DKG (Köln)

Gesamtbeurteilung der Oberprima 1952

Klassencharakteristik

Die OI 1951/52 hat normales Durchschnittsalter. Alle Schüler sind katholisch, doch sind sie sehr verschiedenartig nach ihrer sozialen Herkunft, ihrer inneren Haltung und ihren geistigen Interessen. Auch aus Gründen, die durch die Verhältnisse der Schule bedingt sind, war es für die Klasse schwer, sich innerlich zusammenzuschliessen: Die Obersekunda ist aus zwei Klassen gebildet worden, die sich erst angleichen mussten. Dazu kommt ein häufiger Lehrerwechsel (infolge Versetzung) noch bis ins letzte Schuljahr hinein. Aus diesem Grunde musste sogar der Ordinarius, der Latein und Griechischunterricht in der Klasse erteilte, noch im Oktober dieses Jahres gewechselt werden. Im Laufe des letzten Jahres hat sich eine selbstverständlichere Lebensgemeinschaft gebildet, wie das unter anderem die Italienfahrt, die noch unter der Leitung des damaligen Klassenlehrers Prof.Dr. Bömer stattfand, zum Erlebnis brachte.

Charakteristisch für die Klasse ist die Neigung und Fähigkeit, Gemeinschaft darzustellen und zu repräsentieren, was sich in besonderen feierlichen Stunden und in einer Freude am Festefeiern zeigt, während die Zusammengehörigkeit im Alltag nicht so stark gelebt wird.

Es bleibt bestehen, dass die vorwiegend naturwissenschaftlich, politisch und sportlich Interessierten neben den mehr philosophisch und geisteswissenschaftlich gerichteten in ihren Gegensätzen besonders ausgeprägt sind. Dem entspricht, dass auch im Unterricht eine stete, sich einfühlende und zuverlässige Mitarbeit zurücktritt vor der Neigung, den Sonderinteressen nachzugeben. Die geistigen Leistungen der Klasse bleiben im Rahmen des Ueblichen. Dabei kann man nicht sagen, dass die Schüler geistig zu genügsam sind: Sie stehen allem, auch der Schule, wach und kritisch, fast fordernd gegenüber, so dass wir manchmal versucht waren, sie als etwas überheblich zu empfinden; aber sie haben doch zugleich dabei einen Sinn für echte Werte und Leistungen.

Man darf wohl erwarten, dass nach dem Abitur die einzelnen im Leben durchaus ihren Mann stehn und unserer Schule Ehre machen werden.

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1952

1.) Wie ist Josef Bernharts Wort zu verstehen: „Was den Zeiten nottut, ist das Unzeitgemäße“?

2.) Dürers Selbstbildnis von 1506 ist mit dem Selbstbildnis Rembrandts von 1663 nach Form und Gehalt zu vergleichen.

3.) Wie kann auch die Jugend zum Weltfrieden beitragen?


Bewertung

Schüler S., Wilfried

Er ist mit einer kriegsbedingten Unterbrechung von 1 Jahr seit Herbst 1940 Schüler unserer Anstalt.

S. ist ein zuverlässiger, fleissiger Schüler, anständig und willig mit einer heiteren, gleichmässig freundlichen Natur und einem Sinn für Schönheit und Harmonie. Er arbeitet sauber und ordentlich, wenn auch sein Gedankenleben noch reicher und tiefer sein könnte.

Seit fünf Jahren hat er sich eifrig und mit Erfolg in der neudeutschen Gruppe des Tricoronatum betätigt. Es war allerdings schwer für ihn bei seiner nur ausreichenden Begabung, die Arbeit für Schule und Gruppe zugleich zu bewältigen.

S. will Architekt werden.

Lebenslauf

Hiermit bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung im Ostertermin 1952.

Ich bin als Sohn des Verwaltungsangestellten Nikolaus S. und seiner Ehefrau Aenne S. geb. A. am 2. Oktober 1930 in Köln geboren und röm. kath. getauft.

