DKG (Köln)

Gesamtbeurteilung der Klasse I g (Gymnasium) 1938

Gutachten über die I g.

Die 32 Schüler zählende Klasse zeigt eine vorbildliche Geschlossenheit und Kameradschaftlichkeit, die wohl z.T. ihren Grund darin hat, dass 19 von ihnen von Sexta an durch alle Klassen der Anstalt hindurch zusammen geblieben sind. Diese Einigkeit hat sich immer positiv ausgewirkt im Streben nach Leistung und Vorwärtskommen.

In der Klasse ist eine ganze Reihe von ausgesprochen begabten Schülern, die schon durch ihr Dasein minderbegabte mit sich rissen und auch diese zu grösseren Leistungen beflügelten, als sie sonst wohl hervorgebracht hätten. Anderseits werden sie durch die nicht seltenen glänzenden Erfolge der andern, oft unverdientermassen, in den Schatten gestellt. Der Unterricht in der Klasse war nach dem einstimmigen Urteil aller Lehrer in sämtlichen Fächern stets erfreulich und fruchtbar. Man kann der Klasse etwas abverlangen; die Schüler übernehmen ohne Widerstreben auch Sonderaufgaben, melden sich zu Vorträgen, Ausarbeitungen und Referaten. Sechs haben aus eigenem Antrieb zum Teil umfangreiche Jahresarbeiten eingereicht.

Die Leistungen der Klasse sind gross nicht nur auf wissenschaftlichem Gebiet; auch künstlerisch ist sie stark interessiert. Die Hälfte nahm in OII an einer das ganze Jahr dauernden heimatkundlich-künstlerischen Arbeitsgemeinschaft teil. Zwölf sind Mitglieder des Schülerorchesters, das durch ihren Weggang wertvollste, so bald nicht zu ersetzende Kräfte verliert; drei Geiger, einen Bratschisten, einen Cellisten, zwei Kontrabassi[s]ten, zwei Oboisten, zwei Klarinettisten, einen Trompeter. Ausserdem spielen 10 Schüler Klavier.

Ebenso liegt die Klasse in den Leibesübungen an der Spitze ihrer Mitschüler. Sie weist hervorragende Geräteturner auf, alle sind Freischwimmer, 19 Fahrtenschwimmer. 16 besitzen das Reichsjugendabzeichen, 2 das Reichsturn- und Sportabzeichen, 2 den Reiterschein, 3 das Radsportabzeichen, davon einer das Abzeichen in Silber. Sie arbeiten aber nicht egoistisch an ihrer eigenen Fortbildung; von den elf Mitgliedern der Handballmannschaft der Schule stellt die Klasse neun, in der Fussballmannschaft ist sie mit 8 Spielern vertreten, 5 gehören der Ruderriege an.

Wenn es einzelnen Schülern nicht gelang, in allen Fächern ein voll genügendes Prädikat zu erreichen, so liegt das fast in keinem Falle an mangelndem Fleiss. Neben gewissen Mängeln der Veranlagung einzelner Schüler sind dafür vor allem die häufigen Störungen des Unterrichts durch Lehrerwechsel und durch Einberufung der Lehrer zu Lehrgängen und militärischen Übungen verantwortlich zu machen. Hinzukommt, dass es bei der grossen Schülerzahl der Klasse (zurzeit sind es noch 32) unmöglich war, den schwächeren Schülern besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.

Dass dennoch soviel geleistet wurde und wird, zumal in diesem Jahre, das die Erledigung des doppelten Pensums verlangt, zeugt für die Diszipliniertheit, den Arbeitseifer und das Verantwortungsbewusstsein der Klasse.

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1938

1.) Warum dürfen wir den politischen Dichter Heinrich v. Kleist als Vorkämpfer der neuen deutschen Volkwerdung bezeichnen?

2.) Deutschlands europäische Mittenlage als Schicksal und Aufgabe.

3.) Volksbewußtes Auslanddeutschtum - eine berechtigte Sorge Deutschlands und ein Segen für den Fremdstaat.

4.) Die Wertung der Arbeit und des Arbeiters im neuen Deutschland.

5.) Ziele und Wege der N.S.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“.


