KAS (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz des Sonderlehrgangs A

1.) Erinnerung an ...

2.) Wie verwirklicht Michael in Wiecherts „Hirtennovelle“ das Wort Carossas „Im engsten Kreise wag’s, dich reich zu leben“?

3.) Nicht der ist auf der Welt verwaist,
dem Vater und Mutter gestorben,
sondern wer für Herz und Geist
keine Lieb’ und kein Wissen erworben.
(Rückert)


Lebenslauf

Am 17. Juni 1926 wurde ich als Tochter des Kaufmanns Theo P. und seiner Gattin Elfriede, geb. W. in Köln geboren. Vom 6. bis 10. Lebensjahr besuchte ich die Volksschule; dann trat ich in die Oberschule am Georgsplatz, Köln, ein und blieb dort sieben Jahre, bis sie infolge der Kriegsunruhen geschlossen wurde.

Der Eintritt in die Volksschule war für mich ein Ereignis. Als einziges Kind freute ich mich darauf, täglich mit Altersgenossinnen zusammenzusein. - Als ich später die Oberschule besuchte, hatte ich einen langen Schulweg zurückzulegen und lernte, mich selbstständig in Köln zurechtfinden. Bald unternahm ich mit meinen Schulkameradinnen Entdeckungsreisen durch die Altstadt und lernte dadurch meine Heimatstadt kennen und lieben. Der Schulunterricht machte mir viel Freude. Meine Lieblingsfächer waren neben Deutsch und Englisch vor allem Zeichnen, Musik und Erdkunde. Der Zeichenunterricht machte mir besonderen Spaß, weil ich dabei meiner Phantasie freien Lauf lassen konnte und für meine Arbeiten manches Lob erhielt.

Unsere häuslichen Verhältnisse waren gut, und ich lebte unbeschwert bis zum Kriegsausbruch. Dann hörte ich oft von Leid und schweren Kriegsschicksalen, und nachdem meine Freundin ihr Heim und all ihre Habe verloren hatte, bangte ich vor dem gleichen Schicksal. Im April 1944 erfüllten sich meine bösen Vorahnungen. Durch Luftangriff wurde unser Heim völlig zerstört. Der Schrecken und die Erschütterung dieser Nacht saßen mir tagelang lähmend in den Gliedern. Von da an dachte ich ernster über das Leben und seine Schicksale nach. Der eigene Verlust lehrte mich auch, andere Menschen und ihr Leid besser verstehen.

Für uns begann nun eine leidvolle, ruhelose Zeit. Das Schicksal warf uns hin und her. Im Oktober 1944 flohen wir der schrecklichen Luftangriffe wegen aus Köln und fanden Unterkunft bei Verwandten in der Eifel. Dort betätigte ich mich in Haushalt und Garten und lernte mit Kleinvieh umgehen. Da ich von Kind an eine Tierfreundin bin, machte mir dies viel Freude. Während dieser Zeit lernte ich die Arbeit des Bauern erst schätzen und sah ein, wieviel Mühe und Fleiß es ihn kostet, damit wir Städter unser tägliches Brot haben.

Bald rückte die Westfront näher, und unser Zufluchtsort wurde Lazarettstadt. Durch Fürsprache von Bekannten erhielt ich in einer Lazarettstation eine Stellung als Helferin. Nun begannen für mich inhaltsreiche Tage. War auch meine Leistung als Laie gering, so war ich doch glücklich, im Kriegsdienst helfen zu dürfen. Die Betätigung in der Zahnstation machte mir besondere Freude. -

Ich hatte mir das Leben auf dem Lande eintönig vorgestellt. Aber bald entschädigten mich der Eifelwald und die reine Luft für die Stadtvergnügen, und meine durch die Kriegsereignisse geschwächte Gesundheit kräftigte sich wieder. Mir war nach unserem 1 ½ jähr. Aufenthalt unser Zufluchtsort zur zweiten Heimat geworden, sodaß ich ungern wieder nach Köln zurückkehrte.

Im Juni 1945 kam ich mit meinen Eltern wieder in meine Heimatstadt. Nach hartem Kampf und vielen Mühen fanden wir eine Wohnung. Wenige Tage später traf uns ein schweres Schicksal: Mein Vater starb plötzlich an einem Herzschlag. Meine Mutter und ich tragen schwer an dem Verlust, und oft bedrückt uns die Frage um die Zukunft. Die sorgende Hand des Vaters fehlt nun, und ich muß mir einen Beruf wählen, durch den ich selbstständig mein Leben führen kann. Die Freude an meiner Lazarettätigkeit ist noch heute in mir lebendig, und ich möchte Zahnmedizin studieren. Meine Mutter, die meine beste Freundin ist und weiß, daß meine Neigung zu dieser Arbeit aus tiefem Herzen kommt, ist bereit, mir dieses Studium zu ermöglichen. Ich bin ihr deswegen sehr dankbar und hoffe, ihr zu einem sorglosen Lebensabend verhelfen zu können.

Der Weg zur Berufsausbildung geht über das Abitur. Darum besuchte ich seit Januar 1946 wieder die Schule. Nach 1 ½ jähr. freien Leben fügte ich mich bald in eine fremde Schulgemeinschaft ein. Im Sonderkursus der Kaiserin-Augusta-Schule war mir Gelegenheit gegeben, mein Wissen zu bereichern und wertvolle Erkenntnisse für das Leben zu gewinnen.

Sollte es mir nach Verlassen der Schule nicht möglich sein zu immatrikulieren, so habe ich Gelegenheit, bei einem Zahnarzt zu helfen. -