie reger geworden, vor allem im praktischen Unterricht, und hat dadurch in manchen Fächern befriedigende Leistungen erzielt.

Lebenslauf

In dem Landstädtchen Brühl wurde ich am 21. Juni 1925 als Tochter des Maschinensteigers Hans E. und seiner Frau Margarete geb. H. geboren.

Mit meinem ein Jahr älteren Bruder wuchs ich in unserm von Wald und Wiese umgebenen Heim auf. Mit Liebe und Sorgfalt umhegten uns die Eltern. Bis zum Eintritt in die Grundschule war mein Bruder mein einziger Spielgefährte. Auch dann noch blieben wir für uns, bis auf wenige Kinder, die uns gerne in der Wald- und Wieseneinsamkeit besuchen kamen.

Mutters Lust an Musik und Gesang ging auch bald auf uns Kinder über. Jeden Abend vor dem Schlafengehen mußte Mutter uns auf dem Klavier vorspielen. Das letzte Lied und zugleich unser Abendgebet war: „Müde bin ich, geh' zur Ruh". So wuchsen wir heran, sangesfroh und naturverbunden. Auf Spaziergängen machte Mutter uns vertraut mit Pflanzenarten und -namen und belehrte uns über das Walten Gottes in der Natur.

Nach dem Besuch der Volksschule (wegen Krankheit 5 Jahre lang) kam ich auf das Brühler Lyzeum der Ursulinen. Noch lebten mein Bruder und ich in alter Gewohnheit fort. In den Ferien verreisten wir mit den Eltern. Wir besuchten die Eifel, den Westerwald, den Taunus. Später lernten wir die Schönheit der Bergwelt kennen. Eine herrliche Zeit im Jahr war es, wenn Vater und Mutter verreist waren und unsere Großmutter uns betreute und - verwöhnte.

Ein neuer Lebensabschnitt begann, als wir in die Stadt zogen. Obwohl unser Haus im Park lag und ich auch hier das Rauschen der Bäume vernahm, fehlten mir doch die weiten Wiesen und Felder. Langsam gewöhnte ich mich an die neue Umgebung. Radfahrten, Tennis und Schwimmen, Handarbeiten und Musikstunden füllten meine Freizeit aus.

Meine liebste Beschäftigung war das Lesen. Bald reizten mich Jungmädelbücher nicht mehr, und ich begann, aus unserm Bücherschrank zu lesen. Durch meinen Bruder angeregt, begeisterte ich mich für Goethes, Schillers und Lessings Werke, die wir nun gemeinsam durchstudierten. Neben den Klassikern las ich gerne Naturschilderungen, besonders die von Löns und Stifter.

Durch den Besuch der st. Oberschule für Mädchen, Georgsplatz, erhielt ich neue Anregungen. Wir lebten schon im ersten Kriegsjahr, einer ernsten Zeit. Meine Freizeit teilte ich nun auf. Ich wurde Jungmädel-Führerin und bemühte mich, den Mädeln frohe Stunden zu bereiten. Wandern und Singen wurde auch ihnen bald zur Lust, und so gründete ich mit ihnen eine Sing- und Spielschar in unserm Standort. Daneben lag mir ihre gesundheitliche Betreuung ob. In Gesundheits-Dienst-Kursen erweiterte ich meine Kenntnisse in der Krankenpflege. Bei öfteren Besuchen in der Lindenburg erweckte eine Ärztin mein Interesse für dieses Gebiet. In den Ferien nahm ich am Kriegseinsatz teil, den ich in verschiedenen Gauen Deutschlands ableistete. Menschen und Sitten lernte ich kennen, doch auch: mich selbst überwinden und selbständig handeln.

Ich durfte mit meiner Freundin verschiedene Kindertransporte begleiten und sah dadurch viel Schönes von Deutschland. Das Vertrauen meiner Eltern in mich und das Vertrauen auf mich selbst gab mir Sicherheit, die mich in allem mich zurechtfinden ließ.

Für den Besuch von Opern, wissenschaftlichen oder geschichtlichen Filmen nahm ich mir Zeit, denn sie erwecken den Schönheitssinn und erbauen durch Großes.

Die letzten Schuljahre habe ich mich innerlich gefestigt. Deutsch, Erdkunde, Biologie und Musik sind meine Lieblingsfächer geworden. Ich habe mich für Deutsch als Wahlfach entschieden. Mit meinen alten Freunden, Löns, dem Belauscher der Natur, und Stifter, dem Maler der Natur, habe ich mich befaßt.

Nach der Ableistung des Arbeitsdienstes möchte ich Medizin studieren. Obwohl ich mir der Schwere des Studiums bewußt bin, beglückt mich jetzt schon der Gedanke, kranken Menschen helfen zu dürfen.

Ich bitte, zur Reifeprüfung zugelassen zu werden und mein Religionsbekenntnis auf dem Zeugnis zu vermerken.