Beurteilung

Oberprimaner B., Peter

war von Sexta an stets einer unserer erfolgreichsten und liebsten Schüler. Seine reichen Geistesanlagen hat er mit nie versagendem Fleiss zu nutzen verstanden. Dabei ist er von hervorragender Kameradschaft und Hilfsbereitschaft, so dass im Kreise seiner Mitschüler nicht einmal auch nur der Verdacht des Strebertums gegen ihn aufkam. Er bemüht sich rührend um das Fortkommen seiner zwei minderbegabten Geschwister. Seine grosse Gewissenhaftigkeit, sein immer in die Tiefe gehender, selbständiger Drang nach Erkenntnissen lassen viel von ihm erhoffen. Aus eigenem Antrieb hat er die Geschichte seines Heimatdorfes Billig erforscht und in einer als Jahresarbeit eingereichten Schrift niedergelegt.

Er macht äusserlich einen ziemlich ungewandten und linkischen Eindruck; daher rührt auch sein teilweises Versagen in den Leibesübungen. Das liegt aber nicht in mangelnder Einsatzbereitschaft begründet, sondern in einem organischen Herzleiden, das sich zuletzt zu einer Herzneurose entwickelt hat.

Lebenslauf

Hierdurch bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung am Staatlichen Dreikönigsgymnasium in Köln zum Ostertermin 1938.

Ich wurde am 27. Januar[das Jahr fehlt!] zu Köln geboren. Mein Vater heißt Joseph B., meine Mutter Katharina geb. O.. Der Vater ist Gewerbeoberlehrer. Ich bin römisch-katholisch. Vom sechsten Lebensjahre ab besuchte ich die Volksschule, Köln, Balthasarstraße. Ostern 1930 wurde ich in die VI a des Dreikönigsgymnasiums in Köln aufgenommen. Seit 1934 gehöre ich der HJ. an.

In dem ersten Schuljahr der Grundschule bekam ich gleich eine gute, gewissenhafte Lehrerin, die mir den Sinn für das Lernen weckte. Ihr verdanke ich vor allem den Sinn für genaues und gründliches Arbeiten, der mich bis heute begleitet hat.

Beim Eintritt in das Gymnasium war mir die erste Fremdsprache, das Latein, sofort angenehm. Nachdem ich einmal die Grundbegriffe erlernt und im Laufe der Jahre mich mit der Grammatik vertraut gemacht hatte, war es für mich in den mittleren und oberen Klassen eine Freude, immer tiefer in die Wesensart und in das Gedankengut der römischen Schriftsteller einzudringen. Ich erhielt einen Einblick in die vergeblichen Kämpfe des Eroberers gegen ein freies Germanien, in das Leben und Treiben der Fremdherren in unserer Heimat, wo die als ewige Künder ihrer Kultur die Grabsteine zurückließen, und in den allmählichen Zerfall des „imperium Romanum", der in gleichem Maße fortschritt wie das Germanentum erstarkte. Ich schätze besonders neben anderen Schriftstellern, die das Verhältnis unserer Vorfahren mit Rom behandeln, Livius, den Künder römischer Geschichte und römischen Volkstums, und Tacitus, den Verfasser der unschätzbaren „Germania". Von den Dichtern habe ich neben Horaz den Ovid, der mich immer tiefer in den Sagenkreis des Altertums einführte, liebgewonnen. Auch das in der IV als zweite Fremdsprache hinzutretende Französisch fiel mir verhältnismäßig leicht. In der UIII beschloß ich, mich der humanistischen Abteilung anzuschließen. Hier hat mir das Griechische dieselben Freuden gemacht wie in der VI das Lateinische, und diese Lust wurde noch gesteigert, als im nächsten Jahre die Lektüre einsetzte. Eine sehr ausgedehnte Behandlung der „Ilias" machte mich zum Bewunderer und Liebhaber dieses Kunstwerkes. Als in der OII die wahlfreie Beteiligung an einem englischen und hebräischen Kursus anheimgestellt wurde, nahm ich an beiden teil. Da seit Ostern 1937 durch Ministerialerlaß der Unterricht im Hebräischen wegfällt, beteilige ich mich nur noch am fakultativen Englisch. Im ganzen bringe ich den älteren Sprachen mehr Verständnis und Freude entgegen als den modernen.

