KAS (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1932

1.) Weshalb kann ich trotz Ung[.?.] der Verhältnisse aufrechten Hauptes der Zukunft entgegenschreiten?

2.) Die Blinden von Kagoll (Robert Neumann). Die Novelle ist zu lesen und zu besprechen. (Reclam 7013)

3.) Folgende Gedichte sollen auf ihren Gehalt und ihre Art geprüft werden:
An den Mond (Goethe), Sehnsucht (Eichendorff), Der Pavillon (Rilke), Im Frühjahr (Th. Däubler).

4.) Aus meinen Reisen (Wanderungen): Eine Landschaft oder eine Stadt mit Bauten, Plätzen u. vergl.


Beurteilung

K., Marta

Marta K. ist groß und schlank, nicht stark. In ihrem ganzen Sichgeben ist sie vorsichtig und ängstlich bemüht, nach keiner Seite anzustoßen. Vornehm im Denken, gibt sie sich so auch nach außen. Wenn sie entschlußkräftiger wäre, würden sich ihre Leistungen noch steigern lassen.

Sie ist klug, logisch begabt und erfaßt mit klarem Verstand das Wesentliche. Ihre besondere Begabung liegt auf dem Gebiete der Kunst, der Literatur und der bildenden Kunst. Sie begnügt sich da auch nicht mit dem, was die Schule ihr bietet, sondern sie liest und strebt weiter und gibt der Klasse gerne mit von dem, was sie für sich erarbeitet hat. Größere Reisen, die sie bis ins Ausland führten, haben Teil an ihrer Bildung, die mehr in die Tiefe als in die Breite gerichtet ist.

Im Unterricht war sie eine sehr angenehme Schülerin. Sie zeichnete sich durch peinliche Pflichterfüllung aus. Ihre Gesamtleistungen sind gut.

Lebenslauf

Ich bin in Köln am 14. November 1912 geboren. Ostern 1919 kam ich in die 10. Klasse der Kaiserin-Augusta-Schule. Ich ging immer gern zur Schule, vor allem in den letzten Jahren, als ich einsah, wieviel Schönes sie mich lehrt.

Besondere Freude macht mir die Arbeitsgemeinschaft für Kunstbetrachtung, an der ich seit Obersekunda teilnehme. Ich bin überzeugt, daß ich durch sie ein viel größeres Verständnis für Kunst gewonnen habe, so daß ich jetzt mit besonderem Interesse Kunstwerke, vor allem der modernen Zeit, betrachte und mich mit ihnen beschäftige. Ich wähle daher als Prüfungsfach Deutsch (Kunstbetrachtung). Das Anregendste waren für mich die eintägigen Reisen, die wir mit der Arbeitsgemeinschaft machten. Wir lernten fremde Städte, z. B. Essen und Düsseldorf, kennen und kamen um wertvolle Eindrücke bereichert wieder nach Köln.

Ich hatte das Glück, schon viele größere Reisen mit meinen Eltern zu machen. Letzten Sommer habe ich einige alte süddeutsche Städte kennen gelernt; den tiefsten Eindruck hat Bamberg auf mich gemacht. Ich war auch schon im Ausland, in England und in Belgien; diese Reisen sehe ich deshalb als besonders wertvoll an, weil ich fremde Völker und Sitten kennen lernte. Ich sah ein, wie wichtig es ist, fremde Sprachen zu beherrschen, und so verstärkten diese Reisen noch meine Liebe zu fremdsprachlichen Fächern.

Außer den pflichtmäßigen Arbeiten wünsche ich eine schriftliche Arbeit im Englischen zu machen.

Ich bitte, mein Religionsbekenntnis auf dem Zeugnis zu vermerken.