In meiner Kindheit wuchs ich im Kreise meiner Eltern heran und trat mit 6 ½ Jahren Ostern 1937 in die Volksschule Köln-Zollstock, Vorgebirgsstraße 186, ein, die ich 4 ½ Jahre besuchte, bis ich im Herbst 1941 in die Sexta des Staatlichen Dreikönigsgymnasiums aufgenommen wurde, zu dessen Abiturientenjahrgang 1920 mein Vater gehört. Die Luftangriffe führten zu einer oftmaligen Störung des Unterrichts und beeinträchtigten mit ihren Folgen den Fortgang meiner Ausbildung sehr. Nach der fast vollständigen Auflösung des Schulunterrichts in Köln nahm ich noch im Herbst 1944 zwei Monate an dem Unterricht in Mistroy auf der Insel Wollin/Ostsee teil, der für die unteren Klassen damals im Zuge der Kinderlandverschickung dorthin verlegt wurde. In der darauffolgenden Evakuierung der ganzen Familie nach dem Sauerland besuchte ich von Januar bis März 1945 als Gastschüler das Realgymnasium zu Attendorn, auf dem ich die Grundkenntnisse der englischen Sprache erwarb. Nach Kriegsende kehrte ich mit meinen Eltern und meiner Schwester wieder nach Köln zurück, so daß ich nach der Wiedereröffnung des Dreikönigsgymnasiums im Herbst 1945 mein Studium von U III bis O I durchgehend fortsetzen konnte. - Vielleicht ist noch zu erwähnen, daß ich durch meine Einstufung in die Volksschule mit erst 6 ½ Jahren, durch die kriegsbedingte Unterbrechung und durch den zweimaligen Wechsel des Schulbeginns 2 ½ Jahre später mit meiner Ausbildung fertig werde.

Während meiner Gymnasialzeit habe ich durch die griechische und lateinische Lektüre einen Einblick in die antike Literatur- und Geistesgeschichte bekommen. Besonders beschäftigte ich mich mit dem Verhältnis Gott und Mensch bei Homer und den Tragödiendichtern. Ich interessiere mich sehr für das antike Kunstschaffen in der Plastik und der Baukunst. Mein Wissen um diese Kunst konnte ich auf zwei Romfahrten durch meine unmittelbare Begegnung mit den Werken erweitern und vertiefen. Eng damit zusammen hängt meine Liebe zur deutschen Kunst, insbesondere zur Baukunst der Romanik, der Gotik und des Barocks. Mein Verständnis hierfür glaube ich durch das Studium der einschlägigen Literatur und durch die Besichtigung der Kunstwerke an Ort und Stelle gewonnen und bereichert zu haben. Durch ein Theaterabonnement meiner Eltern besuche ich schon seit Jahren die mich interessierenden Darbietungen der Kölner Bühnen und, soweit es möglich ist, auch Konzerte, Ausstellungen und Vorträge, um mich mit der bildenden Kunst vertraut zu machen.

Neben der Beschäftigung mit der Kunst widmete ich mich besonders der Jugendarbeit innerhalb der katholischen Jugendbewegung. Seit dem Jahre 1946 gehöre ich dem Bund Neudeutschland, einer Vereinigung katholischer Schüler höherer Lehranstalten, an und arbeitete in der Gruppe Tricoronatum mit. Dem Bund Neudeutschland verdanke ich, daß ich in einen Kreis gleichgesinnter Jungen hineinkam und Kameradschaft lernte, daß ich dem guten Lied begegnete und mich für die Liturgie begeisterte, daß ich meine engere und weitere Heimat lieben lernte, die ich auf Fahrten und in Lagern kennengelernt habe. Ich öffnete mich den natürlichen Werten eines Jungenlebens und den übernatürlichen Werten, die mir durch die enge Verbindung mit der Kirche zuteil wurden. Seit 1947 durfte ich selber als Fähnleinführer Jungen leiten und später sogar die ganze Gruppe des Dreikönigsgymnasiums. Diese Arbeit war mir innere Bereicherung, die mir half, meinen eigenen Charakter weiter zu festigen, und heilige Verpflichtung, anderen Jungen in mancherlei Hinsicht beistehen zu können, soweit es in meinen Kräften lag.

