DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz des Sonderlehrgangs A

1.) Gehalt und Gestalt des Trauerspiels „Kabale und Liebe“ von Schiller.

2.) „Alle menschlichen Gebrechen ... Sühnet reine Menschlichkeit.“ Das Geleitwort Goethes zur „Iphigenie“ ein Mahnwort an unsere Zeit.

3.) „So hast Du es bestimmt, o Gott, daß jeder ungeordnete Geist sich selbst zur Strafe wird.“   Augustinus.

4.) Eine vergleichende Bildbetrachtung. Fritz Boehle „Junger Ritter“ und „Der heilige Georg“.


Beurteilung

20 Jahre. Mittelgroß, nicht gerade kräftig, aber gesund. Sein Vater hatte Kunstmaler werden wollen, wurde später Dolmetscher und Korrespondent. Mutter 1941 gestorben, eine jüngere Schwester. Sehr bescheidene, zeitweise dürftige Verhältnisse. Trotzdem hat der gut beanlagte, junge Mann eine sorgfältige, von tiefer Religiosität und rührender Liebe getragene Erziehung genossen, die seinen Sinn auf geistige Werte ausgerichtet hat. Er ist als pflichteifriger, erfolgreicher Schüler bei uns aufgewachsen. Die Gemeinschaftspflege in der Pfarrjugend war und ist seine liebste Erholung. Am 15.2.1943 wurde er mit seiner Klasse als LWH eingezogen. Bis Februar 1944 konnte das Gymnasium den Unterricht mit Einschränkung noch fortsetzen. Seit seiner Einziehung zum RAD und zur Wehrmacht (21.6.44) hat er dann bis zu seiner Entlassung aus der Gefangenschaft am 30.9.45 keinen Schulunterricht gehabt. Trotzdem sind seine Leistungen erfreulich.

Er beabsichtigt, alte Sprachen zu studieren, wozu er durchaus begabt und vorbereitet ist.

Lebenslauf

Am 28. Januar 1926 schenkten meine Eltern mir zu Köln-Deutz unter ziemlich dürftigen Verhältnissen das Leben. Mein Vater ist aus Saarbrücken gebürtig; ein Liebhaber der Kunst, hatte er sich in der Jugend selbst mit Zeichnen und Malen beschäftigt und eine Zeitlang die Kunstakademie in Düsseldorf besucht, dann aber hatten ihn die Verhältnisse gezwungen, sich mit Hilfe reicher geistiger Fähigkeiten, besonders durch die Kenntnisse in vier neuen Sprachen, sein Brot zu verdienen. Beides, die Liebe zur Kunst und das Interesse an den Sprachwissenschaften, hat er mir weitervererbt, und für dieses herrliche Geschenk bin ich ihm unendlich dankbar. Meine Mutter stammte von Diez an der Lahn, und wenn ich meinen Vater den Geist unserer Familie nennen darf, so war sie in ihrem ganzen Wesen das Herz; die liebevolle Sorge für uns war ihr schönste und einzige Aufgabe. Sie beschenkte mich noch reicher als mein Vater, indem sie mich zur Kirche Jesu Christi hinführte.

Unter fast zu besorgter Pflege wuchs ich zu einem etwas verwöhnten Jungen heran. Am 24. Juni 1929 führten die glücklichen Eltern mir noch ein Schwesterchen zu, und bei uns beiden ist es geblieben. Schon sehr früh weckte der Vater in uns das Interesse am Malen und Zeichnen, und noch heute betrachte ich gern die sonderbaren Phantasiegebilde, die ich als Vier-, Fünf- und Sechsjähriger zu Papier brachte. Auch die ersten Buchstaben und Zahlen brachte der Vater mir bereits vor der Schulzeit bei.

Als ich daher mit einiger Vorkenntnis auf die Volksschule kam (Ostern 1933), machte mir das Lernen wenig Mühe, und ohne besondere Zwischenfälle durchlief ich die vier ersten Klassen. Im Jahre 1934 zogen wir nach Köln-Riehl um, und diese Änderung hatte die gute Folge, daß ich in dem weniger verkehrsreichen Stadtteil täglich im Spiel mit Gleichaltrigen in Berührung kam. Schon damals und erst recht einige Jahre später hatte ich viel zu leiden unter dem Mangel an der nötigen Härte und Kühnheit, was eine Schattenseite der zu ängstlichen Pflege meiner Eltern war. Auf Rat und Vermittlung meines Volksschullehrers und dank besonderer Vergünstigungen konnten die Eltern mich Ostern 1937 auf das „Staatliche Dreikönigsgymnasium" in Köln schicken, obwohl mein Vater, unter politischer Verfolgung leidend, nicht imstande war, die Kosten zu tragen. Auch das Gymnasium besuchte ich mit gutem Erfolg und ohne Zwischenfälle bis zur sechsten Klasse.

