KAS (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz des Sonderlehrgangs B

1.) Alles, was uns begegnet, läßt Spuren zurück, alles trägt unmerklich zu unserer Bildung bei. (Goethe) (Nach eigenen Erlebnissen)

2.) Die Volksmärchen: Eine Brücke zwischen den Völkern. (Vorgelegt wird: 1.) Ein sibirisches Märchen: Das Fisch-Mädchen, 2.) ein deutsches Märchen: Die Sterntaler, 3) ein französisches Märchen: Cendrillon.

3.) Vergleich zweier Mutterbildnisse: (Christoph Amberger: Margarete Welser. Hans Thoma: Bildnis der Mutter des Künstlers)


Lebenslauf

Am 7.11.1926 wurde ich geboren. In ungetrübter Freude verlebte ich meine ersten Lebensjahre im Hause meiner Eltern, des Kaufmannes Robert T. und seiner Frau, Emilie, geb. K.. Im April 1933 kam ich in die Baadenberger Schule zu Köln-Ehrenfeld und blieb dort bis zum 4. Schuljahr. Der Unterricht machte mir viel Freude, und ich ging recht gern in die Schule. 1937 machte ich die Aufnahmeprüfung für die Sexta an der katholischen Mädchen-Schule der Schwestern vom „Armen Kinde Jesu". Als diese 1940 durch die Bestimmungen des dritten Reiches geschlossen wurde, meldete ich mich bei den Ursulinen in der Machabäerstr. an. Leider wurde auch diese Schule den Schwestern genommen und in eine städtische umgewandelt. Meine geistige Entwicklung wurde durch den Besuch der Höheren Schule gefördert; besonders das Interesse für Geschichte und Geographie wurde geweckt. Als ich die Schule wechseln muhste, begannen auch schon die heftigen Fliegerangriffe, so dahs unser Unterricht viel durch Alarm gestört wurde. Die meiste Zeit verbrachten wir im Luftschutzkeller. Die Folge davon war, dahs wir zerstreut und abgelenkt wurden, und unser Wissen muhste sehr viel Lücken bekommen. Um mich von den Angriffen zu erholen, fuhr ich in den Sommerferien, die 1942 schon im Mai begannen, in die Nähe von Basel. Der erste, schwere Terrorangriff war diesen Ferien vorausgegangen. Während des Urlaubs erholte ich mich von dem Schrecken und lernte zugleich auch den Schwarzwald und das Elsahs kennen. Es ist schwer für mich meine Eindrücke zu schildern, da die Reise viele Jahre zurückliegt und ich damals noch sehr jung war.

