DKG (Köln)

Gesamtbeurteilung der Klasse 8a1 (1941)

Die Klasse

Die 8 a1 des Dreikönigs-Gymnasiums bestand zu Beginn des Jahres aus 20 Schülern. Wilhelm V. verschied am 16.6. an den Folgen eines Autounfalles. Nach dem 1.10. traten in den Arbeitsdienst ein: Friedrich F., Paul Hans P., Hermann W.. Ihrer Heerespflicht genügen zur Zeit: Paul E., Josef H., Hans M. und Heinrich S.. Klaus W. ist als Fahnenjunker bei der Infanterie eingetreten. Acht weitere Schüler haben wiederholt den Versuch gemacht, beim Arbeitsdienst oder Heere anzukommen, sind aber aus verschiedenen Gründen vorerst noch abgelehnt worden. Der rechte vaterländische Geist ist also in dieser Klasse vorhanden. Alle Schüler gehören auch einer Gliederung der NSDAP an, neun der HJ selbst, zwei der NSKK. Konrad Nießen ist Scharführer bei der HJ. Der Geist der neuen Zeit ist auch insofern in dieser Klasse zu spüren, als fast alle Schüler in der Biologie gute, ja sehr gute Kenntnisse besitzen und an Sport und Turnen sich rege beteiligen. In den andern Fächern sind die Leistungen geringer; sie entsprechen der Veranlagung, die nur als eine durchschnittliche bezeichnet werden kann.

Das Durchschnittsalter der elf noch vorhandenen Schüler ist 17,9 Jahre. Ein echter Kameradschaftsgeist herrscht unter ihnen und verbindet sie mit den früheren Klassengenossen, die jetzt in der Uniform stecken.

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1941

1.) Bildung verpflichtet und Bildung macht frei.

2.) Durch welche Mittel lassen sich die sozialen Unterschiede und Gegensätze in der Volksgemeinschaft mildern?

3.) Organisation und Betrieb eines heutigen Zeitungsverlages (dargestellt auf Grund einer Besichtigung des Westdeutschen Beobachters).


Beurteilung

Schüler S., Hans Josef

ist der älteste von zwei Söhnen eines Volksschullehrers aus Wesseling. Die Rheinuferbahn bringt ihn täglich nach Köln. Dieses Leben auf der Bahn ist seiner Entwicklung ebenso wenig bekommen, wie in letzter Zeit die Nervenbelastung der dauernden Fliegerangriffe, denen sein Heimatort als Sitz einer bedeutenden Industrie ausgesetzt war. Ohne diese Schwierigkeiten würde der klar denkende Schüler mehr erreicht haben. So tut er, was er kann und leistet nur Befriedigendes. Der bescheidene Schüler ist seinen Klassengefährten ein trefflicher Kamerad und deshalb allgemein gut gelitten. Sein freundliches, gütiges Wesen ist eine glückliche Mitgift für den Beruf des Arztes, den er ergreifen will.

Lebenslauf

Den Herrn Direktor des Staatlichen Dreikönigsgymnasiums bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung Ostern 1941.

Am 27.5.23 wurde ich zu Kierdorf im Kreise Euskirchen geboren. Ich bin der Sohn des Josef S. und der Else geb. P.. Mein Vater war an der Volksschule in Kierdorf Lehrer. Ich habe noch einen um vier Jahre jüngeren Bruder. Schon kurz nach meiner Einschulung, am 1. April 1929, ließ sich mein Vater nach Wesseling versetzen. Von meinem Geburtsort ist mir nur noch sehr wenig in der Erinnerung lebendig. Wesseling wurde mir zur eigentlichen Heimat, die ich in den Jahren meiner Kindheit lieben lernte. Frei und ungebunden verlebte ich eine sorglose und unbeschwerte Jugend. Das Lernen fiel mir leicht und bereitete mir Freude. Deshalb schickte mich mein Vater am 1. April 1933 auf das Dreikönigsgymnasium nach Köln. Die Großstadt und die Schule stellten höhere Anforderungen an mich. Doch empfand ich die Schule nicht als eine notwendige Last, und vielleicht wurde mir daher das Lernen leichter. Die Teilnahme am Orchester der Schule weckte in mir die Freude an der Musik, die wir auch im Elternhause pflegen.

Biologie war immer mein Lieblingsfach gewesen. Neben dem Schulunterricht beschäftigte ich mich besonders in den letzten Jahren mit diesem Fach durch häusliche Lektüre. Ich erinnere mich noch aus den Jahren meiner Kindheit, daß ich immer eine besondere Zuneigung zu unserem Hausarzt verspürte und mir vornahm, auch einmal ein solcher Arzt zu werden. Ich glaube nicht, daß dieser Wunsch nur ein Ausdruck meiner kindlichen Bewunderung für den Hausarzt war; denn der Gedanke an den Arztberuf verließ mich nicht mehr meine ganze Schulzeit hindurch. Und auch heute ist es mein fester Vorsatz, den Beruf des Arztes zu wählen. Aus diesem Grunde möchte ich auch als Pflichtfach im Abitur „Biologie" wählen.

