KAS (Köln)

Gesamtbeurteilung der Klasse 8a (Hauswirtschaft) 1944

Klassenbericht 8 a Hw.

Die jetzige Klasse 8 a, hauswirtschaftliche Abteilung, wurde im Herbst 1941 aus 33 Schülerinnen verschiedener Anstalten zusammengestellt. Sie verlebten unruhige und schwere Kriegsschuljahre miteinander.

Nach dem ersten grossen Fliegerangriff auf Köln am 31.5.42. halfen alle Schülerinnen in einem Sondereinsatz 14 Tage bis 3 Wochen lang den Ortsgruppen bei der Verpflegung der fliegergeschädigten Familien. Einige Schülerinnen waren auch im Bahnhofsdienst bei der Umquartierung der Fliegergeschädigten behilflich. Anschliessend gab es einige Ferienwochen, und danach machten die Schülerinnen ihren Kriegseinsatz, der vom 27.7.-1.11.42. dauerte. Während dieser Zeit arbeiteten einige Schülerinnen auf dem Lande in der Erntehilfe, bezw. im Osteinsatz, andere halfen in kinderreichen Familien, in Kinderhorten, auf dem Kriegsschädenamt, in Grossküchen oder bei der Briefabgangsstelle der Post.

Am 1.11.42. begann also erst das neue Schuljahr für die nunmehrige 7. Klasse. Wegen der häufigen nächtlichen Fliegeralarme begann jetzt der Unterricht täglich erst um 9 Uhr und musste manchmal wegen der allzugrossen Übermüdung der Schülerinnen vorzeitig geschlossen werden. Es war nicht leicht für die Sch., trotz der vielen gestörten Nächte ihre Schularbeit so gut zu erledigen, wie sie es taten. Nach dem neuen grösseren Fliegerangriff am 16.6.43. machte die Klasse 7 wieder Ortsgruppeneinsatz zur Betreuung Fliegergeschädigter. Bei dem Grossangriff auf die Kölner Altstadt am 29.6.43. hatten gerade die Sommerferien begonnen. Das Schulgebäude litt bei diesem Angriff sehr, und der Klassenraum der Klasse 7 wurde durch Sprengbombe ganz zerstört. Als der Unterricht wieder beginnen sollte, und keine Arbeitskräfte für die Aufräumarbeiten im schwer beschädigten Schulgebäude zu bekommen waren, haben die Schülerinnen selbst aufgeräumt und unermüdlich Schutt und Scherben fortgebracht und dann geputzt, bis viele Räume wieder benutzbar gemacht waren. Nach Wiederbeginn des Unterrichtes lastete es noch lange schwer auf der Klasse, dass die Klassenkameradin Lieselotte Schuster in der Brandnacht vom 29.6. ihr Leben verloren hatte. Drei weitere Sch. haben in derselben Nacht ihr Heim verloren und viele andere die Behaglichkeit des Heimes durch Teilschaden. Bei fünf Sch. war der elterliche Geschäftsbetrieb zerstört worden; mancher war die Freundin genommen.

Unter so schwierigen Umständen begann der Unterricht der 8. Kl. Dann kam erneuter Fliegerschaden im Schulgebäude, erneute Aufräumungsarbeiten, Umquartierung in ein anderes Schulgebäude, dann ein Kindergartenpraktikum vom 1.-13.11.43.

Es kamen viele Fliegeralarme auch während der Schulstunden, die weiten Schulwege umquartierter Schülerinnen und die schwierigen Fahrtverhältnisse, die Tätigkeit im BDM (5. Sch. sind Führerinnen) usw.

Beeindruck und in Anspruch genommen von all diesen Geschehen hat die Klasse 8 ein recht ernstes Gesicht. Dazu kommt, dass mitreissende frohe Naturen in der Kl. fehlen, und die Begabung bei fast allen Sch. nicht über ein Mittelmass hinausgeht. Aber beharrlich fleissig gearbeitet haben alle, besonders auch, wenn ihnen wegen des ausfallenden Unterrichtes grössere schriftliche Hausaufgaben gestellt werden mussten. So haben die Sch. der Kl. 8 a, insgesamt gesehen, manche schöne Schulleistung gezeigt, und was sie im Kriegseinsatz geleistet haben, ist hohen Lobes wert.


Beurteilung

Lieselotte D. ist eine der Töchter eines Bezirkszollkommissars. Der gute Einfluss des Elternhauses, insbesondere des Persönlichkeitswertes der Mutter ist bemerkenswert. Sie hat ein fröhliches offenes Wesen und ein ansprechendes Benehmen.