Wenn ich das Gymnasium verlasse, ist es mein Wunsch, da ich schon immer eine Neigung zur Baukunst hatte, einmal Architekt zu werden. Um dieses Berufsziel zu erreichen, habe ich vor, zwei Jahre praktisch im Bauhandwerk zu arbeiten und danach fünf Semester auf der Staatsbauschule in Köln-Nippes zu studieren.

Abituraufsatz

Wie kann auch die Jugend zum Weltfrieden beitragen?

Betrachtet man die heutige Weltlage, so ist man versucht, auf den ersten Blick zu sagen, daß es schlimm mit dem Frieden unter den Völkern bestellt ist. Es sind noch keine sieben Jahre her, seitdem der letzte Weltkrieg beendet wurde. Schon lodern heute wieder die Kriegsfackeln in Korea, Persien, Ägypten und an noch manchen anderen Brandherden der Welt auf. Wo ist da der Weltfriede? Wo Friede, da Einheit. Die Welt ist aber heute in einen West- und einen Ostblock gespalten. Beide Seiten schreiben zwar den Frieden groß auf ihre Fahnen und bemühen sich anscheinend sehr um einen Weltfrieden. Man beruft Weltfriedenskonferenzen ein und versucht, auf allen möglichen Wegen zu einer friedvollen Einigung der Völker zu gelangen. Aber es scheint so, daß man dem Weltfrieden kaum einen Schritt näher gekommen ist, daß vielmehr das Gespenst eines dritten Weltkriegs drohend heraufsteigt. Es gibt aber auch Strömungen, die sich trotz vieler Schwierigkeiten um einen echten Weltfrieden bemühen, sei Z. es, daßes_daß man ihn auf R.politisch_wirtschaftlicher Fr. GrundlageBasis eines geeinten Europas und eines Atlantikpaktes, in einer Weltregierung oder auch auf R.kulturell_religiöser Grundlage einer Kulturgemeinschaft, einer Pax Christi Bewegung sucht.

Hierin sieht man schon, daß es ein Urdrang der Menschen ist, endlich einmal in Frieden leben zu können. Füllwörter ( )Und wie kann auch nun gerade die Jugend A. zur Verwirklichung dieses Wunsches beitragenzu dem Wunsch aller Menschen nach einem Weltfrieden beitragen?

Wenn einer etwas dazu W. tunbeitragen kann, den Haß unter den Völkern, der durch den Krieg entstanden ist, zu mildern und zu beseitigen, dann ist es gerade die Jugend, die dazu berufen ist. Gelingt es ihr doch am schnellsten, die Brücke der Freundschaft zum Nächsten zu schlagen und eine Verständigung mit dem anderen herbeizuführen, Gd.; handelt es sich in beiden Fällen um [...?..]wofür Staatsmänner und Politiker an ihren Konferenztischen manchmal sehr lange brauchen. Die Jugend setzt sich auch viel schneller über äußere Schranken, wie die der Nationalität, der Partei und der Religionszugehörigkeit hinweg und stößt in erster Linie zu dem Menschen durch. Wie erfreulich gestaltete sich doch bei der Studienfahrt unserer Klasse nach Italien das Zusammentreffen mit italienischen Jungen. Alle Hemmungen waren gefallen, als wir im trauten Kreise miteinander aufgeschlossen plauderten und diskutierten. Wir haben so das tiefere Wesen des Italieners verstehen gelernt, weil über Ländergrenzen hinweg der Mensch dem Menschen begegnete, und manche Verbindung besteht noch in einem fleißigen Briefwechsel weiter.

Aber nicht nur ein gegenseitiges Verstehen- und Kennenlernen, wie es in Auslandsfahrten und Zeltlagern - dafür sei als Beispiel auf das internationale Jugendtreffen auf der Loreley hingewiesen - fördert den Weltfrieden, sondern auch das Zusammenarbeiten der Jugendlichen für dieses Ziel ist ein weiterer Schritt. „Die Weltjugendherberge des Friedens" in Köln, an Gr. derenderem Aufbau Jugendliche von vielen Staaten und Erdteilen in aufopferungsvoller Mitarbeit beteiligt waren, ist ein sichtbares Zeichen der Zusammenarbeit der friedliebenden Jugend der Welt.

