KAS (Köln)

Gesamtbeurteilung der Klasse 8b (Hauswirtschaft) 1941

Gutachten über die Klasse 8 b

Die Klasse 8 b umfaßt 22 Schülerinnen, die mit einigen Ausnahmen aus der Stammanstalt hervorgegangen sind. Im ganzen bietet die Klasse ein einheitliches Bild, denn auch die häuslichen Verhältnisse sind nicht sehr unterschiedlich. Das charakterliche Streben der Klasse ist sehr erfreulich. In bezug auf die geistigen Leistungen hat sich deutlich gezeigt, daß der Wechsel von der Schule in Lindenthal zur Schule am Georgsplatz, der Ostern 1940 stattfand, sich nachteilig ausgewirkt hat. Außer den Fächern des Frauenschaffens wurden alle Fächer mit neuen Lehrkräften besetzt. Das brachte den Schülerinnen viele Schwierigkeiten. Es dauerte lange, bis die Lehrkräfte die Schülerinnen kannten, und umgekehrt sich die Schülerinnen an die neuen Lehrkräfte gewöhnt hatten. Allmählich aber wurden die Schwierigkeiten überwunden, und jetzt arbeiten alle pflichttreu und verantwortungsbewußt. Sie zeigen große Willigkeit und setzen sich ganz ein. Die Klasse ist durchschnittlich begabt. Einzelne ragen besonders heraus durch ihr klares Urteil und ihre gleichbleibende, zuverlässige Arbeitsweise. Wenn die Leistungen nicht immer entsprechend der Begabung waren, so lag das teilweise daran, daß viele sehr eifrig im B.D.M. arbeiteten, die meisten als Führerin. Einige Schülerinnen stellten sich in den Dienst des Roten Kreuzes. Im Wesen sind sie natürlich und schlicht, freundlich und zuvorkommend. Besonders auffallend ist der echt kameradschaftliche Geist, der in der Klasse herrscht, und die große Einsatzbereitschaft.

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1941

1.) Die Verkörperung des Heimatgedankens in der Gestalt der Cornelie aus dem Roman: Das Wunschkind von Ina Seidel.

2.) Köln, eine Stadt der Gegensätze.

3.) Aufgaben und Pflichten der deutschen Frau im Kriege.


Beurteilung

Elfriede K. ist eine durchschnittlich begabte Schülerin, die mit großem Ehrgeiz und starkem Willen dem gesteckten Ziele zustrebt. Sie arbeitet äußerst fleißig und gewissenhaft und ist stets bemüht, in allen Fächern das Möglichste zu leisten. Sehr gute Leistungen hat sie in den Fächern des Frauenschaffens aufzuweisen. Gleichmäßigkeit im Streben, dazu ihr freundliches, entgegenkommendes, bescheidenes Wesen machen sie zu einem wertvollen Glied der Klasse. Elfriede gehört zu den zuverlässigsten Schülerinnen, die nie zu einem Tadel Anlaß gegeben hat.

Lebenslauf

Ich bin als Tochter des Fabrikanten Fritz K. und seiner Ehefrau Else geb. H. am 7.III.23 in La Paz in Bolivien geboren. In meinem zweiten Lebensjahr kehrten wir nach Deutschland zurück. Zunächst reisten wir nach Godesberg a/Rhein, wo ich evangelisch getauft wurde. Dann verbrachten wir die ersten Jahre in Friedrichshaven a/Bodensee. Erst später zogen wir nach Köln.

Von meinem 6. Lebensjahr an besuchte ich vier Jahre die Volksschule in der Hillerstr., jetzt Viktor-Schnitzlerstr. In meinem zweiten Schuljahr starb mein Vater.

