KAS (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz des Sonderlehrgangs A

1.) Erinnerung an ...

2.) Wie verwirklicht Michael in Wiecherts „Hirtennovelle“ das Wort Carossas „Im engsten Kreise wag’s, dich reich zu leben“?

3.) Nicht der ist auf der Welt verwaist,
dem Vater und Mutter gestorben,
sondern wer für Herz und Geist
keine Lieb’ und kein Wissen erworben.
(Rückert)


Lebenslauf

Am 30. Januar des Jahres 1927 kam ich als erstes Kind des Kaufmannes Fritz S. und seiner Ehefrau Maria, geborene G. zur Welt. Ich wurde auf die Namen Margarethe Ottilie getauft.

Meine Kindheit spielte sich im engen Bereich des elterlichen Hauses ab, sodaß ich mit Kindern meines Alters gar nicht zusammenkam. Wegen meiner zarten Gesundheit kam ich erst 1934 zur Schule. Nicht der Unterricht beeindruckte mich am stärksten, sondern die Gemeinschaft mit den vielen gleichaltrigen Kindern. Scheu und Befangenheit wichen sehr bald, und ich ging recht gerne zur Schule. Nach vier Jahren schickten meine Eltern mich zur privaten Oberschule der Ursulinen in Köln. Der Krieg brach aus. Das sorgenvolle Gesicht meines Vaters und die Tränen meiner Mutter konnte ich nicht begreifen. Wie sollte ich in meiner kindlichen Unwissenheit das furchtbare Unglück ahnen, das der Krieg den Menschen bringt! Ich empfand es schmerzlich, daß die Ursulinenschule geschlossen wurde; denn ich liebte sie trotz oder wegen ihrer Strenge, ihrer straffen Zucht und ihrer alten Tradition. Ich wurde Schülerin der Städtischen Oberschule Machabäerstraße.

Als ich dreizehn Jahre alt war, wurde meinen Eltern eine zweite Tochter geboren. Ich konnte mich nur schwer an meine Schwester gewöhnen. Erst als die größer wurde, gewann ich sie lieb, und heute könnte ich mir ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen.

Nachdem das Lebenswerk meines Vaters, sein Geschäft, einem Luftangriff zum Opfer gefallen war, hielt meine Eltern nichts mehr in Köln. Sie zogen mit meiner Schwester aufs Land, und ich nahm an der Verlegung der Schule in ein weniger gefährdetes Gebiet teil. Ein Jahr verbrachte ich in enger Gemeinschaft mit meinen Lehrern und Kameradinnen in Bansin auf der Insel Usedom, und dieses Jahr wird immer zu meinen schönsten Erinnerungen zählen. Vor allem hatte diese Zeit für mich eine erzieherische Bedeutung. Als einziges Kind hatte ich nie gelernt, meine Wünsche denen anderer unterzuordnen, was ich nun lernte und was mir zu Beginn schwer fiel.

Das Kriegsende erlebte ich in Kellenhusen in Holstein. Die Zeit der entsetzlichen Ungewißheit um das Schicksal meiner Angehörigen begann. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich große Sorgen. Diese bangen Wochen des Wartens waren eine Zeit der Besinnung für mich. Immer wieder tauchte der Tag des Kriegsausbruchs vor mir auf. Jetzt verstand ich den Kummer meiner Eltern, wenn ich das unermeßliche Elend bedachte, das der Krieg unserm Volk und Land gebracht hatte. In der langen Zeit der völligen Abgeschiedenheit lernte ich, wie viel mir Eltern, Schwester und Heimat bedeuteten.

Ich erhielt gute Nachricht von Hause und kehrte bald mit meiner Schule wieder zurück. Von Herbst bis Ostern besuchte ich die Studienanstalt in Siegburg, und erst zum Beginn des Sonderkursus kam ich nach Köln. Ich fühlte mich so verwurzelt mit meiner früheren Schule, die leider nicht mehr bestand, daß ich mich der Kaiserin Augusta-Schule nur allmählich zugehörig fühlte.

Nun stehe ich vor dem wichtigsten Ereignis meines bisherigen Lebens, vor dem Abitur. Bei dem Gedanken, die Schule so bald zu verlassen, packt mich ein Gefühl der Wehmut, denn sie war mir nach meinem Zuhause das liebste. Ich empfinde eine tiefe Dankbarkeit gegen sie, denn sie hat mich nächst meinen Eltern zu einem - so hoffe ich - brauchbaren und lebenstüchtigen Menschen geformt.

Ich stehe vor der bedeutungsvollen Frage nach meinem Beruf. Meine Mutter gab mir einen realen Sinn mit auf den Lebensweg, während ich von meinem Vater die große Liebe zur Natur und zur Biologie erbte. Er weckte schon früh mein Interesse für Pflanzen und Tiere. In der Schule wurden Biologie und Chemie meine Lieblingsfächer. Der Apothekerberuf bietet mir die Möglichkeit, mich dauernd mit den Dingen zu beschäftigen, denen bisher nur meine Freizeit gehörte.