DKG (Köln)

Gesamtbeurteilung der Oberprima (Realgymnasium) 1933

Gesamtcharakteristik der OIr.

Die Vorbildung der Klasse ist wenig einheitlich. Nur 7 Schüler haben bei regelmässiger Versetzung die Klassen UII - OI des Dreikönigsgymnasiums durchlaufen, davon nur 4 von Sexta an. In UIr traten zu 12 Stammschülern 13 von anderen Anstalten, zwar mit zulänglichen Zeugnissen, aber zum grossen Teil mit unzureichender Vorbildung, so dass Ostern 32 nur 12 Schüler nach OIr versetzt wurden. Bei solcher Verschiedenheit war es schwierig, einerseits die Leistungen der Schwächeren entsprechend zu steigern, andererseits die Fortgeschrittenen in der rechten Weise zu fördern. Erschwerend waren die grossen Altersunterschiede: Die Älteren verfügten vielfach bei geringeren Kenntnissen über reifere Auffassung und reifere Persönlichkeit, bei den Jüngeren war das Umgekehrte zu berücksichtigen.

Von gelegentlichen Ausnahmefällen abgesehen, die teilweise auf die genannten Verhältnisse zurückzuführen sind, muss die Klasse als willig und strebsam bezeichnet werden.

Die Klasse hat im Februar 32 aus eigenem Antrieb und nur mit eigenen Kräften einen Unterhaltungsabend in der Aula zum Besten der Notleidenden veranstaltet. Das Schauturnen und die Theateraufführungen fanden bei den zahlreich erschienenen Eltern und Gästen grossen Beifall.

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1933 (Realgymnasum)

1.) „Die Welt ist klein geworden.“ – Inwieweit ist diese Lage durch die Fortschritte der Technik bedingt, und welche Folgerungen ergeben sich aus ihr für den Wirtschaftler und Politiker?

2.) Zeichnen Sie ein Wesensbild zweier Menschen aus Ihrer Bekanntschaft, in dem Sie die alte und die junge Generation mit ihren Licht- und Schattenseiten verkörpert sehen.

3.) Die Erziehung zur selbständigen Persönlichkeit innerhalb einer Gemeinschaft, ein Ziel der englischen Public-Schools. Darstellung und Beurteilung (nach Vachell: The Hill)

4.) Welche Erweiterung und Vertiefung meiner naturwissenschaftlichen Kenntnisse verdanke ich dem Besuch einer Brauerei?


Beurteilung

Oberprimaner K., Alfred

Aus früher wohlhabender, aber seit 2 Jahren in Not geratener Familie. Dieser Schlag hat ihn aber nicht zu einem unzufriedenen Kritiker gemacht, sondern eher seine sittliche Persönlichkeit und sein Verantwortungsgefühl gestärkt. Er ist aufrichtig, zuverlässig, dankbar, hilfsbereit, selbstbeherrscht und voll Ehrgefühl. Er besitzt Sinn für Sorgfalt und Genauigkeit, Ernst und Ausdauer bei der Arbeit. Er ist Helfer in der Verwaltung der naturwissenschaftlichen Sammlung. Gute Veranlagung und gute Leistungen zeigt er in Religion, Physik, Chemie, Zeichnen, Musik, Leibesübungen. Er ist Führer der Schlagballmannschaft. Sonst sind seine Veranlagung und Leistungen mittelmässig, bei gelegentlichen Schwächen in Deutsch, Französisch und Englisch. Seine Fähigkeit zur Darstellung lässt zu wünschen. Er ist sich dieses Mangels wohl bewusst, umso mehr muss man die Zähigkeit anerkennen, womit er trotz mancher Fehlschläge sich um Besserung bemüht.

Lebenslauf

Hierdurch bitte ich das Dreikönigsgymnasium um Zulassung zur Reifeprüfung im Ostertermin 1933.

Ich bin geboren am 26. Dezember 1912 in Kassel als Sohn des Bankprokuristen Paul K.. Im Alter von zwei Jahren kam ich nach Alfter, Landkreis Bonn, zu meinen Großeltern. Dort besuchte ich die Volksschule. Seit Ostern 1923 bin ich Schüler des Dreikönigsgymnasiums in Köln.

Als entscheidend für mein bisheriges Leben betrachte ich die folgenden Tatsachen:

Meine Kindheit verbrachte ich auf dem Lande bei meinen Großeltern. Hier hatte ich gesunde Bewegungsfreiheit in der Natur, hier half ich auch in dem auf reinen Gartenbau eingestellten Betrieb. Die Freude daran führte mich auch später von der Großstadt aus immer wieder in diese ländliche Welt zurück. So ging mir die Berührung mit der Scholle ebenfalls in reiferer Jugend nie ganz verloren. Durch die landwirtschaftliche Beschäftigung wurde einerseits meine Vorliebe für körperliche Betätigung geweckt, wie sie sich im Sport auswirkt; andererseits wurde hier meine besondere Neigung zur Biologie angeregt. Als Obertertianer spielte ich bereits in der ersten Schlagballmannschaft unseres Gymnasiums. Nachdem dann drei Jahre lang keine Mannschaft an unserer Schule zustande gekommen war, gelang es mir, im letzten Sommer wieder eine aufzustellen. Im Unterricht sagten mir vor allen Dingen die Naturwissenschaften zu. Die Biologie in Obersekunda schien mir besonders spannend. Deshalb trat ich auch der freiwilligen biologischen Arbeitsgemeinschaft unserer Schule bei. Eine dreizehntägige Fahrt ins bayrische Allgäu lehrte mich die Schönheiten des Gebirgs kennen. In meinen Mußestunden befaßte ich mich viel mit praktischen technischen Arbeiten, besonders mit solchen aus dem Gebiet der Elektrizität.

Die naturwissenschaftlichen Lehrfächer der oberen Klassen regten vor allen Dingen meine Aufmerksamkeit für den Religionsunterricht und philosophisches Denken an.

Abgesehen von der genannten Alpenfahrt konnte ich meinen Gesichtskreis durch eigene Anschauungen auf einigen anderen Reisen erweitern. Durch mehrmaligen Besuch von Ost- und Nordsee lernte ich die Eigenart des Landschaftsbildes und des damit verwurzelten Menschenschlages kennen. In Belgien hatte ich Gelegenheit, meine französischen Sprachkenntnisse weiter auszubilden.

Eine entscheidene Veränderung brachte ein Bankzusammenbruch vor drei Jahren mit sich, wodurch mein Vater erwerbslos wurde. Um meinen Eltern in ihrer schwierigen Lage aufs möglichste beizustehen, verschaffte ich mir eine bescheidene Einnahme durch Nachhilfestunden. Hierbei bot sich mir Gelegenheit, frühere Aufgaben eingehend zu wiederholen. Meine Schüler konnte ich aber auch in befriedigender Weise fördern.

Als zweite Fremdsprache in der schriftlichen Prüfung wähle ich Englisch.

In der mündlichen Prüfung bitte ich in Chemie geprüft zu werden.

Wegen der schlechten geldlichen Lage meiner Eltern habe ich mich über die Berufsfrage noch nicht entschieden. Am liebsten möchte ich mich dem Studium der Naturwissenschaften widmen.

In mein Reifezeugnis bitte ich einen Vermerk über mein Religionsbekenntnis aufzunehmen.