DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1941

1.) Bildung verpflichtet und Bildung macht frei.

2.) Durch welche Mittel lassen sich die sozialen Unterschiede und Gegensätze in der Volksgemeinschaft mildern?

3.) Organisation und Betrieb eines heutigen Zeitungsverlages (dargestellt auf Grund einer Besichtigung des Westdeutschen Beobachters).


Beurteilung

Schüler V., Adolf.

V. entstammt einer kinderreichen Handwerkerfamilie, in der er als ältester Sohn schon recht früh die Schwere des Lebenskampfes kennen und die von den Eltern für ihn gebrachten Opfer schätzen lernte. Den ersten Teil der von seinem Volksschulrektor angeregten und auch finanziell geförderten Studien erledigte er in einer Auslandsschule. Die im Jahre 1938 erfolgte Umschulung zum Dreikönigsgymnasium bereitete ihm große Schwierigkeiten. Doch gelang es ihm, diese dank seiner mustergültigen Gewissenhaftigkeit und seines eisernen Fleißes immer mehr zu überwinden. Es kann erwartet werden, daß er auch einer gewissen ihn oft noch hemmenden Befangenheit, die wohl zum Teil in den Entwicklungsjahren begründet ist, mit der Zeit Herr wird. Sein offenes und bescheidenes Auftreten sicherte ihm die Zuneigung der Lehrer; durch seine Hilfsbereitschaft und Kameradschaftlichkeit war er bei allen Mitschülern beliebt.

In der Mathematik und den naturwissenschaftlichen Fächern brachte V. es zu erfreulichen Leistungen; in den alten Sprachen machte ihm die Übersetzung aus der Fremdsprache trotz reichen Wortwissens und gediegener grammatischer Kenntnisse noch Schwierigkeiten.

V. gehörte dem N.S.K.K. an.

Lebenslauf

Den Herrn Direktor des Staatlichen Dreikönigsgymnasiums bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung Ostern 1941.

Geboren wurde ich am 12. Februar 1922 als erster Sohn der Eheleute Johann V. und Elisabeth V., geborene S..

Meine Heimatstadt ist Köln a./Rhein. Mein Vater ist Düsseldorfer, aber schon seit 1911 wohnhaft in Köln. Meine Mutter ist eine geborene Kölnerin. Der Beruf meines Vaters ist Schuhmachermeister. Meine Kinderjahre verbrachte ich in ungestörter Freude im Elternhaus. Als ich 6 Jahre alt war, kam ich in die Volksschule Köln, Im Dau. Unter der sorgsamen Führung meiner Lehrer, die mir wirklich viel mit auf den Lebensweg gaben, gelangte ich in das siebte Schuljahr. Schon seit dem dritten Schuljahr fühlte ich mich stark zum Lehrerberufe hingezogen. Im Herbst 1934 bot sich mir die Gelegenheit, eine höhere deutsche Auslandsschule in Holland zu besuchen. Seit dieser Zeit war ich Schüler in Sittard (Holland) Provinz: Limburg. Die Schule war ein Internat, wo ich mit Menschen ganz verschiedener Art auskommen mußte. Leider hielt sich die Erziehung, wie ich heute einsehe, in zu engen Grenzen. Dadurch entstand bei mir eine überspitzte Ängstlichkeit und Gewissenhaftigkeit. Diese hemmt mich noch heute oft in der Schule und im Umgang mit anderen Menschen. - Seit dem 5. Januar 1939 besuchte ich dann das Dreikönigsgymnasium (Köln). Ich kam in eine neue Umgebung junger Menschen, denen ich mich anpassen mußte. In die Schule konnte ich mich nur langsam einleben, weil hier eine ganz andere Lehrmethode angewandt wurde als in Sittard. Im Englischen mußte ich einen beträchtlichen Vorsprung meiner Kameraden aufholen. Im Lateinischen und Griechischen fiel mir von Anfang an die Übersetzung von der Fremdsprache ins Deutsche schwerer als von der Muttersprache in die Fremdsprache. Erst nach 1 ½ Jahren hatte ich mich langsam an die neue Schulmethode gewöhnt. - Am 2. Mai 1939 trat ich in die H.J. ein, und am 3: Mai 1940 ließ ich mich in das N.S.K.K. überweisen. -

Im Abitur möchte ich Latein als Wahlfach nehmen.

Ich bitte um einen Vermerk auf dem Zeugnis über mein religiöses Bekenntnis.

In der letzten Zeit machte sich eine starke Neigung zum ärztlichen Berufe bemerkbar.