Der Tod meiner teuren Mutter nach achtmonatiger Krankheit leitete eine unangenehme, aber meiner einseitigen Art durchaus nützliche Prüfungszeit ein (die Mutter verließ uns am 31. April 1941). Nachdem Verwandte meine Schwester in ihre Pflege genommen hatten, ertrugen mein Vater und ich ein Jahr lang die Schwierigkeiten eines frauenlosen Haushalts. Und wenn wir dann auch eine Haushälterin fanden und meine Schwester zurückkehrte, die Mutter konnte durch eine fremde Hilfe nimmer ersetzt werden. Ein Jahr nach unsrer Wiedervereinigung wurde ich als Luftwaffenhelfer zur „Heimatflak" eingezogen (15. Februar 1943), wo der Schulunterricht noch fortgesetzt wurde, bis ich Ende Februar 1944 wegen Einberufung zum Arbeitsdienst mit dem Vorsemestervermerk abging. War mir bereits bei der „Flak" meine einseitige Art mehr und mehr zu Bewußtsein gekommen, so erst jetzt beim Arbeitsdienst, wo ich, getrennt von jedem Gleichgesinnten, plötzlich ohne jede Erfahrung völlig andersartigen Menschen gegenüberstand. Täglich sah ich mich gezwungen, gegen alle möglichen Angriffe auf mein weltfremdes Wesen Stellung zu nehmen, und so wurden mir diese wenigen Wochen zu einer unbezahlbaren Schule. Als ich dann nach dreiwochenlangem Zwischenurlaub am 21. Juni 1944 zur Kriegsmarine eingezogen wurde, war ich ein vollständig anderer geworden, obwohl ich auch weiterhin noch schwer an mir arbeiten mußte, um mich in dieser Umwelt behaupten zu können. Sehr bald wurde ich von unserer schifflosen Kriegsmarine zur Infantrie versetzt, betätigte mich dabei während einer zweiten Ausbildung in Dänemark als Schreiber und wurde im Herbst 1944 im Westwall zum erstenmal eingesetzt. Bei der sogenannten Rundstedt-Offensive, die am 16. Dezember begann, wurde ich von den Amerikanern nahe bei Malmedy am 4. Januar 1945 gefangengenommen.

In der Gefangenschaft wartete meiner eine Fülle irdischen Glücks, wie es wohl nur einem unter tausend Gefangenen beschieden sein mochte. In einem Ausrüstungs- und Verpflegungsdepot, vom dem aus ein großes Gefangenenlager versorgt wurde, durfte ich mit etwa dreißig Kameraden ein Leben führen, wie man es sich in einem Paradiese kaum schöner denken kann. Wir durften uns selbst eine schöne Wohnstatt einrichten, aßen wie die Fürsten und lebten ohne jede Umzäunung und Bewachung. Ein richtiges Maß an körperlicher Arbeit ließ den Körper bei der guten Nahrung sich richtig erholen und bei uns jungen Menschen stärker und gesunder werden, als er je zuvor gewesen war. Hinzu kam noch das erstmalige Erlebnis, zu einem wahren Freunde zu finden, das mir bis dahin verschlossen geblieben war, und dieser Freund ist mir noch heute der einzige. So wurde mir die Gefangenschaft zu einer herrlichen Erquickung, aus der ich mit der Entlassung gestärkt an Leib und Seele in den Kampf des Lebens zurückkehrte.

Als ich am 30. September 1945 wieder zu Hause anlangte, fand ich, Gott sei's gedankt, Vater und Schwester gesund wieder. Ich kam eben rechtzeitig, um in den Abiturkursus meiner alten Lehranstalt, des Dreikönigsgymnasiums, eintreten zu können, wo ich zu meiner Freude alle meine früheren Klassenkameraden bis auf wenige Ausnahmen wiederfand.

Auch in der Pfarre fand ich die Brüder und Schwestern wieder, in deren Mitte ich so manche frohe Stunde unter dem Zeichen Christi erlebt hatte, und mit neuen Erkenntnissen und einem vertieften Glauben stellte ich mich aufs neue in ihre Reihen. Und hier fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen, daß ich erkannte, wie mein ganzes bisheriges Jungenleben unter dem Motto falschen Ehrgeizes gestanden hatte und dies mein Hauptfehler sei.

Lange schon hatte ich mich vergeblich bemüht, mich für einen bestimmten Beruf zu entscheiden; denn alle Künste und Wissensgebiete schienen mir interessant und liebenswert. Jetzt aber kam ich zu der Erkenntnis, daß meine Hauptstärke wie bei meinem Vater in den Sprachen liege, und um ein möglichst umfangreiches Betätigungsfeld zu finden, entschloß ich mich für das Studium der alten Sprachen.

Möge Gott mir den rechten Weg zeigen.