DKG (Köln)

Gesamtbeurteilung der Klassen 8a und b (1944)

Die Restklasse des Gymnasiums besteht aus 6 Schülern. Davon sind 4 Schüler zeitlich kriegsdienstuntaugliche Angehörige des Jahrgangs 1926, ein Schüler ist nach Ableistung der RAD-Zeit in die Klasse zurückgekehrt und erwartet voraussichtlich vor der Reifeprüfung seine Einberufung zur Wehrmacht, ein Schüler ist als 23jähriger im April 1943 in die Klasse aufgenommen worden.

Dazu kommt, dass die übriggebliebenen beiden Schüler der Oberschulklasse des Dreikönigsgymnasiums der Gymnasialklasse in allen Fächern mit Ausnahme von naturwissenschaftlicher Arbeitsgemeinschaft und Englisch zugeteilt werden mussten. Von den beiden Oberschülern ist der eine zeitlich wehruntauglich, der andere wartet nach Ableistung der RAD auf seine Einberufung zur Luftwaffe. Diese Klasse zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammenzufügen, ist nicht leicht. Jedoch ist der gute Wille bei allen vorhanden. Durch das Entgegenkommen des Herrn Rektors der Mittelschule ist es möglich gewesen, die Oberklassen auch an den Wochentagen zu unterrichten, an denen das Schulgebäude dem Dreikönigsgymnasium nicht zur Verfügung stand. Der wissenschaftliche Unterricht hat daher nach den Stundentafeln erteilt werden können. Die naturwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft ist dazu verwandt worden, den beiden Schülern des Oberschulzweiges in Ph., Ch. und Math. eine zusätzliche Förderung zuteil werden zu lassen.

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1944

1.) Max Piccolomini, ein Held nach dem Herzen Schillers.

2.) Ein Schriftwerk, das nachhaltigen Eindruck auf mich gemacht hat.

3.) Meine Anteilnahme am Daseinskampf meines Volkes.

4.) Der Gang der Handlung im 3. Aufzug von „Wallensteins Tod“.

 

Bemerkungen zu den Aufgaben:

Zu 1. Es ist zu beachten, daß Schiller in Max nicht einen lebendigen Menschen mit seinen Licht- und Schattenseiten darstellt, sondern eine Veranschaulichung seiner Auffassung der Morallehre Kants gibt.

Zu 2. Die Aufgabe verlangt nicht die Würdigung eines Werkes an sich, sondern die Begründung des Eindruckes, den es auf den Berichterstatter gemacht hat.

Zu 4. Das Thema ist in erster Linie für die 7. Klasse gedacht. Bei Schülern der 8. Klasse werde ich gesteigerte Ansprüche an die Form stellen.

Behandlung nicht Auftritt für Auftritt! Die Schritte der Handlung sind in einem Plan aufzuführen.


Beurteilung

Schüler V., Wolfgang.

Der überlang aufgeschossene Junge leidet an Herzschwäche, die ihn zur Zeit wehruntauglich macht und ihn bei der Schularbeit stark behindert. Zudem hat er sich zu Anfang des Schuljahrs einer Blinddarmoperation unterziehen müssen, die ihn infolge einer Infektion lange auf dem Krankenlager hielt und erneut schwächte. Häusliche Verhältnisse (Ehescheidung und Neuvermählung des Vaters) haben das empfindsame, scheue Gemüt des Jungen sehr gedrückt. Seine logische Begabung, vor allem für mathematische Gedankengänge ist mässig. In den übrigen Fächern kann er, wenn er nunmehr gesund bleibt, mit Hilfe seiner gut ausgebildeten Gefühlskraft ausreichende Leistungen hervorbringen.

Seine charakterliche Haltung ist lobenswert. Er hat sich 1941 in dreimonatigem Einsatz als Lagermannschaftsführer bewährt.

Er will Oberförster - bezeichnenderweise am liebsten in der Lüneburger Heide - werden.

Lebenslauf

Den Herrn Direktor des Staatl. Dreikönigsgymnasiums bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung Ostern 1944.

Am 5. Februar 1926 bin ich in Berlin geboren als Sohn des Assistenten an den Staatl. Museen Berlin, Dr. Rudolf V. und seiner Frau Annemarie, geborener K.. Von Ostern 1932 bis zum Herbst 1934 besuchte ich in Berlin-Charlottenburg eine private Vorschule. Im Herbst 1934 wurde mein Vater als Direktor an das Kunstgewerbemuseum nach Köln berufen, und ich besuchte in Köln bis Ostern 1935 die evangelische Volksschule in Köln-Lindenthal. Von der Volksschule kam ich auf das Städt. Gymnasium´in der Kreuzgasse. Mit dessen Umwandlung in eine Oberschule ging ich zu Ostern 1937 auf das Staatliche Dreikönigsgymnasium.

Im Juni 1935 trat ich in das Deutsche Jungvolk ein und wurde 1940 in die Hitlerjugend überwiesen. Zuletzt war ich als Scharführer in einer Sonderformation, doch habe ich mich auf eigenen Wunsch von diesem Posten entlasten lassen, da er zuviel Zeit in Anspruch nahm. Im Sommer 1941 war ich drei Monate Lagermannschaftsführer in der KLV.