Nachdem Wiederbeginn der Schulen forderte uns die „Heimatfront" zu immer neuen Diensten an. Einmal war es der Bahnhofsdienst, der uns in Anspruch nahm, ein anderes Mal die Ausgabe der Kleiderkarten oder der Postdienst. Wir lernten also das wirkliche Leben von allen Seiten kennen, wir muhsten mit dem Untier Publikum fertig werden und sahen und erlebten mancherlei, vor dem uns Eltern und Schule beschützten. Aber der Unterricht fiel wieder aus, und unser geistiger Horizont erweiterte sich nicht. Als die Fliegerangriffe immer häufiger und schwerer wurden, verliehsen wir im März 1943 Köln und siedelten nach Meckenheim bei Bonn über. Von dort besuchte ich die Oberschule für Mädchen in Bonn. Obwohl es nicht einfach für mich war, mich in der neuen Umgebung einzugewöhnen, denke ich doch gerne an die Bonner Schulzeit zurück. Die Klasse war in allen Fächern bedeutend weiter, und es zeigten sich die Lücken, die durch den unregelmähsigen Unterricht in Köln entstanden waren. - Im Juni 1943 wurden wir wieder für kriegsbedingte Arbeit angefordert. Diesmal half ich in einer kinderreichen Familie auf dem Lande, die auch eine Baumschule besahs. Dort arbeitete ich von morgens bis abends. Die Arbeit war ungewohnt und hart für mich, bereitete mir aber doch Freude, da ich der armen, geplagten Frau helfen konnte. Ihr Mann stand im Felde. Als Städterin arbeitete ich zum ersten Mal in einer Plantage, lernte das Okulieren und beobachtete mit Freude, wie sich die einzelnen Bäumchen entwickelten. Meist arbeitete ich drauhsen im Freien und war dadurch der Witterung sehr ausgesetzt. Durch die Nässe zog ich mir einen Gelenkrheumatismus zu, und dies Leiden hinderte mich ein ganzes Tertial, die Schule zu besuchen. Wie sehr mir diese Zeit eines Tages fehlen würde, ahnte ich damals noch nicht. - Nun setzten auch bald die Fliegerangriffe in Bonn an, und die Züge wurden von Tieffliegern beschossen. So hörte auch in Bonn der ungestörte Unterricht auf. 1944 wurde der Unterricht ganz eingestellt, und ich sollte mit der Klasse zum Westwall transportiert werden. Bei der ärztlichen Tauglichkeitsuntersuchung entdeckte man, dahs ich, als Folge des Gelenkrheumatismus, einen Herzfehler habe. Diese bedauerliche Tatsache brachte mir zunächst einen Gewinn. Der Dienst am Westwall blieb mir erspart, und ich arbeitete in einer Militär-Zahnstation in Meckenheim als Helferin. An dieser Arbeit hatte ich viel Freude und lernte eine ganze Menge, auch als ich später vom Roten Kreuz übernommen wurde und Arzneimittel ausgeben muhste. - Meckenheim brachte uns kein Glück, denn 24 Stunden vor dem Einmarsch der Amerikaner verloren wir durch einen schrecklichen Angriff unser ganzes Hab und Gut. Unsere ganze Familie war zwei Stunden verschüttet, und wir wurden nur nach vieler Mühe „ausgebuddelt". -

Unser Haus in Köln blieb uns erhalten, und so kehrten wir im August 1945 in die Heimatstadt zurück. Dann meldete ich mich als Schülerin des Sonderlehrganges an der Kaiserin-Augusta-Schule an, um dort meine Abschluhsprüfung zu machen. Aus dem Sonderlehrgang 1945/46 schied ich freiwillig aus, weil meine körperliche Gesundheit durch das Herzleiden stark geschwächt war. Die durch den Krieg bedingte unregelmähsige Ausbildung hatte allerlei Lücken hinterlassen und ich fühlte, dahs ich sie nur mit frischen Kräften ausfüllen konnte. So hoffe ich, dahs ich in diesem Jahr die Reifeprüfung bestehe. Ich habe vor, Pharmazie zu studieren.

Abituraufsatz

Die Volksmärchen: Eine Brücke zwischen den Völkern (vorgelegt wird: 1) Ein sibirisches Märchen - 2) ein deutsches Märchen - 3) und ein französisches Märchen.)

A: Einleitung: ? A fehlt_

I ist mit dem Th. nicht in Verbindg gebrachtI. Allgemeines über das Märchen

a) Szenen aus dem Leben genommen

b) Die_ Natur spielt eine große Rolle

c = d. 1 gehört nicht zu d.c) Gehalt (-)1) Gut und Böse

d) Sinn (-)1) Märchen entstehen nicht, um einen Zweck zu erfüllen

II. Vergleich der drei vorgelegten Märchen a = Inhaltsangabea) Gehalt 1) sibirisches Märchen 2) deutsches Märchen 3) französisches Märchen II b bringt Beweis für I c; einen Vergleich bringt II nicht.b) Ähnlichkeit

