DKG (Köln)

Oberprima (Gymnasium)

Zu dieser Klasse konnten bislang weder eine Gesamtbeurteilung noch die Themen der Abituraufsätze im Fach Deutsch ermittelt werden.


Beurteilung

Oberprimaner B., Alfred

ist körperlich gut entwickelt, etwas zaghaft und zurückhaltend, mit mehr Gefühlshelligkeit als durchdringendem Verstand begabt. Trotz gleichmässigem Fleiss erzielte er in der Prima nicht in allen wissenschaftlichen Fächern voll genügende Erfolge; „nicht genügend" waren seine Leistungen in der Mathematik. Für bildende Kunst besitzt er gute Anlagen, die er eifrig gepflegt hat. Seine Zeichnungen und Bilder verraten geschultes Talent und eine schon entwickelte Technik in der selbständigen Formung künstlerischer Erlebnisse.

Er ist ein bescheidener, besinnlicher und ernststrebender Mensch mit Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein und einer natürlichen Hinneigung zu geistigen Dingen.

In den nationalpolitischen Schulungslagern hat er sich gut bewährt.

Lebenslauf

Hierdurch bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung im Ostertermin 1937.

Am 28. April 1917 wurde ich in Köln als drittes Kind des Kaufmanns Jean Herm. B. und seiner Ehefrau Katharina, geb. N. geboren. Ich hatte nur Schwestern und wünschte mir deshalb immer einen Bruder, der die gleichen Interessen besäße wie ich. Obgleich wir alle auf dieselbe Weise erzogen wurden, waren die Charakter doch sehr verschieden. Das war für die gegenseitige Erziehung vielleicht ein Vorteil, da die Anlagen sich ausglichen und dadurch Extreme von Eigenschaften vermieden wurden.

Besatzungszeit. Wir wohnten damals in Köln-Riehl, wo die Kasernen der Engländer lagen. Ich kam viel mit ihnen zusammen und habe nur erfreuliche Eindrücke davon in Erinnerung behalten. Vielleicht war es die Höflichkeit, die mir an ihnen so gefiel.

Als Kind spielte ich mit Vorliebe Kasperletheater, in dem ich besonders gern den Doktor Faust aufführte, wahrscheinlich wegen der vielen Geistererscheinungen. In meiner Phantasiefülle ersann ich mir, wie wohl die meisten Kinder, immer einen anderen Beruf. Mit sechs Jahren kam ich zum erstenmal aufs Land, in ein kleines, entlegenes Eifeldorf. Hier faßte mich eine starke Liebe zur Natur, die mir auch geblieben ist. Sie war so groß, daß ich damals lange daran dachte, später Landwirt oder Förster zu werden.

Mit sechs Jahren kam ich in die Volksschule, wo ich einen strengen und gerechten Lehrer hatte. Als ich selbst lesen konnte, vertiefte ich mich in Grimms Märchen und vor allem in ein altes Lesebuch meiner Mutter, in dem mir neben Fabeln und Sagen besonders Goethes Gedicht „Johanna Sebus" gefiel, obwohl ich damals noch eine Abneigung gegen Verse hatte.

Mit zehn Jahren besuchte ich das Gymnasium. Die ersten Jahre dieser Zeit verliefen wenig ereignisreich. Ich beschäftigte mich in meiner Freizeit meistens mit Basteln, Lesen und Zeichnen. Beim Eintritt in die Mittelstufe wählte ich den Wunsche meiner Eltern entsprechend, aber auch einer persönlichen Neigung folgend, den humanistischen Bildungsgang, dessen tieferer Wert mir freilich erst später klarer bewußt wurde. Es war ja vor allem der altsprachliche Unterricht, der in Verbindung mit den deutschkundlichen Fächern mich bis zu den Wurzeln unserer Kultur führte und meinen Blick schärfte für das Echte und Gesunde. Die Lektüre Platons machte mich mit den Methoden der philosophischen Forschung bekannt. Sophokles „Antigone" fesselte mich nicht nur wegen ihres bedeutsamen Problemgehaltes, sondern auch die künstlerische Gestalt der Dichtung brachte mir ein tiefes inneres Erlebnis; der Geist der Klassik wurde mir hier besonders deutlich bewußt. Auch die unvergleichliche epische Kunst der Homerischen Gedichte zog mich stark an. Im Lateinischen interessierten mich besonders jene Werke, die von den Ursachen der Größe Roms reden. Ich erinnerte mich dabei des treffenden Urteils, daß der Führer in seinem Lebensbuch niederschrieb: „Römische Geschichte, in ganz großen Zügen richtig aufgefaßt, ist und bleibt die beste Lehrmeisterin nicht nur für diese, sondern wohl für alle Zeiten."

Im Deutschunterricht gewann ich viele Anregungen durch die Beschäftigung mit der bildenden Kunst des deutschen Mittelalters und der Dürerzeit. Ein tieferes Verständnis für das künstlerische Wollen des Nationalsozialismus erschloß mir die Behandlung der Kulturreden des Führers auf den Nürnberger Parteitagen.

Vor ein paar Jahren machte ich mit einem Klassenkameraden meine erste größere Fahrt nach Süddeutschland. Außer der landschaftlichen Schönheit waren die wuchtigen romanischen und gotischen Dome und Münster mit ihren Plastiken ein großes Erlebnis für mich. Im vorigen Jahre besuchte ich England, in diesem Jahre die Ostsee und für kurze Zeit Kopenhagen. Diese Reisen benutzte ich hauptsächlich dazu, mich durch Studien in der Malerei weiterzubilden. Einen großen Teil meiner Freizeit verwende ich seit langem auf eigene künstlerische Versuche in der Aquarell- und Ölmalerei.

Auch den Einfluß meiner Privatlektüre auf meine geistige Entwicklung möchte ich nicht unerwähnt lassen. Bei der Auswahl ging es mir besonders darum, solche literarischen Werke kennenzulernen, in denen die verschiedenen Berufsstände von der Erlebnistiefe des Dichters erfaßt werden, wie etwa der Bauernstand in Immermanns „Oberhof" oder in den Werken des Jeremias Gotthelf. Besonders tiefen Eindruck machten auf mich „Die Verlobten" des italienischen Dichters Momzoni, [?] „Friedemann Bach", Dostojewskijs großartiger Roman „Der Idiot", Carossas „Schicksale Dr. Bürgers" und sein „Rumänisches Kriegstagebuch". Auch kunstgeschichtliche und kunstkritische Werke haben mich viel beschäftigt.

Seit einiger Zeit habe ich mich zu einem Beruf entschlossen. Mein Vater ist Kaufmann in chemischen Erzeugnissen, und als einziger Sohn unseres Hauses habe ich die Absicht, nach meiner Ausbildung in Chemie und Pharmazeutik das Geschäft meines Vaters zu übernehmen. Daß meine Vorliebe für die Malerei durch einen praktischen Beruf vermindert wird, befürchte ich nicht; denn ich habe eine solche Liebe zur Kunst, daß ich mich, soweit es der Beruf zuläßt, mit ihr beschäftigen muß.

Als Wahlfach für die mündliche Prüfung nenne ich Kunstgeschichte.

Ich bitte auf dem Reifezeugnis mein regligiöses Bekenntnis zu vermerken.