KAS (Köln)

Klasse OI R

Von dieser Klasse konnten bislang lediglich die Lebensläufe der Schülerinnen aufgefunden werden.


Lebenslauf

Am 3.IV.1930 wurde ich in Köln geboren als Tochter des Kaufmannes Jakob L. und seiner Ehefrau Marga L., geb. K..

Von 1936-1940: Besuch der Volksschule in Köln und in Attendorn.

1940: Aufnahmeprüfung am Realgymnasium in Attendorn.

1942: Schulwechsel nach Köln zur Höheren-Mädchen-Schule der Ursulinen.

Von August 1943 - Herbst 1944: im Elsass. Besuch der Oberschule in Mülhausen.

Herbst 1944: als Schülerin der OIIIR nach Gummersbach im Oberbergischen.

Von Ende 1944 bis Herbst 1945: Schulunterbrechung.

Herbst 1945: nach Hersel bei Bonn zur UIIR der Studienanstalt der Ursulinen.

Ostern 1946: eingewiesen in die UIIR der Kaiserin-Augusta-Schule.

Schon sehr früh, von meinem vierten Lebensjahr ab, wurde ich von meinen Eltern auf weite Reisen, nach Frankreich, Belgien, Oesterreich und quer durch Deutschland mitgenommen. Ich mußte mich damit abfinden, dass die Welt sehr groß war und es Menschen gab, deren Sprache ich nicht verstand. Begierig versuchte ich, seltsam klingende französische Worte zu behalten und sie im kindlichen Übermut jedem, der sich mit mir beschäftigte, zu erzählen. So wurde in mir sehr früh der Wunsch lebendig, mich so, wie meine Eltern, auch einmal mit diesen Leuten in der fremden Sprache unterhalten zu können.

Diese Reisen, vereint mit der friedvollen Atmosphäre meines Elternhauses, übten starken Einfluß auf mein junges Leben aus. In meinen Eltern, die mir mit Liebe und Verständnis begegneten, fand ich früh die besten Freunde und Kameraden. Und je älter ich wurde, desto tiefer und inniger wurde das Verstehen. So prägten sich mir Offenheit und Natürlichkeit ein.

Bedeutsam war für mich eine fünfjährige Internatszeit bei den Ursulinen in Attendorn. Unter der liebevollen Obhut der Schwestern ordnete ich mich schnell und leicht unter, und hier lernte ich auch mich, meinen Erzieherinnen und Kameradinnen anzupassen. Das Gemeinschaftsgefühl wurde während dieser Internatszeit stark in mir ausgeprägt, ebenso das der Selbständigkeit. - Soweit der Blick reichte, sahen wir nur Berge und Wälder. Das Gebäude selbst lag einsam auf einer Anhöhe, und unsere Musestunden verbrachten wir fast ausschließlich im Freien. Die Schwestern machten uns aufmerksam auf die Schönheiten der Gegend und die Größe und Mannigfaltigkeit der Natur. Unter der Leitung der Schwestern lernte ich die Schöpfung in ihrem Leben und Weben kennen. Besonders wurde in mir der Blick für die geheimnisvollen Vorgänge in der Natur geschärft, und ich lernte in ihr meine Freude finden, eine Freude, die mir bis heute im Herzen haften geblieben ist. Aber über die Schöpfung vergassen wir nicht den Schöpfer aller Dinge. Starken Eindruck machten auf mich die Erzählungen der Schwestern von der Naturliebe der Heiligen, wie eines Heiligen Franz von Assisi, der mit den Vögeln und Fischen sprechen konnte. Diese Einführung in die Welt Gottes war für mein kindliches Empfinden von größter Bedeutung. Heilige Ehrfurcht vor dem ewigen Gott wurde in mein Herz gepflanzt und eine christliche Weltanschauung fest in mir begründet.

In feiner Weise wußten sowohl Eltern wie die Schwestern in mir jene Seelenhaltung wachzurufen und zu fördern, die sich in ihrer Unzulänglichkeit vor dem Schöpfer bewußt ist. Es fiel mir daher leicht, mich ärmeren Kindern anzuschließen und ihnen eine gute Gespielin zu sein. Schweren Herzens schied ich von dieser Stätte, wo ich eine glückliche und sorglose Kindheit verlebt hatte. Aus dem Frieden dieser ruhigen Welt, wurde ich durch die furchtbaren Kriegsereignisse herausgerissen. Mein Vater wurde zum Kriegsdienst einberufen. Um so mehr schloß ich mich nun meiner Mutter an, mit der ich alle Sorgen und Nöten des Krieges teilte und der ich tapfer zur Seite stand. Besonders stark war ich erschüttert, als wir nach einem Bombenangriff, der unser Haus in Schutt und Asche legte, vor dem Nichts standen. Wir verließen diese Stätte des Grauens und fanden Zuflucht im schönen Elsass, wo ich in Mülhausen die Höhere Schule besuchte. Wie glücklich war ich, wenn ich am Wochenende zu meinen Eltern fahren konnte. Meine Mutter wohnte auf einer kleinen Rheininsel kurz vor Basel, in nächster Nähe der Batterie, die mein Vater auf dieser Insel befehligte. Hier war für mich ein kleines Paradies, da es auf dieser Insel eine Fülle von Wild und Vögeln und seltsame Pflanzen gab. Dort war einsame und unberührte Natur, wie ich sie schon früher erleben durfte. Doch gesellte sich nun zu der Bewunderung und Ehrfurcht ein Gefühl der Romantik, bestärkt durch den fühlbaren Unterschied zwischen der friedlichen Ruhe und der Unrast des Krieges. Wenige Kilometer entfernt, jenseits der deutsch-schweizerischen Grenze, erstrahlte in den Abendstunden Basel in seiner Lichterfülle, doch wir lagen im Dunkel, umgeben von Ungewißheit und Not.