Nach erfolgreichem Abschluß besuchte ich die Oberschule für Mädchen, Köln-L'thal, und entschloß ich mich, nach Ablegung der fünften Klasse das Werkabitur zu machen, da es immer mein Wunsch war, Gewerbelehrerin zu werden. Leider ist nun inzwischen das Berufspädagogische Institut nach Frankfurt a/Main verlegt worden und ist mir das anfänglich vorgeschriebene Ziel unmöglich geworden. Ostern 1940 wurden die hauswirtschaftlichen Klassen der Oberschule für Mädchen Köln-L'thal wegen Raummangels nach der Oberschule für Mädchen am Georgsplatz verlegt.

Seit 1934 gehöre ich dem B.D.M. an.

In meiner Freizeit besuche ich Theater, Film, Konzerte und Vorträge oder lese gute Bücher. Seit einigen Jahren spiele ich Klavier. Ich widme mich gerne und oft dem Schwimmsport und habe 1939 das Reichsjugendabzeichen erworben. In diesem Jahr muß ich meine persönlichen Interessen zurückstellen, da ich mich auf das bevorstehende Abitur vorbereite.

Ich beabsichtige nun nach Ablegung der Reifeprüfung und des Arbeitsdienstes, die Ausbildung als Handelslehrerin einzuschlagen. Aus diesem Grunde habe ich im Abitur Englisch als Wahlfach genommen. Das gründliche Durcharbeiten dieser Sprache soll mir Grundlage für mein weiteres Studium an der Universität sein.

Abituraufsatz

Die Verkörperung des Heimatgedankens in der Gestalt der Cornelie aus dem Roman: Das Wunschkind von Ina Seidel.

In dem Roman „Das Wunschkind" von Ina Seidel handelt es sich um - ; Sz. ...Preußischem im...die Idee des deutschen Wesens aus der Vereinigung von Rheinischem und Preußischem, im Spiegel jener entscheidenden Jahre der deutschen Geschichte und ein deutsches Frauen- und Mutterschicksal.

Wird im Wunschkind durch den Mann die Welt des Geistes verkörpert, so durch die Frau Sz., die der Natur, des Hauses. Cornelie ist mit dem Gr. UnbewußtenUnbewußtem verwurzelt, mit den Urkräften des Lebens. Sie lebt in engster Verbindung mit der Natur. Dieses heißt für sie aus dem Gefühl heraus leben. Der Beweis für die Naturverbundenheit der Cornelie ist das Erleiden, Erdulden-können. Sie kämpft nie um äußere Angelegenheiten des Leben, sie wartet, leidet. Das ist bei ihr keine Schwäche, sondern ein Wissen St. um die Verbindung mit dem Weltall.um die Zusammenhänge zwischen der eigenen Verbindung und der des Weltalls . Leben heißt für Cornelie R. handelnHandeln . Für W. sieCornelie gilt R. handelnHandeln als Überwindung des Leides durch tätige Liebe.

Die Verbindung -der Cornelie mit der heimatlichen Scholle zeigt sich besonders in ihrem Lebensplan. Sie will zurück in die Heimat, die auch dem entwurzelten Stamme ihres Gatten wieder Erdreich, Schutz und Nahrung geboten hätte. Ihre Heimat ist es_ , die sie über alles liebt, Hölkewiese, das große Gut, das weithin von Feldern, Wiesen und Wäldern umgeben ist. Was sie aber besonders W.liebt , ist der milchdurchbeizte Geruch der Ställe. Haus und Herd, das bedeutet für Cornelie Heimat. Der Boden, die Scholle sind ihr wie eine Mutter. Zu der Erde fühlt sie sich in aller Bedrängnis hingezogen, und ihr kann sie zu jeder Zeit ihr Leid klagen. Bez.Auch nach der Trennung A. vonmit Buzzini ist es ihr, als ob sie von allen verlassen sei. Die Heimat bot ihr aber -auch jetzt in all ihrer Verlassenheit wieder Zuflucht und Schutz. Cornelie sagt selbst A. einmalmal : „Hölkewiese und ich bedürfen einander, um wieder zu gesunden." Nach ihrer Ankunft in der Heimat Sz. + falsche Zeit: setzt, setzte sie ihre ganze Kraft ein, um das zurückgekommene und verwahrloste Gut wieder zu Ansehen zu bringen. So gesundet die Heimat durch den Schaffensdrang der Cornelie Sz., und Cornelie durch die Nähe der Heimat und Gr. die Liebeder Liebe , die sie ihr zukommen lassen darf. Aus der Wesensverwandtschaft zwischen Cornelie und der Erde Sz., ergibt sich die Schicksalsgemeinschaft zwischen R. beidenBeiden . Schicksalsergeben muß sie ihren Sohn den gleichen Weg gehen lassen, den ihr Gatte einst ging. Sie gibt Christoph der Erde -wieder zurück. Aus der Verbundenheit mit dem Boden ergibt sich Gr. CorneliensCornelies Hauptbedeutung, selbst Heimat zu sein. Valdemaire und Corinna, diese heimatlosen Menschen können in jeder Notlage die Hilfe W.Cornelies beanspruchen. Sie ist ihnen Heimat und Mutter. Aus der Mütterlichkeit heraus wird W. sieCornelie zur Trägerin der Familie, des Volkes und des Vaterlandes. Der Heimatgedanke äußert sich bei W. ihrCornelie in ihrem ganzen Tun und Lassen, indem sie der Erhaltung des Lebens dient.

