KAS (Köln)

Die Klasse 8a

[Von der Klasse 8a sind im Schularchiv weder die Beurteilungen noch die Lebensläufe überliefert. Auch die Aufstellung der eingereichten Aufsatzthemen konnte nicht aufgefunden werden. Die folgende Aufgabenstellung wurde den Aufsätzen direkt entnommen. Er wurde offenbar on sämtlichen Schülerinnen ausgewählt.]

 

1.) Entspricht die Haltung des Leutnants Siewers meinen Vorstellungen vom deutschen Offizier? (Im Anschluß an Beumelburgs Novelle „Der Feigling“)


Abituraufsatz

Entspricht die Haltung des Leutnants Siewers meinen Vorstellungen vom deutschen Offizier?

(Im Anschluß an Beumelburgs Novelle „Der Feigling".)

Als Leutnant Erich Siewers vom Offizierskursus wieder an die Front kommt und das erste mal vor seinen früheren Kameraden steht, treffen seine Augen mit denen des Pioniers Buschenhagen zusammen. Er ist ein kleiner Kerl, der sehr stramm steht, und seine Augen scheinen zu fragen: „Glaubst Du, daß es sehr schwer ist hier draußen?" Der Leutnant sieht ihn lange an. - In der Nacht erfolgt ein französischer Angriff, und die Kompanie soll am nächsten Morgen zum Gegenstoß vorgehen. - Auf dem Vormarsch steht plötzlich der kleine Buschenhagen vor Siewers. Er ist ganz blaß und sagt: „Herr Leutnant, ich habe ganz vergessen, mich krank zu melden, es geht wirklich nicht; ich kann jetzt nicht mit vor." Siewers sieht ihn groß an und sagt nur: „"Ich kenne das." Aber der Kleine bittet und schreit fast, da wird des Leutnants Gesicht hart, und er gibt zwei Kameraden den Befehl, den Kleinen zwischen sich zu nehmen. Bald kommen sie an einen Übergang, in den der Feind Einsicht hat. Es krepieren einige Granaten, und die Kompanie hat Verluste. Als sich die Leute sammeln, wird Buschenhagen vermißt. Keiner hat etwas von ihm gesehen. Die Truppe erreiche ihre Stellungen. - Bald danach kommen zwei Infanteristen mit Buschenhagen, der schlecht und ganz verändert aussieht. Siewers erhält einen Brief, und er liest, daß der Kleine in einem Bunker gefunden wurde, ganz verstört über seine Krankheit geredet habe, dann aber plötzlich, wie umgewandelt, alles gestanden habe. Siewers liest lange an dem Brief, er scheut sich, dem Kleinen in die Augen zu sehen. Buschenhagen steht stramm, er versucht Z._ sein Verhalten zu erklären; er habe nicht anders gekonnt; seine Worte zwingen Siewers, zu gestehen, daß jeder hier draußen diesen Kampf durchzumachen Zeitformhat . Auch er hat in seinem ersten Gefecht den verwundeten Freund liegen lassen.

Der Kleine bittet um Verzeihung, es liegt ihm viel an Siewers' Verzeihung. - Bis zur Verurteilung vor dem Kriegsgericht soll Buschenhagen noch bei der Truppe bleiben. - Siewers überlegt nun, er will ihm Gelegenheit geben, sich auszuzeichnen. Ein Tank muß erledigt werden, und der Kleine könnte das ausführen. Entscheidend für den Leutnant ist aber, ob er es darf, aber er glaubt, daß er es dem Kleinen gegenüber sogar muß. Er fürchtet nur, daß dem Kleinen etwas zustößt. - Er läßt Buschenhagen kommen und setzt ihm die Sache mit dem Tank auseinander. Er wünscht jetzt fast, daß der Kleine „nein" Zeitformsagt , aber Buschenhagen bittet sofort, den Befehl ausführen zu dürfen. Siewers macht ihn auf die Gefahren aufmerksam und bittet wiederholt Stilfast, daß der Kleine zurückbleibt Aber dieser will es tun; er will sich innerlich rechtfertigen und den anderen zeigen, daß er seine Schwachheit überwunden hat. - Am nächsten Morgen geht Buschenhagen genauerzum Angriff vor . Der Leutnant ist bleich und unruhig, er glaubt nicht, zu häufig „daß"-Sätzedaß Buschenhagen zurückkommt. Gespannt verfolgt er mit Kameraden den Inhalt!Verlauf des Kampfes ; es dauert lange, bis der Tank in Flammen aufgeht. - Siewers wird immer unruhiger; endlich kommt der Kleine aus dem Wald mit strahlenden Augen auf den Graben zugelaufen. Kurz davor bleibt er stehen und wendet sich noch einmal zurück. „Runterkommen!" schreit Siewers, aber im selben Augenblick wird Buschenhagen von einer Kugel getroffen und stürzt dem Leutnant tot in die Arme.