Auf Grund meiner Anpassungsfähigkeit wurde ich schnell mit den jungen Elsässerinnen gut befreundet, denn ich konnte ihnen vieles von meinen Reisen, Naturerlebnissen und grauenvollen Angriffen auf meine Vaterstadt erzählen. Oft nahmen mich meine neugefundenen Freundinnen mit in entlegenste Vogesendörfer. Dort lebten sie inmitten ihrer Sippe und im Schutz und Frieden ihrer kleinen Dorfgemeinde. Ich lernte diese oft verschlossenen Menschen verstehen und achten. Besonders zog mich ihre Feinheit und Höflichkeit an, die wohl charakteristisch für das elsässische Volk ist. So begegnete ich Menschen von verschiedenster Art und Lebensgepflogenheiten und erwarb mir dadurch Menschenkenntnis.

Der Schulunterricht in Mülhausen machte mir sehr viel Freude, da dort großes Gewicht auf naturwissenschaftliche Fächer gelegt wurde.

Sehr hart traf mich 1944 die Nachricht von dem Heldentot meines Vaters. Bis heute habe ich diesen Schmerz noch nicht verwunden.

Die Kriegsereignisse zwangen uns nun, das Elsass zu verlassen, und ich fand mit meiner Mutter eine Zuflucht im Oberbergischen, wo wir unter den primitivsten Verhältnissen leben mußten. Aber auch hier konnte ich mich, nach all meinen früheren Erlebnissen, gut eingewöhnen.

Nach Kriegsende zog ich mit meiner Mutter wieder nach Köln. Mit meiner ganzen Kraft und unter den größten Entbehrungen half ich ihr ein neues Heim wieder aufbauen. Langsam wich der Druck des Krieges, und ich hatte die Freude, wieder mit lieben alten Bekannten zusammen zu sein. Es wurde wieder gescherzt und gelacht, gelesen und musiziert. Bald fand ich Aufnahme im Internat und der Oberschule der Ursulinen in Hersel. Meinem Alter entsprechend, leiteten mich nun meine Lehrerinnen an, mich mit Geschichte und Literatur, Musik und schönen Künsten zu beschäftigen. In diesem ernsten Studium gelang es mir sogar, die Obertertia zu überspringen und nach UII versetzt zu werden. In den wenigen freien Stunden, die uns blieben, widmete ich mich begeistert dem Sport. Das war ein schöner und gesunder Ausgleich, den uns die Schwestern für die rein geistigen Fächer schafften.

Inzwischen war unser Haus in Köln soweit instandgesetzt, dass wir es beziehen konnten. Nun war ich wieder mit meiner Mutter zusammen und konnte in Köln selbst wieder eine Schule besuchen. Meine Wahl fiel auf die Kaiserin-Augusta-Schule. Hier fesselte mich, angeregt durch literarische Abende in unserer Familie, der Deutschunterricht. Ich lernte in der Vorbereitung meiner Aufsätze klar zu disponieren, logisch zu denken, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden und so ein gegebenes Thema klar zu erfassen und durch zu arbeiten. An den Fremdsprachen, Latein, Französisch und Englisch fand ich insofern grossen Gefallen, als ich die Schärfe der Logik in der Sprache der Römer, die Leichtigkeit und Beweglichkeit in der Sprache Frankreichs, die geschäftliche Kürze in der Sprache Britanniens zu bewundern und zu schätzen verstand. Was ich in meinem bisherigen Leben und Schulbesuch an Wissen und Erfahrung gesammelt hatte, verstanden an der Kaiserin-Augusta-Schule die Lehrer zu weiten und zu vertiefen. Vor allen Dingen gefiel mir das kameradschaftliche Verhältnis zwischen Lehrer und Schülerinnen, wodurch wir zur Offenheit und Ehrlichkeit angeregt wurden. Ich lernte vor allem, an mir selbst zu arbeiten, Schwierigkeiten nicht aus dem Wege zu gehen, sondern sie zu überwinden und zu meistern.

Aus der besonderen Liebe, die ich für Kinder empfand, wählte ich mir schon mit vierzehn Jahren den Beruf einer Kinderärztin. Leider wird mir jedoch, aus wirtschaftlichen Gründen, das Studium nicht möglich sein. So möchte ich anschließend an das Abitur die Hotelfachschule besuchen, um eine leitende Stelle in einem Hotel, wenn möglich im Ausland, übernehmen zu können.