DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Nachprüfung 1938

1.) Mit welchem Recht beansprucht Deutschland die Rückgabe seiner Kolonien?

2.) Welche politischen Auffassungen finden sich in Shakespear[e]s Coriolanus?

3.) Welcher Beruf würde Ihnen am meisten zusagen und warum?

4.) Großstadt: Für und Wider.


Beurteilung

Oberprimaner H., Werner

ist ein Schüler von höchstens durchschnittlicher geistiger Begabung und hat es infolgedessen schwer gehabt, den geforderten Leistungen in der Schule zu entsprechen. In den Sprachen ist ihm das auch nur teilweise gelungen, während er in Mathematik und den Naturwissenschaften bessere Ergebnisse erzielen konnte. Vielleicht hat es nicht nur an der Begabung, sondern auch an zielbewusstem Fleiss gefehlt; zudem haben wohl auch schwierige häusliche Verhältnisse, schwere und lange Krankheit der Mutter und dadurch bedingtes häufiges Fehlen in der Schule, hemmend eingewirkt. Charakterlich ist das Bild des Jungen jedenfalls erfreulich. Er ist offen, anständig, ein guter Kamerad und besitzt den unversieglichen Humor, der den Kölner kennzeichnet. Diese Eigenschaft und die Fähigkeit, mit jedem seiner Art entsprechend fertig zu werden, mag ihm besonders wertvoll gewesen sein bei seiner Arbeit im Jungvolk, der er sich mit ganzem Eifer und letzter Hingabe gewidmet hat. Was er in seinem Lebenslauf von dieser Tätigkeit bescheiden und auch stolz schreibt, ist sicher ganz ehrlicher Ausdruck seines Wesens. Er ist Fähnleinführer im DJ.

[Identische Beurteilung zur Wiederholungsprüfung im Herbst 1938.]

Lebenslauf

Hierdurch bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung am Staatlichen Dreikönigsgymnasium (Abteilung Realgymnasium) im Ostertermin 1938.

Am 4. Febr. 1920 wurde ich als das dritte von vier Kindern des Postinspektors Kurt H. und seiner Ehefrau Gertrud H., geb. K., in Köln-Nippes geboren. Vom 6. bis 8. Lebensjahre besuchte ich die kath. Volksschule in der Turmstraße in Köln-Nippes und vom 8. bis 10. Lebensjahre die kath. Volksschule in der Balthasarstraße. Ostern 1930 trat ich in die Sexta des Dreikönigsgymnasiums ein und bin zur Zeit in der Prima (R).

Im Febr. 1933 trat ich in den nationalsozialistischen Schülerbund (NSS) ein und wurde bei dessen Eingliederung in die Hitler-Jugend im Juni 1933 dem Deutschen Jungvolk zugeteilt. Dort wurde ich im September zum Jungenschaftsführer und im Dezember 1933 zum Jungzugführer ernannt. Als Jungzugführer war ich einige Zeit Organisationsstellenleiter im Jungbann 1/53, anschließend Adjutant des Stammführers und schließlich stellvertretender Fähnleinführer. Am 10. April 37 wurde ich zum Fähnleinführer ernannt und führte das Fähnlein Scharnhorst 2/53 im Jungbann 53. Am 9. Nov. 1937 habe ich mich von der Führung des Fähnleins befreien lassen, gehöre aber noch dem Deutschen Jungvolk in der Hitler-Jugend an.

Von meinen Lehrfächern haben mir die naturwissenschaftlichen Fächer, sowie Mathematik und Turnen am meisten zugesagt. In ihnen konnte ich stets gute Leistungen erzielen, während mir die Fremdsprachen oft sehr schwer fielen, besonders Latein. Durch die Biologie, Chemie und Physik lernte ich die großen Gesetze der Natur kennen und verstehen. Hierdurch wurde in mir der Wunsch wach, all das mit eigenen Augen zu sehen. Deshalb nutzte ich in den letzten Jahren jede Gelegenheit aus, Fahrten zu machen. Gingen diese auch nicht immer sehr weit, so weckten sie doch in mir die Liebe zu Land und Leuten und damit zu Deutschland. Von meinen Fahrten war das größte und schönste Erlebnis die Teilnahme am Reichsparteitag der Ehre im vergangenen Jahr.

