KAS (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1932

1.) Weshalb kann ich trotz Ung[.?.] der Verhältnisse aufrechten Hauptes der Zukunft entgegenschreiten?

2.) Die Blinden von Kagoll (Robert Neumann). Die Novelle ist zu lesen und zu besprechen. (Reclam 7013)

3.) Folgende Gedichte sollen auf ihren Gehalt und ihre Art geprüft werden:
An den Mond (Goethe), Sehnsucht (Eichendorff), Der Pavillon (Rilke), Im Frühjahr (Th. Däubler).

4.) Aus meinen Reisen (Wanderungen): Eine Landschaft oder eine Stadt mit Bauten, Plätzen u. vergl.


Beurteilung

B., Sophie

Sophie B. ist ein kräftig gebautes, gesundes Mädchen, das von seiner Statur aus dahin strebt, seine Körperkräfte in Leichtathletik und Sport zu üben.

In dem dadurch beweglich gehaltenen Körper wohnt ein leichter und beweglicher Geist, der rasch und mühelos auffaßt und entschieden ablehnt, wovon er nicht gepackt wird. Dabei liegt ihr das Kräftige immer mehr als das Lyrische.

Die Schule füllt ihr Leben nicht aus, ist sie jedoch durch ihr begütertes Elternhaus in der Lage, das Leben und seine Äußerungen mehr kennen zu lernen, als den meisten Mitschülerinnen möglich ist. Weite Reisen im Herbst und im Winter haben sie in fremde Verhältnisse Einblick tun lassen. Dadurch wurde sie zeitweise dem Schulleben stark entfremdet, zumal sie weniger durch Wissensdrang als durch ihre Familie auf den Weg des Studiums gewiesen wurde. Mit ihrem heiteren und freundlichen Wesen hat sie sich die Zuneigung ihrer Klassengefährtinnen erworben.

Lebenslauf

Am 21.8.1913 wurde ich in Köln geboren. Ostern 1919 kam ich in die 10. Klasse der Kaiserin-Augusta-Schule. Ostern 1926 mußte ich mich für Lyzeum oder Realgymnasium entscheiden. Da ich, oder vielmehr meine Eltern, nicht wußten, was mit mir geschehen sollte, wenn ich 15 jährig die Schule verließe, ging ich in die Untertertia des Realgymnasiums. Hier wurde Latein mein Lieblingsfach. Als ich in Obersekunda der kunstgeschichtlichen Arbeitsgemeinschaft beitrat, lernte ich einen neuen mir interessanten Bildungskreis kennen. Drei Jahre nahm ich an dieser Arbeitsgemeinschaft teil. Außerhalb der Schule widmete ich vil Zeit dem Sport. Zuerst trieb ich Leichtathletik, später aber zog ich Tennis und Wintersport vor. - Ein Studium werde ich wahrscheinlich nicht ergreifen. Es besteht der Plan einer Erweiterung und Vervollständigung meiner Sprachkenntnisse in England und Frankreich. Da man aber in dieser Zeit voll von Ungewißheit keine festen Pläne fassen kann, kommt ein Studium oder die Vorbereitung auf einen praktischen Beruf immerhin in Frage.

Als Prüfungsfach wähle ich Deutsch und Kunstbetrachtung. Außer den pflichtmäßigen Arbeiten wünsche ich eine Arbeit in Latein zu schreiben. Ich bitte mein Religionsbekenntnis auf dem Zeugnis zu vermerken.