Abituraufsatz

Deutsche Prüfungsarbeit.

Bildung verpflichtet, und Bildung macht frei.

Gliederung:

I. Bildung: 1. Wissen,

2. A. Gesellschaftl. BildungGesellschaft ,

3. Geistesbildung,

4. Herzensbildung.

II. Verpflichtet wozu?

1. Gegenüber sich selbst:

a. Weiterbildung,

b. Anwendung seiner Bildung.

2. Gegenüber seinen Mitmenschen:

a. Umgang mit ihm,

b. inneres_ Verhalten zu ihm,

c. seine geistige Betreuung,

d. seine seelische Betreuung.

III. Macht frei wovon?

1. Von falscher Beurteilung einer Sache.

2. von falscher Beurteilung seiner selbst und seiner Umgebung,

3. frei von Vorurteilen,

4. frei von Vf. hat richtig erkannt, daß B. uns von bestimmten Bindungen frei macht, etwa „wesensfremden" oder „gewaltsamen".schlechten Bindungen.

Je älter man wird, mit desto mehr Menschen trifft man zusammen. Seien es nun Lehrer, Verwandte, Bekannte, Schulkameraden, Klassenkameraden, Priester, Altersgenossen; jeder Mensch hat für uns eine eigene Bedeutung. An dem einen Menschen sehen wir Fehler, die uns veranlassen, sich ihm nicht anzuschließen. Daneben gibt es Menschen, von denen wir uns nicht trennen mögen, bei denen wir froh und glücklich sind, für die wir alles täten, für die wir durchs Feuer gingen. Bei dem einen Menschen fesselt uns sein großes Wissen. Er weiß Auskunft zu geben über technische Fragen, hilft uns, wenn wir in der Schule nicht recht vorwärts kommen, springt ein für uns, wenn wir Dummheiten machen. Wir sind ihm dankbar, wenn er uns rät, wie wir es besser machen könnten. Finden wir uns nun in einer Gemeinschaft, so ist es ein anderer Mensch, auf den wir unsere Augen richten. Er ist nett zu jedem, mit dem er spricht, er hat Sinn für echten Humor, in seiner Haltung A. ist er_ ein ganzer Kerl. Dann hat man neben seinen Kameraden auch einen Menschen, dem man ganz hingegeben ist. Ihm offenbart man sich ganz. Ihm A. bekenntsagt man die guten A. undals auch die schlechten Eigenschaften und Begierden seines eigenen Lebens. Von diesem Menschen aber weiß man, daß er einem ganz gehört, daß er uns Retter und Schützer in allen Nöten ist. Er fühlt und denkt mit uns. Er hat Sinn für Musik, Malerei, Plastik, Sprache. Er redet nicht viel, was er aber sagt, ist uns heilig.

Solche Menschen, wie ich sie oben schilderte, gibt es. Es sind Menschen mit besonders guten Eigenschaften. Diese Eigenschaften sind ihnen teils angeboren, teils haben sie sich diese erworben. Ein Mensch, der sich bemüht Z._ solche Eigenschaften zu fördern in sich selbst, anderen Menschen gegenüber als Freund in allen Lebenslagen beizustehen, der hat Bildung. Ein solcher Mensch hat aber mit seiner Bildung auch eine große Verpflichtung. Er ist verpflichtet, sich und seine Wdh. des A.Eigenschaften zu fördern , sich in der Gesellschaft so aufzuführen, wie es seinem Stande entspricht. Damit nimmt er aber auch eine große Verantwortung auf sich. A. Von seinem HandelnSo wie er handelt und, was er tut, danach muß er später Rechenschaft abgeben. Da sind es nicht hauptsächlich die Verpflichtungen gegen sich selbst, sondern all die Pflichten, die er gegen seinen Nächsten hat. Hier ist nun nicht das Wissen der Dinge oder die Gesellschaft oder die Geistesbildung der ausschlaggebende Teil seiner Bildung, sondern hier verpflichtet das Zusammenwirken von Wissen, gesellschaftlichen Umgang und Geistesbildung den gebildeten Menschen. Dieses Zusammenwirken ist aber die Herzensbildung eines solchen Menschen. Der Mensch weiß um sein Verhalten in der Gesellschaft, weiß auch um seine Gefühle und Empfindungen, um das, was ihn am meisten anspricht. Er weiß, wie er gern behandelt werden möchte, und so richtet er sein Verhalten auch seinem Mitmenschen gegenüber ein. Er verkehrt mit ihnen wie A. mit_ seinesgleichen, er hebt sich nicht mit Worten über sie hinaus. Er bleibt A. etwa: ein Kamerad seiner...einer von seinen Mitmenschen. Vor sich selbst aber gibt er genau Rechenschaft ab, er untersucht bei sich jeden Fehler, sucht nach dessen Gründen. Hat er diese gefunden, dann setzt dort seine Arbeit ein. Auf diese Weise geht er seinen Fehlern gründlich zu Leibe. So hebt ihn aber diese Verpflichtung, die er seiner Bildung schuldet, über seine Mitmenschen auf Z.geistig_seelischem Gebiete hinaus. Das spüren seine Mitmenschen Z._ und er wird ihnen nun zum Führer und Vorbild. A. daraus erwachsenDas wiederum bedeuten für ihn neue Verpflichtungen. Er hat nämlich als Führer und Vorbild eines Mitmenschen nun auch deren geistige und seelische Betreuung übernommen. Er ist ja seiner Umwelt Vorbild geworden. Dieses empfindet er, er kämpft deshalb weiter mit seinen Fehlern und versucht sie völlig auszurotten.