Ihre Begabung ist mittelmässig. Doch sind ihre Leistungen ausreichend bis befriedigend unter Bevorzugung der deutschkundlichen Fächer, da sie strebsam ist. In den Fächern des Frauenschaffens und im Sport hat sie durchweg gute Leistungen gezeigt. Grosses Interesse hat sie für Schwimmen.

Sie will Apothekerin werden.

Lebenslauf

Ich wurde als Tochter des Bezirkszollkommissars Friedrich D. und seiner Ehefrau Margarete geb. B. am 11.3.26 in Solingen geboren. Bereits nach einem Jahr erhielt mein Vater seine Versetzung nach Kempen und einige Monate später in die niederrheinische Grenzstadt Elten. Noch im selben Jahr verzogen wir nach Emmerich. Hier wuchsen wir Kinder in ländlicher Ungebundenheit auf. Durch meine drei Jahre jüngere Schwester gab ich mich, auch als ich schon einige Jahre in der Schule war, noch gerne mit Puppen ab.

Mit sechs Jahren kam ich in die Schule. Das Stillsitzen fiel mir zunächst schwer, aber bald gewöhnte ich mich an den Schulunterricht, und das Lernen machte mir Freude. Aber noch im ersten Jahr mußte ich die Schule wechseln, weil mein Vater nach Krefeld versetzt wurde. Das gleiche Schicksal habe ich noch zweimal erfahren. 1936 kam ich nach einer Prüfung in Aachen auf eine Oberschule f. Mädchen. Unsere erste Fremdsprache war Französisch.

Im gleichen Jahr wurde ich in den BDM aufgenommen. Auf Fahrten und in Heimabenden lernte ich die schöne Kameradschaft kennen, die zwischen den Mädeln herrschte. Ich machte auch die Sportveranstaltungen des BDM mit und habe jedes Jahr die Siegernadel errungen. Den Sport liebe ich sehr, vor allem das Schwimmen.

Sonntags machte ich mit meinen Eltern Spaziergänge durch die Umgebung Aachens. Dadurch wurde in mir die Freude an der Natur geweckt.

Die Krönungsstadt mit dem alten Rathaus und dem schönen Dom gefiel mir sehr gut. Deshalb fiel mir der Abschied von Aachen, als wir 1938 nach Köln ziehen mußten, besonders schwer. Aus der ruhigen Kleinstadt kam ich nun in die lärmende Großstadt. Mein Vater meldete mich auf der Oberschule f. Mädchen Köln-Lindenthal an. Durch den Verkehr mit meinen neuen Freundinnen wurde ich bald in Köln heimisch. Wir besuchten das Opern- und Schauspielhaus und waren öfters zusammen. Als wir ein Jahr in Köln wohnten, brach der Krieg aus. Mein Vater wurde als Offizier sofort eingezogen, und ich mußte meiner Mutter nun zur Seite stehen, da sie noch fremd in der Stadt war und wir wenig Bekannte hatten. Mit Begeisterung verfolgten wir den Siegeslauf unserer Truppen durch Polen, Holland, Belgien und Frankreich.

1941 leistete ich vier Wochen Kriegseinsatz in einem Kindergarten ab. Am Ende der fünften Klasse entschloß ich mich, auf eine Schule mit Oberstufe hauswirtschaftlicher Form zu gehen. So kam ich auf die städt. Oberschule f. Mädchen Köln-Georgsplatz. Das Kochen und besonders das vierwöchige Praktikum im Säuglingsheim machten mir großes Vergnügen. In den Ferien hatte ich mich zur Erntehilfe nach Niedersachsen gemeldet, aber durch eine Ohrenoperation konnte ich leider den Einsatz nicht mitmachen. Während dieser Zeit habe ich angefangen, deutsche Klassiker zu lesen. Es war manches schwer zu verstehen, aber trotzdem hatte ich sehr viel Freude daran.

Nach dem schweren Angriff auf Köln am 31. Mai half ich im Ringhof, die Fliegergeschädigten zu betreuen. Hier lernte ich zum ersten Male die schrecklichen Auswirkungen des Krieges kennen. Auch die nächsten Angriffe machte ich alle mit, aber bis jetzt blieb unser Haus verschont.

Durch den Bombenterror litt natürlich auch unser Schulunterricht, es fielen oft Stunden aus. Das war für uns vor dem Abitur sehr nachteilig. Die Fächer, die ich besonders gerne habe, sind Erdkunde, Deutsch, Geschichte, Biologie und Turnen. Als Wahlfach nehme ich entweder Erdkunde, weil mich der Stoff interessiert, oder Biologie, weil ich sie für meinen späteren Beruf gebrauchen kann. Ich möchte Apothekerin werden.

Ich bitte um Zulassung zur Reifeprüfung.