Wie schon gesagt, gibt es viele Strömungen, die versuchen, auf irgendeiner Grundlage den Weltfrieden zu erlangen. Ich glaube, es wird solange nur ein Versuch und ein Bruchstück bleiben, bis dieses Streben nach dem Frieden Gd.nicht aus einer christlichen Haltung heraus kommt. Und dieser Friede ist in Christus gegründet. Er sagte selbst einmal zu seinen Aposteln: „Den Frieden hinterlasse ich R. euchEuch, meinen Frieden gebe ich Euch ." Und in der Friedensbitte der Kirche heißt es: „... schenke ihr (der Kirche) huldvoll Friede und Eintracht, wie es Deinem Willen entspricht." Was ist aber das für ein Friede? Es ist der Frieden, den die Welt nicht geben kann, sondern der nur durch Christi Tod der Welt gebracht wurde. Dieser Friede Christi ist die Geborgenheit in Gott, die wir wiedererlangt haben durch die Erlösung des Menschengeschlechtes in dem Kreuzestod Christi. Wie aber kann auch die Jugend zu [......?....]Welche Beziehg. besteht zwischen diesem Frieden und dem im Thema genannten?diesem Frieden beitragen?

Wenn sie es tun kann, dann nur dadurch, daß sie aus dem christlichen Glauben heraus lebt, an die Offenbarung Gottes glaubt, auf ein ewiges Leben hofft und zu der Liebe zu Gott vorstößt, die der Liebe zu den Menschen gleich ist. Wo aber Liebe, da ist Frieden. Das ist die neue Botschaft, die Christus uns gebracht hat: „Liebet einander!" Gerade die Jugend von heute, von der man sagt, daß sie von Gott und seiner Botschaft weit abgerückt und dem Materialismus ziemlich stark verfallen sei, hat darin ihre Aufgabe zu suchen, um zum Weltfrieden beitragen zu können, daß sie sich wieder auf die christlichen Werte besinnt und glaubensstark wird.

Die Aufgabe des einzelnen Jugendlichen ist es, zuerst einmal in seinem eigenen Herzen Frieden zu schaffen, indem er all das, was ( )zu einer engen Verbindung mit Gott und den Mitmenschen im Wege steht, wegräumt und Fr. seine Eigensuchtseinen eigenen Egoismus zu Gunsten der Nächstenliebe aufgibt. Erst wenn der Einzelne den Frieden in sich gefunden hat, kann er ( )erst segensreich und auf die ( )anderen Gemeinschaften, denen er angehört, wirken. Sei es in der Familie durch eine echte Eltern- und Geschwisterliebe, in der Schulgemeinschaft durch ein Anerkennen der Persönlichkeit des anderen, in einer Jugendgruppe oder sei es sonst in irgendeiner Gemeinschaft. Stets soll das Gebot: „Liebet einander" an erster Stelle stehen. So kann auch ein Volk, das ja auf dem R. einzelnenEinzelnen und den Gemeinschaften R. einzelnerEinzelner miteinander aufbaut, nur zum Weltfrieden beitragen, wenn der Träger des Volkes oder des Staates, nämlich der einzelne Mensch selbst, in sich Frieden hat. Und gerade der Jugendliche sollte dort, wo er auch immer W. wo immer er auch seine Stelle hatstehen mag, seinen Mann stehen und einen ehrlichen Friedenswillen in sich verkörpern.

Um es am Schluß nochmals zu sagen: Die Jugend kann nur zum wahren Weltfrieden beitragen, indem sie ihre Sendung auf Christi Gebot: „Liebet einander" gründet. Denn er ist es, der den ängstlichen Aposteln sagte: „Friede sei mit Euch!"

Die Arbeit ist flüssig und in frischem Ton geschrieben. Die Gedanken sind klar gegliedert und folgerichtig entwickelt. Allerdings hätten einzelne Punkte noch eindringlicher behandelt werden können (z.B. die Zusammenarbeit der Jugendlichen).

Im ganzen darf man die Arbeit als

Befriedigend

bezeichnen.

Die Klassenleistungen waren voll ausreichend.

Köln, den 12. Februar 1952