Leutnant Siewers ist noch sehr jung, aber er ist sich der Verantwortung und Pflicht bewußt, die ihm sein Führertum auferlegt. Er weiß, daß das Wichtigste beim Offizier nicht das Befehlen ist, sondern daß _ in erster Linie er selbst seinen Leuten vorleben und so handeln muß, wie er es von ihnen verlangt.

Siewers geht auf jeden seiner Leute ein, und besonders der kleine Buschenhagen fesselt ihn sehr. Er fühlt, daß dieser ihn ganz besonders brauchen wird. Er versteht die Not des Kleinen auf dem Vormarsch nur zu gut, aber er sieht, daß er in diesem Augenblick hart sein muß, und kühl und beherrscht gibt er seine Befehle. Auch, nachdem er sich durchgerungen hat, den Kleinen zu dem Tank zu schicken, zeigt sich seine Beherrschung. Äußerlich ruhig und gefaßt Z._ erwartet er das Kommende.

Als Buschenhagen sein Verhalten erklären will, da kann Siewers in seiner Ehrlichkeit nicht anders, er sagt dem Kleinen, daß auch in ihm dieser innere Feind immer wieder Zeitf.aufkommt und zu bekämpfen ist . In seinem ersten Gefecht hat ihn ein Kamerad an der Hand genommen genauerund zu dem verwundeten Freund zurückgeführt, der tot war . Er sieht das Gesich immer vor sich und noch heute lastet diese Begebenheit schwer auf ihm. „Für mich ist jeder Tag wie der erste", sagt Leutnant Siewers.

Er verhehlt nicht, daß er genau so schwach ist, und durch seine Ehrlichkeit gewinnt er das volle Vertrauen und die Achtung Buschenhagens und seiner Leute, die ihn sehr lieben, weil er ein kluger und gerechter Führer ist. - Gerade, weil er alles selbst durchlebt und durchkämpft hat, kann er seine Leute verstehen und ihnen ein gutes Vorbild sein. Er kann ihnen über die schwachen Stunden hinweghelfen und ihnen den richtigen Weg zeigen, so wie er auch Buschenhagen hilft. Die Verantwortung lastet schwer auf ihm, und er hätte lieber gesehen, wenn Buschenhagen den Befehl nicht ausgeführt hätte, aber er weiß, daß der Kleine nur so zu sich selbst zurückfindet. Das Geschick Buschenhagens geht Siewers sehr nahe, und er nimmt gerne die Last der Verantwortung auf sich, um ihn zu retten.

Leutnant Siewers' Haltung entspricht meinen Vorstellungen vom deutschen Offizier. Er ist nur für seine Leute da und lebt und leidet mit ihnen. Auch der kleine Mann erregt seine Anteilnahme, und er möchte jedem einen Halt geben. Es ist sehr traurig, daß Buschenhagen fällt, aber nicht des Leutnants Schuld, denn er wollte sein Bestes und hat dem Kleinen auch seinen inneren Halt wiedergegeben. -

Inhaltlich gute Arbeit. Sprachlich stellenweise nicht gewandt.

durchaus befriedigend (3 +)

1.III.43