KAS (Köln)

Klasse OI R

Von dieser Klasse konnten bislang lediglich die Lebensläufe der Schülerinnen aufgefunden werden.


Lebenslauf

Am 10. März 1930 wurde ich, Edith B., als fünftes Kind des prakt. Arztes Dr. med. Hans B. und seiner Ehefrau Therese, geb. G., in Brüggen an der Erft geboren. Ich bin römisch-katholischen Bekenntnisses.

1936 - 1940:
Besuch der Volksschule in Brüggen

Ostern 1940 - Herbst 1941:
Lyzeum in Brühl

Herbst 1941 - Ostern 1944:
Städtische Oberschule am Georgsplatz/Köln

September 1944 - Juli 1945:
Evakuierung nach Höxter an der Weser

Herbst - Weihnachten 1944:
Städtische Oberschule in Holzminden (im Weserbergland)

Oktober 1945 - Ostern 1946:
Lyzeum der Ursulinen in Brühl

Ostern 1946:
dort Einweisung in die neugebildete Klasse „Untersekunda"

Ostern 1946:
Eingliederung in die UIIR der Kaiserin-Augusta-Schule in Köln

Die ersten sechs Lebensjahre brachte ich fast ausschließlich im Elternhause zu. Die Erinnerungen an die frühesten Kinderjahre, als ich mit meinen älteren Geschwistern im Garten tollte oder meinen Vater auf Praxisfahrten begleiten durfte, sind nur noch schwach.

Ein großes Erlebnis jedoch in dieser Zeit war für mich eine Reise zur Nordseeinsel Borkum, die ich, fünfjährig, zusammen mit meinen vier älteren Geschwistern machte. Ich lernte das Meer lieben, jedoch die Gezeiten fürchten.

Zur Volksschule bin ich nicht gerne gegangen. Der Weg dorthin war weit, und die Aufgaben schienen mir lästig. In den Ferien fuhr ich oft zu Verwandten nach Höxter oder Bottrop in Westfalen. Mit neun Jahren verbrachte ich meine Sommerferien bei meiner Patentante in Berlin. Die Riesenstadt mit ihrem gewaltigen Verkehr und den mächtigen Gebäuden machte auf mich damals einen unvergeßlichen Eindruck. Es war mir unbegreiflich, wie sich jemand in diesen vielen, breiten und mit Menschen übersäten Straßen zurechtfinden konnte. Mitten in diesen schönen Ferien brach der Krieg aus. Damals begriff ich noch nicht, was Krieg bedeutete; ich sah nur eine endlose Kette von Soldaten und Kriegsgeräten, die aus der Hauptstadt gegen Osten zog. Wegen der drohenden Gefahr mußte ich sogleich die Heimreise antreten.

Durch den Wechsel von der Volksschule zur höheren Schule trat in meinem Leben manche Veränderung ein. Die Art des Unterrichtes, den, im Gegensatz zur Grundschule, mehrere Lehrpersonen erteilten, sagte mir sehr zu, und ich bekam nun Freude an der Schularbeit. Durch die Bahnfahrt, die ich nun täglich machen mußte, nahm ich viele fremden Eindrücke in mich auf, die nicht immer gut waren.

Als ich vierzehnjährig mit meiner jüngeren Schwester für zehn Monate nach Höxter fuhr, lernte ich erkennen, was ein „Zu Hause" bedeutet. Obwohl die Verwandten liebevoll versuchten, uns das gemütliche Heim zu ersetzen, so war doch das Heimweh stärker als jedes Auflehnen dagegen. Besonders bei einer Krankheit war es schwer, die Eltern zu entbehren. Wenn diese Zeit mir manchmal nicht leicht erschien, so hat sie mich doch ein gut Teil Selbständigkeit gelehrt.

Nach der langen Pause ging ich im Oktober 1945 mit großer Lust wieder zur Schule. Ich lernte nun mit größerer Ausdauer als vorher, da mir allmählich klar wurde, daß meine Arbeit nur zum eigenen Vorteil eine Ausrüstung fürs Leben bedeutet. Von dieser Zeit an haben Lehrpersonen sehr stark auf meine Bildung eingewirkt. Wenn es in Brühl die Schwester war, die uns Französisch gab und die mich im Unterricht besonders anregte und weiterbrachte, so war es in Köln unsere Klassenlehrerin, Fräulein Reuss, die uns mit gütiger Strenge den Weg wies und die als wahre Klassenmutter sehr darum besorgt war, daß wir alle einmal tüchtige, brauchbare Menschen würden.

Im Laufe der Jahre lernte ich unter den Schulfächern einige besonders lieben. Dies war als erstes die Mathematik, die in ihrer Genauigkeit und ihrem logischen Aufbau zu klarem, folgerichtigem und kritischem Denken erzieht. Die Physik gab mir oft Anregung dazu, den Dingen auf den Grund zu gehen und durch Versuche Beziehungen der Dinge untereinander und gewisse Regelmäßigkeiten festzustellen. Im Sprachunterricht lernten wir nicht nur Grammatik und das Verstehen fremdsprachlilcher Texte, sondern darüber hinaus, Fremdwörter unserer Sprache abzuleiten und zu erklären, Verwandtes in den einzelnen Sprachen herauszustellen und zu vergleichen.

Der Religionsunterricht, dem ich in der letzten Zeit besonders gern gefolgt bin, regte mich dazu an, den Glauben und das Leben nicht als etwas Selbstverständliches hinzunehmen, sondern nach einem Ergründen zu trachten und die erkannte Wahrheit dankbar anzuerkennen.

Der Deutschunterricht hat mich von jeher angesprochen, besonders aber in der letzten Zeit. Hier wurde uns der Weg in die Tiefe, in das Wesen der Dichtung gewiesen. Wenn ich auch im Deutschen nicht das erreichte, was ich gern möchte, so gaben mir die Stunden doch sehr viele Anregungen und Erkenntnisse, und ich will es wagen, nach dem Abitur einen Beruf zu ergreifen, der mich durch Bücher immer in diesem Bereich hält: ich möchte Bibliothekarin werden.