Die ausgedehnte Beschäftigung mit den Sprachen brachte mich auch der Geschichte des betreffenden Volkes näher. Ich gebe der älteren Geschichte und der neuerdings in größerem Maße gepflegten Urgeschichte den Vorzug. Besondere Vorliebe besitze ich für Heimatgeschichte, in der ich auch, durch eigene Funde und Lektüre angeregt, meine Jahresarbeit „Ein Dorf im Wandel der Zeiten" geschrieben habe.

In den letzten Jahren gewann das Deutsche, das schon immer eine besondere Stellung bei mir einnahm, für mich große Bedeutung. Ich hatte es als meine Aufgabe angesehen, die in der Schule empfangenen Eindrücke in privater Arbeit zu vertiefen und möglichst durch Lektüre, Opern- und Schauspielbesuch weiter auszubauen.

Häufiger Aufenthalt auf dem Lande brachte mich der Natur näher. Sie lernte ich verstehen und schätzen, und so ist es wohl nicht verwunderlich, wenn in meiner Bibliothek die Werke von H. Löns und Brehm einen Ehrenplatz einnehmen. Das in der Natur Geschaute und Erlebte konnte ich im naturwissenschaftlichen Unterricht gut verwerten und vervollständigen. Unter diesen Fächern gebe ich neben der Geographie der Biologie, und hier in engerem Sinne der Vererbungslehre und vor allem der Entwicklungs- und Rassengeschichte den Vorzug.

Für Mathematik besitze ich keine besondere Vorliebe; immerhin gefiel mir die Geometrie weit besser als die Algebra.

Zeichnen und sonstige künstlerische Betätigung liegen mir weniger gut.

In der körperlichen Ertüchtigung stehe ich nicht allen Gebieten gleich gegenüber. Der Leichtathletik, worin ich einige Diplome und Siege als Erfolge aufweisen kann, gebe ich unbedingt den Vorzug. Abgesehen vom Radsport bin ich ein begeisterter Anhänger des leider nicht auf der Schule gepflegten Schießsportes.

Im Jahre 1934/5 machte ich einen 1 ½ jährigen Kursus in der deutschen Einheitskurzschrift mit; bei den Kurzschrift-Schülerleistungsschreiben wurde mir zweimal eine Urkunde mit der Bewertung „sehr gut" zugestellt.

Über meinen zukünftigen Beruf bin ich mir noch nicht im klaren.

Als Leistungsfach wähle ich Latein.

Ich bitte, meine Zugehörigkeit zur römisch-katholischen Kirche auf dem Reifezeugnis zu vermerken.

Abituraufsatz

Reifeprüfung im Ostertermin 1938.

Deutsche Prüfungsarbeit.

Warum dürfen wir den politischen Dichter Heinrich von Kleist als Vorkämpfer der neuen deutschen Volkwerdung bezeichnen?

Plan.

A. Der politische Dichter ein Vorkämpfer für die Erneuerung des Volkes in Zeiten der Schmach und Not.

B. Kleist ist der Vorkämpfer der neuen deutschen Volkwerdung; gezeigt an:

Besser 2, 3, 4, 5 zusammenfassen:

1) von seinem Leben;

2 aus seinen Werken:

a dem Katechismus der Deutschen,

b u.s.w.

c

d
1. seinem Leben;

2. „dem Katechismus der Deutschen";

3. „der Hermannsschlacht";

4. „am Prinz Friedrich von Homburg";

5. „Germania an ihre Kinder".


C. Zusammenfassung.

A. 1806 - Die düsteren Gewitterwolken, die seit der Jahrhundertwende den Horizont verdunkeln, haben sich mit aller Heftigkeit über dem friedlich daliegenden Europa entladen. Dem korsischen Weltherrscher liegt alles zu Füßen. Es nützen keine Volkserhebungen, und kaum wagt es noch ein Heer, sich der französischen Armee gegenüberzustellen. Das Reich ists verfallen. Franz v. Österreich hat die durch ein Jahrtausend geheiligte Krone des I. Reiches, des „sacrum imperium", niedergelegt. Um den Rhein W.gruppiert sich eine Gruppe vaterlandsloser Gesellen, der Rheinbund. Deutschland liegt vernichtet am Boden. Da steht der politische Dichter auf, um das Volk wachzurütteln, um ihm die alten deutschen Tugenden vor Augen wieder zu führen und um es in begeistertem Tatendrang mitzureißen zum Handeln - zur Befreiung Deutschlands, des geliebten Vaterlandes. Lagen nicht bis vor kurzem auch die Dinge so bei uns, bis eine zielbewußte Regierung energisch dem Verfall Halt gebot? Mahnt nicht des Dichters Wort, dessen Klang überzeitlich ist, auch unsere Zeiten, genau wie ehemals alle unsere Kräfte anzuspannen und mitzuhelfen an der Erneuerung und am Aufbau unseres Vaterlandes?