III. Das Märchen als Brücke zwischen den Völkern a) Ursprung im Volk b) dadurch Verbindung zu anderen Völkern. -

Thema und Stoff fehlenI. In dem Wort Märchen liegt ein besonderer Sinn, etwas Geheimnisvolles und Wunderbares, das schon allein eine A.Anziehungskraft ausübt . Hört ein Kind irgendein Märchen, so ist die Wirkung gleich zu sehen. Anschaulich und einfach ist es erzählt und gibt dem lauschenden Kinderohr eine Vorstellung der Handlung. Das Kind fühlt und erlebt das Märchen mit und ist ganz in das Geschehen vertieft. a) Die Szenen sind ja aus dem Leben genommen und ?zeigen nur die Wirklichkeit ; die Liebe und Treue der Kinder untereinander, das gegenseitige Vertrauen I, und die Hilfe von Brüderchen und Schwesterchen. Zu dem Kreis der Kinder aber treten erwachsene Menschen, die der Natur am nächsten geblieben sind, wie Fischer, Jäger und Köhler. b) Die Natur selbst ist zugänglich; Berg und Wasser, Pflanze, Tier und Stein spielen eine große Rolle. Die beiden Begriffe von Gut und Böse werden scharf getrennt. Das Gute leuchtet wie Gold, verkörpert das Reine und Schöne; das Schlechte aber wird besiegt durch eine gute Fee. Die Strafen sind furchtbar; Schlangen und Würmer verzehren die Opfer, oder die Menschen müssen durch das Leben gehen ohne Rast und Ruhe. d) Weltliche Klugheit, Hochmut und Stolz werden gedemütigt. Das Epos endet aber mit Freude, in dem das Gute stets belohnt wird. (-) stört den Gedankengang.Die Märchen entstehen nicht, um irgendeinen Zweck zu erfüllen - sie kommen aus dem Volk, und das Volk überliefert sie der nächsten Generation. Alle Märchen enthalten Th.!Lehren, Anwendungen für die Gegenwart, dadurch können sie nie ihren Wert verlieren; denn die Menschen bleiben dieselben zu jeder Zeit. Für die Kinder sind die Märchen geschrieben, nein. Logik: oben heißt es: Märchen erfüllen keinen Zweck.die Jugend soll an ihnen das Gleichnis sehen, um später den rechten Weg zu wählen. -

II a 1) Das sibirische Märchen ist einfach und schlicht erzählt. Zufrieden lebt der Fischer, als er das Geheimnis des Fischmädchens noch nicht kennt. Zur Belohnung, ? auch der Inh. ist anscheinend nicht verstandendaß er nicht in das Geheimnis einzudringen versucht, wird seine Hütte in Ordnung gehalten und ihm jeden Tag ein gutes Essen bereitet. Den Fischer aber quält das Geheimnisvolle, er hat keine Ruhe, bis er A. Th!in dasselbe eingedrungen ist. Die Neugierde verleitet ihn. Durch sie verliert er das Fischmädchen und damit den guten Geist, der ihn vorher beherrschte.

2) (-)[ganzer Absatz]Das deutsche Märchen „die Sterntaler" ist von den Brüdern Grimm auf-geschrieben . Sie sammelten die Märchen, Th!in dem sie den alten Mütterchen am Webstuhl und Spinnrochen Gesellschaft leisteten I, und sich von ihnen die Geschichten des Volkes erzählen ließen. Auf diese Art kam eine große Sammlung zustande, die von OJung und Alt gern gelesen wird.

Das kleine Mädchen, von dem die Rede in den Sterntalern ist, zeichnet sich besonders durch das Rührende und Ergreifende seines Wesens aus. Alles I_ was es hat, gibt es fort aus Liebe und Mitleid zu den anderen Menschen, Th.die, wie es denkt , vielleicht noch hilfsbedürftiger sind, wie es selbst. Als es nun selbst nichts mehr besitzt, wird ihm der Lohn seines Handelns zuteil. Die Sterne fallen als Goldstücke vom Himmel und bringen ihm Reichtum für das ganze Leben.