Anmerkung: Ich bitte, auf dem Reifezeugnis mein Bekenntnis anzugeben.

Abituraufsatz

Deutsche Prüfungsarbeit.

Durch welche Mittel lassen sich die sozialen Unterschiede und Gegensätze in der Volksgemeinschaft mildern?

Gliederung.

1. Begriffsbestimmung des Wortes: „sozial".

2. Unterschied und Gegensatz.

3. Mittel zur Milderung des Gegensatzes zwischen

a.) „Arm und Reich",

b.) Arbeitgeber und Arbeitnehmer,

gehört nicht zum Themac.) den Glaubensbekenntnissen .

4. Der Segen eines wahrhaft sozialen Staates für die Menschheit.

Ausführung.

Wir treffen heute in allen Lebenslagen auf das Wort „sozial". Dabei ist die ursprüngliche Bedeutung des Wortes schwer abgeschwächt und der Begriff eingeengt worden. Der Stamm geht auf das Lateinische zurück, wo er in „socius" und „societas" enthalten ist. „Societas" ist unser Wort: Gemeinschaft. „Social" heißt also: was das Leben in der Gemeinschaft betrifft. Heute versteht man unter „sozial" oft, stimmt so nicht. Gemeint ist wohl, daß der materielle Gesichtspunkt in der sozialen Betrachtung und Wertung überwiegt.was man unter „finanziell" oder „materiell" versteht. Bei der Betrachtung unseres Themas wäre diese Begriffsbestimmung aber zu eng umgrenzt. Denn dann wäre die Frage unseres Themas müßig, weil sich die finanziellen Unterschiede in den meisten Fällen leichter mildern lassen als die ideenmäßigen.

Die Gegensätze haben sich aus den Unterschieden materieller oder ideenmäßiger Art zwischen zwei oder mehreren Menschengruppen innerhalb der Volksgemeinschaft gebildet. Der Unterschied, welcher Art er auch sei, hat dem benachteiligten oder zurückgesetzten Menschen eine bestimmte Einstellung eingeimpft. Diese Einstellung entspringt aus Neid- und Haßgefühlen; der Benachteiligte sucht dem Mitmenschen, der „sich besser steht" als er, Schaden zuzufügen. Er wird schließlich sein Gegner. Die nachfolgende Generation wächst schon in demselben Geiste und in der gleichen Auffassung heran. So ist aus einem Unterschied in der Lebenslage zweier Menschengruppen ein Gegensatz und bitterste Feindschaft geworden.

Das Fundament des Gegensatzes besteht also im Unterschied sozialer Art. Und es kann selbst einer machtvollen Führung nie gelingen, einen Gegensatz in der Volksgemeinschaft zu beseitigen, er kann höchstens gemildert werden. Das glückt aber nur, wenn man dem Gegensatz die Voraussetzung nimmt, oder diese zum mindesten abschwächt. Beide Gruppen, zwischen denen ein sozialer Unterschied besteht, müssen sich auf halbem Wege verständigen. Man könnte dagegen behaupten: „Der Kompromiß ist eine Angelegenheit der Demokratien. Mit Widerständen muß ganze Arbeit gemacht werden!" Gewiß, wir dürfen uns nicht von Widerständen überwinden lassen, aber hier wäre Gewalt nach meiner Meinung falsch. Denn beide Lager glauben sich im Recht, außerdem müßte man bedenken, daß es Volksgenossen sind, gegen die man vorgeht. Ich glaube nicht, daß man durch viele strenge Gesetze die Gegensätze mildert. Das gesunde A. -enVolksempfindung dagegen soll geweckt und gefördert werden. Denn die Folge jedes gewaltsamen Vorgehens wäre zweifellos eine Verstärkung des Gegensatzes. Er verschwände vielleicht für Jahre, loderte aber später um so heller auf.