Es ist meine Absicht, Forstwissenschaft zu studieren. Für die höhere Forstlaufbahn habe ich mich schon als kleiner Junge entschieden und mich niemals davon abbringen lassen. Das Fach, dem mein besonderes Interesse gilt und das die meisten Berührungspunkte mit meinem zukünftigen Beruf hat, ist Biologie. Ich habe sie mir als Wahlfach genommen. Innerhalb der Biologie habe ich mich besonders mit den Lebensvorgängen der Waldbäume befaßt. Außer der Biologie gilt mein besonderes Interesse der deutschen Literatur, insbesondere einigen Dichtern der Gegenwart. Dichter, die mir persönlich am meisten geben, sind Börries Freiherr von Münchhausen in seinen Liedern und Balladen sowie Ernst Wiechert. - Entspannung in meiner Freizeit suche ich während meines Alltags in der Musik. Regelmäßig gute Konzerte zu hören, ist mir mehr geworden als Ablenkung und Unterhaltung. Es ist mir zum notwendigen Bestandteil meines Lebens in der Stadt geworden. Das Schönste für mich aber ist, wenn ich fern der Stadt sein und in der freien Natur leben kann. Altes Erbgut macht sich da geltend, denn meine Vorfahren mütterlicherseits waren durch Jahrhunderte Landwirte auf eigenem Boden in der Lausitz. Die Landschaft, die mir am meisten zusagt, ist die norddeutsche, und zwar die Mark Brandenburg und die Lüneburger Heide. Ich hatte Gelegenheit, sie wirklich kennen und die herbe Schönheit lieben zu lernen. Es ist auch mein Wunsch, in Norddeutschland Forstmann zu werden.

In sportlicher Hinsicht gehört meine Vorliebe dem Skilauf und der Leichtathletik. In beidem habe ich es zu guten Leistungen gebracht, doch in den letzten Jahren konnte ich keinerlei Sport mehr treiben, da mein Herz infolge zu schnellen Wachstums solche Belastungen nicht mehr aushielt. Aus diesem Grunde bin ich auch vom Wehrdienst zurückgestellt worden.

Abituraufsatz

Ein Schriftwerk, das nachhaltigen Eindruck auf mich gemacht hat.

Ernst Wiechert: „Wälder u. Menschen".

Ernst Wiechert erzählt in diesem Buche Abschnitte seiner Jugend, die für sein ganzes Leben bestimmend geworden sind. Schon der Titel seiner Jugendgeschichte gibt vielleicht Aufschluß darüber, welche Kräfte es waren, die auf seinen wachen, aufnahmebereiten Organismus eingewirkt haben. Wälder und Menschen - wobei er wohl absichtlich Wälder an die erste Stelle gesetzt hat. Daß ein Mensch Eindrücke von andern Menschen mit ins Leben nimmt und daß diese Eindrücke bestimmte Vorstellungen in in ihmihnen erwecken, ist ganz natürlich. Wie aber muß das Verhältnis eines Menschen zu Gott und der Natur sein, wenn ihm Wälder Schicksal sind? Wiechert läßt uns diesen Blick in sein Inneres tun, und seine Ehrfurcht vor jedem Lebewesen, z.B. dem Baum, dem er eine Seele gibt, hat mich sehr beeindruckt. Jedes Wort ist getragen von einem großen, inneren Empfinden, aus dem man wieder die In dieser Kürze nicht verständlich.Verantwortung des Ich's zum Selbst herauslesen kann.

Nur in der Abgeschiedenheit der Natur, der völligen Einsamkeit kann er frei atmen, unter Menschen fühlt er sich eingeengt, denn sie verstehen ihn nicht. So kommen seine Gestalten zustande, die mit dem Leben nicht fertig zu werden scheinen und sich gänzlich zurückziehen (z.B. in „Das einfache Leben"). Und weil er sich Wo? Im Menschengetriebe? In der Stadt?dort so eingepfercht fühlt, ist er auch in seiner Arbeit gehemmt. Das Leben eines Großstadtmenschen, der durchin graue Fassaden eingeengt ist, ist für ihn ein unnatürlicher Zustand und ihm daher zuwider. Er spürt, daß er dort verkümmern muß und vergleicht sich mit einem - Raubtierbraucht den Vergleich eines eingefangenen Raubtiers, dessen sehnsuchtsvoller Blick in die Weite geht. Er weiß, Zusammenhang mit dem folgenden unklar.was er sich selber schuldig ist und bewahrt seine zurückhaltende Bescheidenheit, ja Schüchternheit, denn er fühlt sich selber als ein kleines Lebewesen inmitten einer Welt, in der die schwachen Einzelwesen unterliegen und die starken siegen und Härten dabei nicht zu vermeiden sind.

Da ich persönlich in ähnlicher Weise empfinde, haben mir Wiecherts Ausführungen hierüber besonders zugesagt.

Die Aufgabe ist erfüllt, wenn auch der Verfasser zu sehr „zurückhaltende Bescheidenheit" in seinem Bericht walten läßt.

ausreichend.

Die Klassenleistungen waren befriedigend.