B 1. Der 18. Oktober, der schon einmal dem deutschen Volke in schwerster Not z.Z. der Türkenkriege in Gestalt des Prinzen Eugen den Retter gesandt hat, schenkte im Jahre 1777 uns in Frankfurt an der Oder den Dichter Heinrich von Kleist. Entsprossen aus altmärkischem Offiziersadel - sein Vater war „Kapitain" eines Regiments, und einer seiner Vorfahren, Ewald v. Kleist, hatte bei Kunersdorf unter Friedrichs Fahnen auf dem Schlachtfelde seine Treue mit Blut und Leben bezahlt - wurde er nach alter Tradition 1795 in die Garde eingereiht. Doch hier konnte der inzwischen verwaiste Junge keine Beruhigung finden, und er erhielt als Teilnehmer des unglücklichen Feldzuges 1795 im Range eines Secondelieutenants 1799 seinen Abschied, um sich in seinem Wissensdurst auf die Philosophie zu stürzen. Von der Politik nahm er kaum Notiz. Doch der unberechtigte Durchzug der Franzosenheere ließ den Grübler und Dichter, der bis daher im Musenhaine lebte, sich besinnen, daß er ein Deutscher war, und als Deutscher mit Wort und Tat für sein Vaterland eintreten. Kleist verfaßt die verschiedensten Stücke, um das Volk aufzurütteln, er gründet eine Zeitung nach der anderen, kurz, er tut alles, um das Volk mitzureißen. Ihn hindert es nicht, wenn angstvolle Verleger seine Dramen abweisen, in demselben Tone ein zweites zu verfassen, ihn kümmert es nicht, wenn seine Zeitungen eingehen, weil A.sie nicht der Zeit gemäß n.schreibt . Unermüdlich setzt er seine Persönlichkeit, Hab und Gut und Existenz für den Kampf um Deutschland ein, und als er schließlich überall verkannt T.wurde , scheidet er am 21.11.1811 freiwillig aus diesem Leben, „weil", wie er sagt, „mir in diesem Leben nicht mehr zu helfen ist." „Wenn ich auf Erden keinen Platz mehr finden sollte, so finde ich vielleicht auf einem anderen Sterne einen umso besseren."

Ist dieser Einsatz nicht für uns ein leuchtendes Beispiel? „Das Leben ist erst groß, wenn man es verachtet", „es ist der Güter höchstes nicht". Wer wie Kleist sein Vaterland liebt und wie er diese Liebe in die Tat umzusetzen weiß und es trotz aller Bedenken und Mahnungen anderseits tut, der hat erst den Anspruch, Deutscher zu sein. L. So ist Kl. schon durch sein Leben ...Kleist ist der Vorkämpfer unserer deutschen Volkwerdung.

Vb.1808 hatte sich in Spanien das Volk gegen den fremden Bedrücker erhoben, und in heiliger Begeisterung schrieb Kleist den „Katechismus der Deutschen": Es gibt keine Kleinstaaterei mehr, kein Sachsen, Thüringen u.a., nein, es gibt nur noch ein Deutschland, das Vaterland aller Deutschen. Dies Land müssen wir als aufrichtige Deutsche lieben, nicht, weil Gott es hoch ausgestattet hat mit Großen vieler Art, nicht, weil bedeutende Dichter und Staatsmänner seinem Schoße entsprossen sind, nein, weil es unser Vaterland ist. Napoleon hat als böser Geisst dieses Vaterland unter seine Botmäßigkeit gebracht, und er ist solange unser Erbfeind, wie er als Kaiser die Armee befehltigt. Jeder, der guten Willen und die A. FähigkeitMacht hat, ist verpflichtet, am Aufbau mitzuhelfen, und es darf keinen Deutschen mehr geben, der diesen Feind bewundert Z._ bis daß er tot ist, ihn, „der als böser Geist herumschleicht in dem Tempel der Natur und an allen Säulen rüttelt". Warum hat nun die Vorsehung dies Unglück über uns gebracht? Die Deutschen hingen zu sehr an äußeren Dingen, an Hab und Gut, und haben die höchsten Güter des Menschen, Gott, Vaterland, Kaiser, Freiheit, Liebe und Treue, Schönheit, Wissenschaft und Kunst darüber ganz vergessen. Jeder trage jetzt, soweit es in seinen Kräften steht, dazu bei, diese Güter A.wieder emporzubringen und so das Vaterland aufzurichten. Wer als Hochverräter diese Arbeit A.sabotiert , der finde den Tod. Auf zum Kampf! Dieser Kampf ist recht und billig, auch wenn alle untergehen; „denn Gott ist es lieb, wenn Menschen ihrer Freiheit wegen sterben; es ist ihm aber ein Greuel, wenn Sklaven leben".

