KAS (Köln)

Die Klasse 8a

[Von der Klasse 8a sind im Schularchiv weder die Beurteilungen noch die Lebensläufe überliefert. Auch die Aufstellung der eingereichten Aufsatzthemen konnte nicht aufgefunden werden. Die folgende Aufgabenstellung wurde den Aufsätzen direkt entnommen. Er wurde offenbar on sämtlichen Schülerinnen ausgewählt.]

 

1.) Entspricht die Haltung des Leutnants Siewers meinen Vorstellungen vom deutschen Offizier? (Im Anschluß an Beumelburgs Novelle „Der Feigling“)


Abituraufsatz

Entspricht die Haltung des Leutnants Siewers meinen Vorstellungen vom deutschen Offizier?

(im Anschluß an Beumelburgs Novelle „Der Feigling").

Es ist im Jahre 1917 bei den Kämpfen um den Chemin des Dames. Dem Zuge des Leutnants Siewers wird Ersatz aus der Heimat, junge Leute in seinem Alter, zugeteilt. Unter ihnen fällt ihm besonders Buschenhagen auf, der ihn forsch, aber auch forschend anschaut. Er sucht so sehr im Gesicht des Leutnants zu lesen, daß er den Anruf des Feldwebels Braschke überhört. Als Braschke auf den Übeltäter zugeht, um ihn ordentlich A.anzubrüllen , lenkt Siewers seine Aufmerksamkeit auf den Unteroffizier Schwarzkopf; er weiß, daß der ihm gewachsen ist. Sie sind schon lange zusammen im Feld und kennen einander sehr genau.

Nach ein paar Tagen, als sie in Laon die Toten und Verwundeten eines schweren Fliegerangriffs bergen, kommt der Befehl zum Ausrücken. Buschenhagen hört es. Als der Zug am andern Tag antritt, meldet er sich bei Siewers krank. Der Leutnant durchschaut ihn. Er will ihm helfen. „Das haben wir alle durchgemacht", sagt er. „Nachher ist es überwunden." Aber Buschenhagen bittet, fleht, bettelt. Da wird Siewers hart und befiehlt zwei anderen, ihn mitzunehmen. Auf dem Wege nach vorn schlägt eine Granate ein. Es gibt Tote und Verletzte. Als Siewers wieder sammeln läßt, fehlt Buschenhagen. Erst nach vier Tagen wird er in die Ruhestellung der Kompanie gebracht. Er wurde in einer Höhle gefunden. Der Hauptmann einer Nachbarkompanie hat ihn verhört und sofort Meldung an das Kriegsgericht erstattet. Leutnant Siewers weiß, was das heißt. Er will Buschenhagen, der seine Feigheit überwunden hat, helfen. Er hat ja alles das selbst durchgemacht und erzählt dem jungen Menschen vor sich, wie er seinen Freund schwer verwundet hat liegen lassen, und wie er nachher, als ein Kamerad ihn zurückführte, ihn tot fand.

Von der Division kommt der Befehl, einen Tank, der vor der Stellung liegt, zu sprengen. Es ist gefährlich. Siewers spricht mit Schwarzkopf darüber, ob er Buschenhagen schicken dürfe. Er will dem Jungen Gelegenheit geben, etwas Außerordentliches zu leisten, um beim Kriegsgericht für ihn sprechen zu können. Buschenhagen ist froh über den Befehl; als Siewers ihn zurücknehmen will, bittet er darum. Es gelingt ihm, in der frühen Morgenstunde des nächsten Tages den Tank zu sprengen. Als er R.zurück kommt und am Rand des Grabens steht, in dem Siewers auf ihn wartet, trifft ihn eine Kugel. Er fällt in Siewers Arme und stirbt.

Leutnant Siewers ist noch sehr jung, erst 19 Jahre ist er alt. Aber trotz seiner Jugend versteht er es, seine Leute zu führen. Er lebt ihnen, wie es Walter Flex in seinem „Wanderer" fordert, wirklich vor. Alles, was er von seinen Männern verlangt, hat er selbst schon getan oder macht es mit ihnen. Er weiß, daß er der Leutnant ist, der zu befehlen hat, aber nur selten, wenn es wirklich nötig ist, betont er das. Sonst ist er der Kamerad und Freund, der mitten unter seinen Soldaten steht, mit ihnen lebt und alles miterlebt, was sie trifft, ohne überheblich und hochmütig zu sein. Gerade seiner Einfachheit und Schlichtheit wegen lieben ihn seine Männer und erkennen ihn freiwillig als Führer an. Siewers echtes R.„Leutnant sein" zeigt sich in seinem Verhalten Buschenhagen gegenüber. Allen Forderungen, die seine Berufung zum Offizier der deutschen Armee an ihn stellt, versucht er, gerecht zu werden; es gelingt ihm auch. Wenn er von seinen Soldaten Zucht und Ordnung und unbedingten Gehorsam verlangt, so fordert er doch nichts von ihnen, was über ihre Kräfte geht. Auch Buschenhagen will er helfen, zu seinen Aufgaben die Kraft zu sammeln, die er braucht. Er weiß, daß es für einen jungen Menschen schwer ist, bewußt in die Gefahr hineinzugehen; er weiß, daß der „innere Schweinehund", wie er es nennt, dann übermächtig in einem wird und _ nicht losläßt. Er hat es ja selbst erlebt. Darum verachtet er Buschenhagen nicht, sondern erzählt ihm, wie er selbst feige war, um ihm zu zeigen, daß auch er, der Leutnant, nur ein Mensch ist und kein gefühlloser Steinblock, und daß dieser Mensch, der gleichzeitig Leutnant ist, auch Schwächen und Fehler zu R.bekäm=pfen und zu unterdrücken hat. Durch sein ehrliches Bekennen hilft er Buschenhagen, seine Feigheit zu überwinden und wieder zu sich selbst zurückzufinden. Er will ihm auch Gelegenheit geben zu beweisen, daß er kein Feigling mehr ist, so wie es Waunusch[=?] damals mit ihm selbst gemacht hat. Aber die Verantwortung, die er für das Leben seiner Männer trägt, liegt schwer auf ihm und immer wieder schrickt er davon zurück, dem Unerfahrenen den gefahrvollen Auftrag zu geben. Der Tod Buschenhagens trifft ihn tief und er trägt daran sein Leben lang so schwer, wie er darunter leidet, den Freund damals verlassen zu haben.

In seiner ganzen Haltung entspricht Ernst Siewers den Vorstellungen, die ich mir von einem deutschen Offizier gemacht habe. Er ist nicht nur der Vorgesetzte, sondern auch der Kamerad seiner Leute, der ihnen über kleine und große Schwierigkeiten hinweghilft, sie führt und leitet und sich für sie verantwortlich fühlt. In seinem Denken und Handeln, in seiner Auffassung von seiner Berufung entspricht er dem Worte Walter Flex': „Leutnant sein heißt, seinen Leuten vorleben!"

Die Arbeit ist gedanklich und sprachlich klar. Flüssige Darstellung

gut (2)

4.3.43