DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz des Sonderlehrgangs A

1.) Gehalt und Gestalt des Trauerspiels „Kabale und Liebe“ von Schiller.

2.) „Alle menschlichen Gebrechen ... Sühnet reine Menschlichkeit.“ Das Geleitwort Goethes zur „Iphigenie“ ein Mahnwort an unsere Zeit.

3.) „So hast Du es bestimmt, o Gott, daß jeder ungeordnete Geist sich selbst zur Strafe wird.“   Augustinus.

4.) Eine vergleichende Bildbetrachtung. Fritz Boehle „Junger Ritter“ und „Der heilige Georg“.


Beurteilung

19 Jahre. Mittelgroß, zierlich gebaut, aber gesund und leistungsfähig.

Vater Rechtsanwalt und Gutsbesitzer. Ein jüngerer Bruder und zwei Schwestern.

L. hat das Dreikönigsgymnasium nach dreijähriger Volksschulvorbildung von 1937 bis 1943 ungestört besucht und war dann mit seinen Klassenkameraden bis Ende 1944 LWH und anschließend 8 Wochen RAD-Mann. Anfang 1945 aus dem RAD entlassen, erlebte er am 25.2.45 den Einmarsch der Amerikaner in sein elterliches Gut in der Westeifel. Bis zum Beginn des Lehrgangs war er dort in der Landwirtschaft tätig.

Lenz hat bei normaler Denkfähigkeit und lebhafter Auffassungsgabe im Elternhause, in der Stadt und auf dem Lande, vielseitige Anregung erfahren. Er ist gewandt und gewinnend im Umgang. Seine Neigung wie auch seine Anlagen dürften ihn nicht so sehr auf eine wissenschaftliche Betätigung als auf die Lösung praktischer Lebensaufgaben verweisen. Sein Interesse, offenbar vom Vater geweckt und gepflegt, gilt besonders der Rechtspflege.

Seine Fähigkeit, frei und gewandt zu sprechen, stimmt zu seiner Absicht, Rechtsanwalt zu werden.

Lebenslauf

In der alten Römerstadt Trier bin ich am 12. Januar 1927 als Sohn des Rechtsanwaltes Dr. Hubert L. und seiner Frau Anneliese, geborene G., geboren. Ich gehöre dem katholischen Bekenntnis an. Mein Vater war damals Rechtsanwalt in Trier. 1930 zogen wir nach Köln, wo mein Vater als Rechtsanwalt beim Oberlandesgericht zugelassen wurde. Seit Ostern 1934 besuchte ich die Volksschule und kam 1937 auf das Dreikönigsgymnasium. Nach glattem Aufstieg bis zur 6. Klasse wurde ich am 15. Februar 1943 Luftwaffenhelfer, zunächst bei einer Scheinwerfereinheit und später bei leichter Flak. Ende 1944 war ich 8 Wochen beim Arbeitsdienst und wurde Anfang 1945 auf unseren Hof in der Westeifel entlassen. Hier erlebte ich am 25. Februar 1945 den Einmarsch der Amerikaner. Als ich dann von der Möglichkeit erfuhr, weiter die Schule besuchen zu können, kehrte ich Ende November nach Köln zurück und nehme seit dem 2. Dezember 1945 an dem Kursus A des Dreikönigsgymnasiums teil.

Für meine Entwicklung war zunächst die enge Verwurzelung mit meiner Heimat von Bedeutung. Wie in meiner frühen Jugend so zieht es mich auch jetzt noch mit Liebe und Ehrfurcht zu meiner Geburtsstadt Trier. Die gewaltigen Zeugen römischer Vergangenheit und die muntere Aufgeschlossenheit der Moselbevölkerung wirken immer erneut auf mich ein. Aus den wilden Bergen der Hocheifel stammen seit alter Zeit die Ahnen meines Vaters. Hier lernte ich den stolzen und aufrechten, im Kampf um das tägliche Brot abgehärteten Eifelbauern kennen und verstehen.