Ist diesen klaren Worten und Gedanken des Dichters, wie er den Mut zu klarer Sb.Entscheidung, Haß, Einsatz bis zum letzten verlangt, Gehorsam forder und schließlich fragt: „Was kann der Mensch alles missen?", noch etwas beizufügen oder zu erklären? Gelten diese Worte nicht für alle Zeiten und besonders für die A. Sb. Unklar und ungeschickt.Zeiten schwerer Not, aus denen das deutsche Volk eben herausgeführt wurde ? Der „Katechismus der Deutschen" atmet ganz und gar den Geist der heutigen Zeit, und es ist zu begrüßen, daß er heute wieder mehr zitiert und bei festlichen Angelegenheiten darauf zurückgegriffen wird.

1808 schafft Kleist in Zeiten tiefster Erniedrigung die „Hermannsschlacht", „eine Schilderung der Gegenwart im Spiele der Vergangenheit". „Ich schenke dieses Spiel den Deutschen." Der Dichter schildert die Vorgänge der Varusschlacht mit einigen selbsterfundenen Szenen. Jedoch liegt hinter jeder Szene mehr als eine geschichtliche Schilderung. Jede Szene läßt sich auf die A. Welche?damaligen Verhältnisse anwenden, und jede Person stellt eine Person dar, wie sie sein oder nicht sein soll (Alles können wir umgedeutet auf unsere Verhältnisse anwenden.) Verkörpert nicht die Person R.der Arminius (vielleicht auf Stein hingezielt) die Idealgestalt des Deutschen, wie man sie heute wünscht? Opferbereit übergibt er die Teutoburg den plündernden Kohorten, opferbereit läßt er seine Kinder als Bürgen zu Marbod ziehen, opferbereit stellt er alles in den Dienst der guten Sache. „Es braucht der Tat und nicht der Verschwörung" sagt der Mann der Tat. „Denn eh' doch, seh ich erschwingt dem Kreis der Welt vor dieser Mordbrut kein Heil, Als bis das Raubnest ganz zerstört und nichts als eine schwarze Fahne von seinem öden Trümmerhaufen weht".

„Mein Amt ist Haß und meine Tugend Rache!"

Zur Verwirklichung seiner Ziele ist ihm jedes Mittel, und mag es noch so verschlagen sein, recht. Diese Tücke verbindet sich bei ihm mit Schlauheit, Klugheit und Gr.einen sonst gütigen Charakter. Thusnelda, seine Gattin, die Schwärmerin für den [.?]riebenen Vertietius, sagt sich von Rom los und überläßt den, der erst A.ihr Heiland war, grausamster Rache. Würde doch jeder, der einst mit dem Feind A.sympathisierte - es sind deren gewiß nicht wenige - mit ihr sprechen:

„Überlaß ihn mir, Ich habe mich gefaßt und will mich rächen."

