DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1931 (Realgymnasium)

1.) Öffentliche Plätze in Köln

2.) Was interessiert mich auf Reisen besonders?

3.) Die Geschichte eines Wasserstoffatoms

4.) Alltagspflichten gegen die Gemeinschaft


Beurteilung

Oberprimaner O., Carl.

Regelmässig versetzt. Frohnatur. Sein ungekünstelt freundliches Wesen nimmt für ihn ein, doch ist er nicht leicht zu ergründen. Eine kühle Natur, geht er Konflikten klug aus dem Wege. Mit Geschick versteht er es auch zu vermeiden, seine recht guten geistigen Fähigkeiten zu besonderen Leistungen zu steigern, die ihn vielleicht in den Ruf des „Strebers" brächten. Dennoch besitzt er Verantwortungsgefühl, Ernst, Interesse. In seinen Lieblingsfächern Deutsch und Geschichte hat er seit UI immer „gut" gehabt, mehrfach auch in Erdkunde und Chemie. In allen kulturkundlichen Fächern zeigt er feines Verständnis und kluges Urteil. Literatur und Musik (Klavier) sind seine Liebhabereien.

Lebenslauf

Ich wurde am 17. Mai 1912 in Köln geboren. Ab Ostern 1918 besuchte ich die Volksschule in der Blumentalstraße, von der ich nach bestandener Aufnahmeprüfung Ostern 1922 zum Staatlichen Dreikönigsgymnasium überging. Nach drei Jahren entschied ich mich für den realgymnasialen Zweig. Im Herbst 1929 blieb ich, nachdem mein Vater nach Leipzig ans Reichsgericht berufen worden war, als einziger meiner Familie in Köln zurück, da ich die Schule nicht mehr wechseln wollte.

Die Fächer, für die ich mich während meiner Schulzeit besonders interessierte, waren Deutsch und Geschichte, daneben Erdkunde und Englisch. Freude machte mir auch der Unterricht in der spanischen Sprache, der jedoch zu meinem Bedauern bald wieder wegen Versetzung des Lehrers eingestellt werden mußte. Weniger Freude und Interesse konnte ich der Mathematik abgewinnen, da ich oft nicht erkennen konnte, welchen Zweck die Rechnungen haben sollten, und von welchem Nutzen sie sein könnten.

In meiner Freizeit beschäftigte ich mich hauptsächlich mit Lesen, wobei ich wieder geschichtlichen Stoff bevorzugte. Meine Lieblingsschriftsteller waren Heinrich Federer, J.Ch. Heer, Gustav Freytag, Felix Dahn und Conrad Ferdinand Meyer. Außer der Literatur suchte ich mich auch mit der Musik vertraut zu machen. Gerne besuchte ich Konzerte und das Theater; Schauspiel und Oper wirkten auf mich gleich anregend. Briefmarkensammeln, Bastelarbeiten sowie elektrische und chemische Experimente bildeten nebenher meine Liebhabereien. Als jedoch aus Physik und Chemie im Unterricht eine Wissenschaft gemacht wurde, verblaßte mein anfängliches Interesse dafür.

Im allgemeinen besaß ich wenig Neigung zum Sport, unternahm jedoch mit besonderem Vergnügen Wanderungen, die mich aus dem Stadtgewühl herausführten.

Auf größeren Reisen lernte ich einen schönen Teil meines Vaterlandes kennen, besonders den Nordwesten bis zum Meer. Von diesen Gegenden und ihrer biederen, kernigen Bevölkerung fühlte ich mich besonders angezogen. Nach Osten kam ich bis Leipzig und Berlin, im Süden wanderte ich durch das Gebiet des Schwarzwaldes und des Bodensees. Doch fast gründlicher noch als Deutschland lernte ich die Schweiz kennen, die ich in den Herbstferien der beiden letzten Jahre bereiste. Im Jahre 1930 kam ich bis nach Mailand. Neben der Freude am Neuen und den Naturschönheiten fand ich auf meinen Reisen Gefallen daran, die Eigenheiten der Bevölkerungen kennen zu lernen und die so gewonnene Kenntnis mit dem Bilde zu vergleichen, das ich mir auf Grund meines Lesestoffes und meiner Vorstellungen von ihnen gemacht hatte.

Als zweite Fremdsprache wähle ich Englisch.

In der mündlichen Prüfung möchte ich meine besonderen Leistungen in Geschichte zeigen, besonders in alter Geschichte.

Auf dem Reifezeugnis bitte ich mein Religionsbekenntnis zu vermerken.

Über die Wahl meines künftigen Berufes bin ich mir noch nicht schlüssig.