Im Elternhaus verdanke ich sodann meinem Vater die Einsicht in politische und Rechtsverhältnisse. Meine Mutter weckte in mir daselbe Verständnis für die feinen Empfindungen religiösen Lebens, für Kunst und Literatur.

In der Schule zog mich besonders der Deutsch- und Geschichtsunterricht an. Der Unterricht unseres Geschichtslehrers weckte in mir Verehrung und Liebe zu den großen Ahnen unseres Volkes. Aber auch für die Antike, für die großen Politiker und Feldherren Roms und für die Philosophen und Wissenschaftler Athens konnte ich mich stets begeistern. Im Deutschen stand für mich immer der leidenschaftliche, freiheitsliebende Idealist Schiller im Vordergrund.

Ferien und Kriegserlebnisse haben ferner entscheidende Eindrücke bei mir hinterlassen. In den Ferien, die ich meistens auf dem elterlichen Hof verlebte, kam mir auf weiten Ritten durch die einsamen Wälder und Täler die Schönheit der Natur erst klar zu Bewußtsein. Schon mit zwölf Jahren lernte ich reiten und bis heute ist Reiten und Jagen mir eine liebe Betätigung. Auf Fahrt und im Lager, aber besonders als Luftwaffenhelfer, lernte ich wahre Kameradschaft und treue Freundschaft schätzen.

Seit der größeren Fliegergefahr und seitdem unsere Wohnung 1943 unbrauchbar geworden war, verlegten meine Eltern und Geschwister ihre Wohnung in die Eifel. Ab September 1944 wurde das nur 60 Einwohner zählende und dicht am Westwall liegende Dorf in das Kriegsgeschehen eingezogen. Als ich Anfang 1945 nach Hause kam, war alles überfüllt mit Soldaten und Verwundeten und wir lagen fast dauernd unter Artilleriefeuer. Durch die sich immer näher heranschiebende Front, den gesteigerten Artilleriebeschuß und die fast täglichen Jabo-Angriffe wurden die Nerven aufs äußerste gespannt. Fast täglich rechnete ich mit meiner Einberufung, da ich mich schon 1943 freiwillig zur berittenen Truppe gemeldet hatte. Aber durch die häufigen Großangriffe auf die linksrheinischen Verbindungswege war die Postübermittlung wahrscheinlich nicht mehr möglich. Nachdem wir schon 14 Tage bis auf einen schmalen Durchschlupf bei Bitburg eingekesselt waren, eroberten am 15. Februar amerikanische Panzertruppen Oberraden. Grauenhafte Zerstörungen hinterlassend war die Geißel des Krieges jetzt glücklich über uns hinweggezogen. In der Folgezeit mußte ich mit meinem Bruder allein die landwirtschaftlichen Arbeiten ausführen. Als im November in Köln die Schulen wieder eröffnen sollten, zogen mein Bruder und ich in die notdürftig wiederhergestellte Wohnung zurück.

Nach bestandener Prüfung beabsichtige ich mich dem Studium der Rechte zuzuwenden. Hierfür bestimmt mich mancherlei in meiner Entwicklung.

Wie meine Mutter erzählt, hatte ich schon in der Jugend einen stark ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Später durfte ich auf meine Bitten hin hie und da Gerichtsverhandlungen beiwohnen, und es hat mich stets tief ergriffen, wenn ich glaubte es geschehe jemand Unrecht. Im 3. Kriegsjahr ging ein langersehnter Wunsch für mich in Erfüllung, ich durfte mit meinem Vater zum Volksgerichtshof in Wuppertal fahren, vor dem 20 belgische Studenten der Sabotage angeklagt waren. Hier kam mir zum ersten Mal klar zum Bewußtsein, wovon mein Vater schon häufiger gesprochen hatte: daß oftmals das wahre Recht durch die Willkür einiger Männer gebeugt wird, und in diesen Stunden reifte in mir der Entschluß Jurist zu werden und als Mann mitzuhelfen an dem Wiederaufbau des wahren Rechtes.