KAS (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz des Sonderlehrgangs A

1.) Erinnerung an ...

2.) Wie verwirklicht Michael in Wiecherts „Hirtennovelle“ das Wort Carossas „Im engsten Kreise wag’s, dich reich zu leben“?

3.) Nicht der ist auf der Welt verwaist,
dem Vater und Mutter gestorben,
sondern wer für Herz und Geist
keine Lieb’ und kein Wissen erworben.
(Rückert)


Lebenslauf

Am 22. April 1927 wurde ich als Tochter des Kaufmanns Ludwig S. und seiner Ehefrau Luise, geborene B., geboren. Als einziges Kind verbrachte ich meine ersten Jugendjahre unter der Obhut meiner Mutter, und später kam ich erst in eine engere Beziehung mit gleichaltrigen Kindern im Kindergarten.

Das Geschäft meines Vaters veranlasste uns zu manchen Reisen ins Ausland. Leider war ich damals noch zu jung, um all das Schöne, das ich sah, mit Verständnis zu genießen. Doch blieben mir zwei Reisen besonders stark im Gedächtnis: die eine war mitbestimmend für meine Berufswahl, die andere zeigte mir Deutschlands Stellung in der Welt. Ich hatte eine besondere Vorliebe für den Skisport. Beim Üben verletzte sich meine „Skifreundin" den Fuß. Da niemand in der Nähe war, mußte ich allein versuchen, ihr zu helfen. Seit dieser Zeit wollte ich anderen helfen, „wenn sie krank und hilflos sind". So kam mir zum ersten Mal der Gedanke, Ärztin zu werden.

Auf einer Reise nach den Haag besichtigten wir den Friedenspalast. Jeder Staat war durch ein charakteristisches Nationalerzeugnis vertreten. Bei der Besichtigung begegnete mir Deutschland nirgends. „Ja, Deutschland ist draußen!" sagte der Führer. Deutschland umschließt diesen Bau mit einem kunstvoll geschmiedeten Eisengitter. So wie Deutschland hier einen Beitrag geliefert hat, so wird es auch, so hoffe ich, wieder einen Beitrag zur Weltordnung liefern.

Ostern 1933 wurde ich in die evangelische Volksschule Köln-Klettenberg eingeschult. Viele Erinnerungen an die erste Schulzeit sind mir nicht geblieben; ich weiß nur, daß ich gerne zur Schule ging. Ostern 1937 bestand ich die Aufnahmeprüfung für die Oberschule, und trat in die Kaiserin Augusta-Schule ein. In den unteren Klassen galt mein größtes Interesse dem Englischem und dem Turnen. Ich konnte mich schnell in die englische Sprache einfühlen, und Englisch ist bis heute, neben Deutsch und Geschichte, mein Lieblingsfach. In der Geschichte gilt mein größtes Interesse der Englischen Verfassung. 1942 wurde ich konfirmiert und bekannte mich hierdurch zum evangelischem Glauben. Bald darauf übertrug mein Pfarrer mir die Leitung der kleinsten Mädchen im Kindergottesdienst. Mit großer Freude ging ich an meine Aufgabe.

1943 faßte mich das Leben zum ersten Mal hart an. Nachdem meinem Vater Geschäft und Besitz entzogen worden waren, mußte ich die Schule verlassen. Ich blieb vorerst im Haushalt und besuchte daneben die „Berlitz-School", um mich im Englischen zu vervollkommnen. Es freute mich, mehr Zeit für meine Kindergruppe zu haben. In den Kleinen war viel Raum für Schönes und Empfänglichkeit für das Gute. Damals schien auch die Kirche vor „Rasseunterschieden" keinen Halt zu machen. Jedenfalls wurde mir das Amt bei den Kindern entzogen mit der Begründung, daß es den Eltern unerwünscht sei, daß ich ihre Kinder im Glauben unterweise. Da war mir, als ob man mir den Boden unter den Füßen wegzöge.

1944 steckte mich das Arbeitsamt als Hilfsarbeiterin in eine bekannte Kölner Fabrik. Dort arbeitete ich nicht lange, denn noch in diesem Jahr wurde mein Vater verhaftet; Mutter und ich konnten uns nur durch Flucht dieser Zwangsmaßnahme entziehen. Wir wanderten ohne Lebensmittelkarten durch die Eifel und arbeiteten für unser tägliches Brot. Schließlich fanden wir in einem kleinen Ort Unterschlupf und erwarteten die Amerikaner.

Es ist beschämend, daß wir als Deutsche sehnlichst den Tag erwarten mußten, an dem fremde Truppen Deutschland besetzten. Aber sie gaben uns unsere Freiheit und unsere Rechte wieder. Ich wurde als Dolmetscherin eingestellt.

Nach einer Unterbrechung von 2 ½ Jahren kehrte ich Anfang Dezember 1945 zur Kaiserin-Augusta-Schule zurück. Es fiel mir in der ersten Zeit schwer, mich an Schulzucht zu gewöhnen, doch mein Wille, Zahnärztin zu werden, ließ mich alles Ungequeme überwinden. Wenn ich das Abitur erreicht habe, möchte ich Zahnmedizin studieren. Ich glaube diesen Beruf ausfüllen zu können, und ich vertraue, daß mir die Arbeit Freude machen wird. Ich sehe in der Zahnpflege eine Aufgabe für die Allgemeinheit: gesunde und gepflegte Zähne sind für die Ernährung des Menschen von großer Wichtigkeit, und sind auch ein Wert äußerlicher Schönheit. Ich glaube, daß dieser Beruf überdies aussichtsreich ist.