3) Das französische Märchen „Cendrillon" ist dem deutschen Märchen Aschenputtel verwandt. Cendrillon I_ lieb und schön zugleich, wird belohnt Gdurch ihre bescheidene und zurückhaltende Art. Aus ihrer I, von der Stiefmutter und den Schwestern erniedrigten Stellung, gelangt sie zu den höchsten Ehren: Sie wird die Gemahlin des Königs; Th.aber auch jetzt verleugnet[?] sich ihr gutes Herz nicht, sie verzeiht den bösen Stiefschwestern und macht sie durch die Verheiratung mit Edelleuten auch noch glücklich. -

b) Die Ähnlichkeit dieser Märchen ist groß. Im Grunde ist das Wesen dasselbe. Im sibirischen Märchen wird die Neugierde bestraft, in den beiden anderen Märchen das Gute belohnt. In einfacher Form zeigt die Phantasie des Volkes Gleichnisse. In den Märchen auch dieser Teil hat keine Beziehung zum Themaspiegeln sich die Grundzüge der Menschen mit allen Fehlern und Mängeln, aber auch mit den guten Seiten. Eine besondere Eigenschaft wird verkörpert; im deutschen Märchen ist es das gute Herz, welches das Letzte zu geben bereit ist. In Cendrillon ist es die Liebe, die alles verzeiht; im sibirischen Märchen dagegen wird der Fehler bestraft. Lehren enthalten alle drei Märchen und üben damit auf die Jugend eine gute Wirkung aus. Durch die Einfachheit der Erzählung aber werden sie den Jugendlichen nahe gebracht und leicht verständlich gemacht.

III. Aus verschiedenen Ländern stammen die drei Märchen, und die Entwicklung der Völker ist nicht die gleiche gewesen. a) Aber in den Märchen, die gerade im Volk, in der Allgemeinheit entstanden sind, prägt sich das Volkstum, die Sitte, das Altüberlieferte aus. Nicht eine höhere, geistige Schicht hat die Märchen gemacht, sondern das Volk selbst. Aus diesem Grunde sind sie leicht zu verstehen, Viele wiederholende Worte ohne Thema.sind sie anschaulich und wahrheitsgetreu . Sie geben Kunde von dem Volk selbst, wie es auch die Volkslieder tun. Die Märchen sind volkstümlich. Sie sind in einer Sprache geschrieben, die jeder versteht. Damit sind sie zunächst mal eine Verbindung zwischen den verschiedenen Klassen eines Volkes, denn die Kinder aller Stände lieben die Welt des Märchens. In diesem Sinne schaffen sie viel Gutes. Außerdem aber bilden sie noch eine Brücke für alle Völker. Das Trennende , das durch die Verschiedenheit der Sprache und der Geschichte entstanden ist, wird durch ein Märchen überbrückt und A.damit verbunden . In ihm offenbaren sich ja ein Satz zum Th.die Grundzüge der Völker und die Verwandtschaften der einzelnen Völker untereinander. Die Märchen aller haben ja denselben Sinn und dieselbe Aufgabe: nein„die Jugend zu belehren." Durch sie wird das Denken eines Volkes einem anderen Volke zugänglich gemacht und mitgeteilt. Vielleicht kommen sich auch im allgemeinen die Völker dadurch näher, nicht bewiesen.lernen sich schätzen und achten . So gibt das Märchen den Menschen Belehrung, den Völkern untereinander verleiht es gegenseitige Wertschätzung. -

Da die Schülerin bis zum Herbst beurlaub war, hat sie die plötzliche Umstellung des Aufsatzunterrichtes auf Themen und Gliederung besonders hart getroffen: Sie hat zu wenig Gelegenheit gehabt, die neue Art zu üben. So erklärt es sich, daß sie hemmungslos alles, was sie je zum Thema Märchen gehört hat, aneinanderreiht und sich kaum bemüht, die Aufgabe zu verstehen, die im Thema steckt. Die Gliederung ist natürlich sehr fehlerhaft:

Nicht genügend.

Die Jahresleistungen waren manchmal Genügend, manchmal Mangelhaft.

22.II.47 T. Rolff.