Ganz besonders ist in ihrem Sohne Heimat. Vor der Geburt Christophs R. vergißtvergießt sie alles, was nicht mit ihm in Verbindung steht, sogar die schutzlose Schwester in Mainz. Sie lebt und handelt nur für ihn. Cornelie kann nur im Hinblick auf Christoph tätig sein. Ist Christoph in der Schlacht, so denkt sie stets an ihn, und dann fühlt sie, daß er wieder ganz klein in ihr ist. Der Zwiespalt, der in Christoph durch Delphine entstanden ist, kann nur beseitigt werden, wenn er wieder ganz in Cornelie eintaucht. Sie kann Christoph aber nur dann ihre ganze Kraft und Liebe zukommen lassen, wenn sich kein Dritter, der ihre Kraft lähmen würde, zwischen sie und Christoph schiebt. Darum verzichtet sie auf Rüde und Buzzini und wechselt die Religion.

Cornelie ist durch ihre Heimatverbundenheit und Gr. dieder Verwurzelung mit der Scholle und der Erde A. nicht zu einerzu keiner harten und vermännlichten Natur geworden. Nein, sie ist voll rückhaltlosen weiblichen Fühlens. Cornelie möchte gerne die Last, die auf ihr ruht, auf die Schultern eines Mannes legen. So versucht sie es bei Buzzini und später bei Christoph. Sie möchte sich gerne von einem Manne führen lassen, muß aber infolge ihrer Überlegenheit stets selbst führen. Die Überlegenheit wächst aus ihrer seelischen Kraft heraus und ist eine Folge ihrer stärkeren Persönlichkeit.

Cornelie ist im wahrsten Sinne die Verkörperung des Heimatgedankens. Aus der Verbundenheit mit den Urgründen des Seins erhält Cornelie die Kraft, für sich und andere zu leben und ihnen Heimat zu sein.

Die Aufgabe wurde zufriedenstellend gelöst. Die Verfasserin zeigt zunächst die Verwurzelung der Cornelie mit der heimatlichen Scholle. Mit der Heimat verbunden kann Cornelie auch andern zur Heimat werden, so ihrem Sohn Christoph und den heimatlosen Emigranten Valdemaire und Corinna. Als Mangel könnte gelten, daß sie nicht näher auf Corneliens Stellung zu den Armen in Mainz und den Untergebenen ihres Vaters in Hölkewiese eingegangen ist und stattdessen Punkte, die nicht unmittelbar zur Lösung der Aufgabe nötig waren, behandelt hat.

Da Friede K. in selbständiger Arbeit die wesentlichen Punkte gut herausgestellt hat, nenne ich die Arbeit trotz der geringen Mängel

2 (gut).

Kl.-L. 3 15.II.41. Hermanns.