Klingen nicht die Worte „Vergebt, vergeßt, versöhnt, umarmt und liebt euch, Varus und die Kohorten, sag' ich euch, das ist der Feind, dem unser Busen schwillt" als A. Mahnung zu derVerkünder einer großen Volksgemeinschaft, wo jeder sich frei von Standesdünkel, Kleinstaaterei nur als Deutscher fühlt und als Deutscher bereit ist, mitzuwirken an dem gemeinschaftlichen Ziele Z., der Erneuerung und Aufrichtung des deutschen Volkes? Überlassen Armin und Marbod sich nicht im Gedanken, daß A.sie ein Volk sind und daß ein geeintes Volk nur eines Führers bedarf, gegenseitig die Königskrone? Ein Volk, ein Weg, ein Führer, diesem heutigen Gedanken ist von Kleist in seiner „Hermannsschlacht" der Weg gebahnt. Fust und Gueltar, beide „Kaiser von Augustus Gnaden", setzen ihr eigenes Wohl dem Wohle des Staates hintan, während für die anderen Fürsten - wie leider für so viele - das Wort berechtigt ist: „Es fällt der Wolf, o Deutschland, In deine Herden ein, Und deine Hirten streiten Um eine Handvoll Wolle sich."

Warum schenkt uns nun der Dichter in der Hermannsschlacht ein Schauspiel, dessen Wert überzeitlich ist? Er will uns zeigen, daß der Feind nur auf die Entzweiung der Deutschen ausgeht und daß Einheit das stärkste Hindernis für den Feind ist. Das Volk und die Fürsten müssen sich einig sein Z._ und alle, die ein einheitlicher Wille beseelt, sollen gemeinsam diesen Willen in die Tat umsetzen. Und wenn der äußere Feind vertrieben, die Einheit hergestellt ist, so bedarf es des einen volksverbundenen, im Volke aufgewachsenen und völkischen Führers.

c.Wie die „Hermannsschlacht", so will auch der „Prinz von Homburg" die alten deutschen Tugenden wecken. In diesem Sinne gipfelt er ganz in dem Ausspruch des Kurfürsten: „Ich will, daß dem Gesetz Gehorsam sei". Für eine völkische Erneuerung ist die preußische Tugend, der Gehorsam, unerläßlich. „Ich dien" der Volksgemeinschaft und damit dem Staate!

d. Ich möchte die Betrachtung nicht schließen, ohne auf ein kleines Gedicht „Germania an ihre Kinder" einzugehen: Der Dichter fragt, ob wohl endlich der Tag der Rache da sei. Dann gilt das alte Landsturmliedchen:

„Schlag ihn tot, Patriot, Mit der Krücke ins Genicke."

Er fordert auf, alles zu greifen, was gerade zur Hand ist, und hinabzuströmen ins Tal der Schlacht. Mit dem Kaiser an der Spitze soll die einsatzbereite Schar über dieses „Frankenheer" herfallen.

„Brüder, wer ein deutscher Mann, Schließ' sich diesem Kampfe an."

Der Kampf ist ein heiliger Kampf: „Das Weltgericht fragt euch nach den Gründen nicht". Das Ganze klingt aus in den Worten: „Laßt uns seines Segens selbst uns freun", oder Sb.es unser Grab sein. Was sagt uns dieses Gedicht? Es fordert uns wie die anderen Werke auf, zusammenzustehen, zusammen zu kämpfen und, wenn nötig, zusammen zu sterben, wie es sich für ein Volk gehört.

C Was bedeutet nun Kleist für uns? Er ist der Künder deutscher Einheit, er hat dem Volk gezeigt, daß es einetwas Ganzes ist, daß jeder mitarbeiten muß und daß „Gemeinnutz vor Eigennutz geht". Für ihn gibt es nichts Halbes. „Die Hölle gab mir meine halben Talente, der Himmel gibt mir entweder ein ganzes oder keines." Seine Anschauungen decken sich zum größten Teil mit unseren heutigen. Volksgemeinschaft, Einigkeit, Reich, Führer, Gemeinwohl, Religion u.a. zählen bei ihm zu den höchsten Tugenden, und heute sind diese Werte bei uns wieder zu neuem A.Leben erstanden . Wir können somit Kleist mit Recht als Vorkämpfer der deutschen Volkwerdung bezeichnen. A. Leider istNur tragisch ist sein Schicksal. Er hat den Tag der Befreiung nicht mehr erlebt, den 18. Oktober 1814.

„Weh mein Vaterland, die; die Leier zum Ruhm dir zu schlagen ist mir, treu dir im Schoß, deinem Dichter, verwehrt."

Inhalt: B. liefert eine inhaltlich recht erfreuliche Leistung. Hier und da hätte man allerdings eine noch etwas straffere Führung der Gedanken gewünscht.

Form: Die Darstellung ist im allgemeinen geschickt.

Gut.

Klassenleistungen gut.