Solange es eine Volksgemeinschaft gibt, solange es einen Staat gibt, kennen wir den Gegensatz zwischen „Arm und Reich". Die materiellen Unterschiede zwischen den Begüterten und Unbegüterten wurden so stark, daß sich ein Gegensatz bildete, der einer der großen Polaritäten des Gemeinschaftslebens darstellt. Und ich glaube, daß dieser Gegensatz vielleicht den Keim eines jeden anderen darstellt. Ihn zu mildern, muß die erste Aufgabe eines Staatsmannes sein. Es wäre durchaus möglich, daß dieser Gegensatz durch eine Steuergesetzgebung gemildert würde, eine Steuergesetzgebung, die den Lebensstandard der Ärmsten unseres Volkes heraufsetzt. Allerdings ist es oft gefährlich, Leuten, die nicht gewohnt sind, mit Geld umzugehen, mit einem Schlage mehr materielle Güter zur Verfügung zu stellen. Sie neigen dann oft dazu, das Geld sinnlos zu verschwenden und an Kleinigkeiten auszugeben. Diese Unwirtschaftlichkeit verliert sich später bestimmt wieder. Der Staat könnte aber durch geeignete Propaganda und Aufklärung dieser Gefahr steuern. Mit einer Milderung der größten materiellen Unterschiede ist der Gegensatz in der Gesinnung zwischen Arm und Reich noch nicht gemildert, wenn dann die Grundlage auch schon vorhanden ist. Vielleicht liegt hier ein Aufgabengebiet für die christlichen Kirchen. Denn das Christentum lehrt ja die Nächstenliebe und die geringe Bedeutung materieller Güter. Damit hätte das Christentum schon eine große Aufgabe, mitzuhelfen an der Überbrückung eines Gegensatzes, der dem deutschen Volk unendlich schadet.

Das Zeitalter der Technik schuf den Gegensatz zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Auch hier waren finanzielle Unterschiede das Grundübel: Geringe Löhne und die Gefahr der Arbeitslosigkeit auf der einen, und materieller Wohlstand auf der anderen Seite. Das war der Boden für die Irrlehre des Marxismus, der den Klassenkampf predigte, also den Gegensatz auf die Spitze trieb. Der Arbeiter glaubte an die Phrasen, die ihm vorgesetzt wurden, weil sie ihm Erlösung von materieller Not versprachen. Nach der Anschauung des Marxismus konnte diese Erlösung nur durch Klassenkampf erreicht werden. Eine Bekehrung von dieser Verirrung kann aber nur dadurch erzielt werden, daß die finanziellen Unterschiede verringert werden und der Arbeitgeber guten Willen zeigt. Die Löhne müssen so hoch sein, daß der Arbeiter mit seiner Familie anständig leben kann. Die Gefahr der Arbeitslosigkeit kann durch ein reges Wirtschaftsleben beseitigt werden. Der Staat muß sich an den Unternehmen interessieren und eine eigenmächtige Schließung der Betriebe verhindern. Der Arbeiter muß sehen, daß man sich um ihn sorgt und seine Arbeit geachtet wird. Aber auch ideenmäßig soll der Gegensatz gemildert werden. Der Arbeitgeber darf den Arbeiter nicht zur Befriedigung seines materiellen Wohlstandes gebrauchen. Auch hier ist es die Aufgabe des Staates Z._ dafür zu sorgen, daß Maß gehalten wird. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich näher kommen. Die Propaganda muß darauf hinweisen, daß beide, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Glieder der großen Gemeinschaft sind und in ihrem Dienste jeder seine Aufgabe erfüllt. Sie muß aber auch auf das Führerprinzip hinweisen, dem sich jeder unterzuordnen hat.

Ein Gegensatz, der sich auf also kein „sozialer Gegensatz", siehe Bemerkung für Gliederung.geistiges Gebiet beschränkt, ist der Gegensatz in den Angelegenheiten des Glaubens. Es ist der Gegensatz, der am leichtesten zu mildern, wenn nicht sogar zu beseitigen ist. In dieser Hinsicht sollte auf keinen Menschen ein Zwang ausgeübt werden. Hier ist der Grundsatz Friedrichs des Großen nach meiner Meinung der richtige: „Jeder soll nach seiner Facon selig werden!" Keiner darf in Glaubensdingen dem Volksgenossen im Wege stehen. Die Konfession eines Menschen darf nicht ein Vorurteil über seinen Charakter und seine Leistungen A. begründen.sein .

Wenn wir zum Abschluß noch einmal die Mittel aufzählen, die in der Volksgemeinschaft zur Überwindung der Gegensätze bereit stehen, so erkennen wir, wie schwer es sein wird, die Unterschiede und Gegensätze zu mildern, und welche Zeit die Aufgabe in Anspruch nimmt. Sollte unser Volk dieses Ziel erreichen, die Gegensätze zu mildern und ein wahrer sozialer Staate zu werden, dann wären wir für die Welt ein Vorbild und hätten der Menschheit einen gewaltigen Dienst erwiesen.

Vf. hat die grundsätzliche, nicht nur auf das 3. Reich abgestellte Formulierung des Themas im Auge behalten. Er bringt eine Reihe richtiger Gedanken. Die geschichtlichen Rückblicke sind aber zu weit ausgesponnen, so daß Raum und Zeit für die Darstellung der Mittel zur Milderung zu knapp wurden. Die Gesamthaltung der Arbeit ist anständig und maßvoll, für einen jungen Menschen vielleicht zu vorsichtig. Der Ausdruck ist klar und ohne sprachliche Verstöße, aber etwas weitschweifig.

Befriedigend.

Die Klassenleistungen waren gut.

12.2.41