In seiner Arbeit steht er nicht allein. Er ist nicht der einzige Mensch, der so mit sich ringt und in seinem Ringen zum Führer und Vorbild anderer Menschen wurde. Wo findet er diese Menschen? Findet er überhaupt Menschen, an denen er sich aufrichten kann, von denen er lernen kann? Er kann einen finden, an dem und mit dem er ein Stück in seinem Kampfe weiterkommt. Hier tritt dann das Wissen ein. Aber auch das hilft nicht viel weiter. Er kommt mit dem Wissen soweit, daß er sagt: ich weiß, daß ich nichts weiß. Nun kommt der Glaube, der Glaube an etwas, das über ihm steht. Dieses Etwas, mag er es nennen, wie er will, muß nun seine Stütze, muß sein Vorbild werden. Von diesem Höheren hat er dann auch seine Existenz erhalten, von ihm damit Eigenschaften, die er gefördert hat, damit gleichzeitig aber auch die große Verpflichtung, die seine Bildung forderte. So gelangte er auf dem Wege der Herzensbildung zum Glauben. Im Glauben an eine höhere Gewalt fand er seine Verpflichtung. Ist dieser Mensch in seiner Bildung soweit vorgerückt, so wird er hier auch seine völlige Freiheit finden. Das höhere Wesen ist sein Vorbild, das, wie er auch selbst einsieht, unerreichlich ist. Kühner und falscher Gedankensprung.Dieses Wesen ist aber die Herzensbildung mit all ihren Blüten selbst. Das ist sein Ziel, nun so zu werden.

Dieses Ziel vor Augen wird er immer mehr über seine Umgebung hinauswachsen. Noch sorgfältiger als zuvor beurteilt er nun alle Dinge. Seine Umgebung sieht er in einem höheren Lichte, es sind nicht nur Mitmenschen, er ist mit ihnen verbunden durch die feinste und herrlichste Blüte der Herzensbildung: die Liebe. In dieser Liebe ist er frei von Vorurteilen und frei von Bindungen, die Wissen, Gesellschaft und in gewissem Sinne auch Geistesbildung, wenn sie für sich alleine stehen, A. legenmachen .

Vf. hat besonders ernst mit dem Thema gerungen, zu dessen Bearbeitung ihn mehr das Herz als das Denken trieb. Zeugnis dieses Kampfes ist einmal die sorgfältig durchdachte Gliederung, die aber nur einen losen Rahmen für die Ausführung gibt; Zeugnis dafür ist vor allem der Wandel der Arbeit vom Entwurf zur Reinschrift, bei dem der Entwurf völlig um- und eingeschmolzen wurde. Ist der Entwurf noch der tastende und ganz empirisch bleibende Versuch, einen Menschen von Bildung zu umschreiben, so drängt die Reinschrift von dieser Vorarbeit zum Wesen der Bildung, ihren Beziehungen, Pflichten u. Freiheiten vor. Dabei handelt es sich für den Vf. fast ausschließlich um sittlich-religiöse Bildung als Ziel. So hat er die Grundprobleme des Themas erfaßt und richtig dargestellt.

Der Ausdruck ist im ganzen klar und schlicht, leidet aber an einigen Stellen an Ungewandtheit und auch an mangelnder Klarheit des Denkens.

ausreichend.

17.2.41

Die Klassenleistungen waren ausreichend.