Ist die Schule für meine Entwicklung von großer Bedeutung gewesen, indem sie erzieherisch auf mich einwirkte und mich charakterlich festigte, so muß ich der Hitler-Jugend die gleiche Bedeutung zuschreiben. So sah ich während meiner Tätigkeit als Unterführer, daß der Gehorsam und die Pflichterfüllung vor das eigene Ich treten und ein Hauptbestandteil des Lebens sind. Durfte ich als Fähnleinführer 150 Jungen befehligen, so trug ich auch für diese Jungen die Verantwortung, ein Begriff, der mir bisher unbekannt war. Erschien mir die übernommene Verantwortung auch öfters zu schwer, so machte sie mich doch stolz und spornte mich zu neuer Arbeit an. Durch die vielen Fahrten und Zeltlager bin ich abgehärtet worden und habe vieles Unangenehme und manche Strapazen überwinden gelernt. Vor allen Dingen aber zeigte mir der Jungvolkdienst, daß die Gemeinschaft vor dem Einzelnen stehen muß, und führte mich so zu kameradschaftlichem Denken und Handeln.

In meiner Freizeit besuche ich gerne das Theater. Von Filmen und Bücher bereiten mir stets solche die größte Freude, die von Krieg oder Soldatentum handeln.

Als zweite Fremdsprache für die schriftliche Reifeprüfung wähle ich Französisch.

Als Leistungsfach für die mündliche Prüfung wähle ich Chemie.

Voraussichtlich werde ich den Offiziersberuf ergreifen.

Ich bitte, auf dem Reifezeugnis meine Religionszugehörigkeit zu vermerken.

[Zur Wiederholungsprüfung im Herbst 1938 reichte Werner H. einen textidentischen Lebenslauf ein.]

Abituraufsatz

Prüfungsarbeit Deutsch

Welcher Beruf würde Ihnen am meisten zusagen und warum?

Ist man daas vorletzte oder sogar das letzte Jahr auf der Schule, dann tritt die Frage an einen heran: Was werde ich; welcher Beruf sagt mir am meisten zu? Nun geht man sämtliche Berufe durch und überlegt das Für und Wider, denn alles will bedacht sein Z., und wohl keiner will sich später selbst den Vorwurf machen: du hast aus irgendwelchen Gründen einen Beruf ergriffen, der dir in keiner Weise zusagt.

Fällt manchem die Wahl seines Berufes schwer, so findet man aber auch sehr viele, denen diese Wahl überhaupt keine Sorgen macht. Von klein an hatten sie den Wunsch, dies oder das zu werden und dieser Wunsch wurde stärker, je älter sie wurden. Genau so ging es mir. Soweit ich mich erinnern kann, hatte ich eine Vorliebe für Soldaten. Die Uniformen und das Marschieren hatten es mir angetan. So einer mußte auch ich werden. Da ich aber in Köln keine Soldaten zu sehen bekam, da stand mein Beruf fest: Ich gehe zur Polizei, die haben auch Uniformen und marschieren auch. Als dann aber der Führer 1935 die allgemeine Wehrpflicht verkündete, da wurde aus dem Wort Polizei schnell das Wort Militär gemacht, denn jetzt waren ja die Türen offen, und ich konnte doch Soldat werden.

Waren das bisher nur Jugendpläne und sprach daraus hauptsächlich der Wunsch, eine Uniform zu tragen, so wurde mir im letzten Jahr der Wunsch besser: festen Entschlußzur Gewißheit . Nach der Schule will ich zum Militär gehen und Offizier werden. Warum gerade Offizier Z. ? Gibt..., gibt es nicht andere, vielleicht auch schönere Berufe? Die gibt es sicher, aber trotzdem sagt mir der Offiziersberuf am meisten zu. Die Gründe hierfür sind keinesfalls materieller oder finanzieller Art. A.Denn solche Vorteile sind beim Militär bekanntlich bis auf das Notwendigste beschränkt . Nein, die Gründe hierfür sind ideeller Art. Ich will Offizier werden, das heißt, eine Ausbildung mitmachen, die von den Menschen die höchsten Anforderungen stellt. Denn wenn der Führer schon die zweijährige Dienstzeit als die schönste aber auch härteste Schule der Deutschen bezeichnete, wie viel mehr muß es dann noch die Ausbildung zum Offizier sein. Doch auch diese Zeit ist einmal zu Ende Z., und dann ist man selbst Offizier, ist Lehrer an der Schule aller wehrhaften Deutschen. Man wird den Rekruten den Gebrauch der Waffen beibringen, wird sie stählen und A. lehrenlernen , Strapazen zu ertragen. Man wird ihnen Zucht und Ordnung beibringen und vor allen Dingen Gr. sie...ihren ihr Vaterland, Deutschland lieben ...lehren.lernen . Und zwar die Liebe zum Vaterland lehren, die Millionen und abermals Millionen Deutscher befähigte, vier Jahre lang einer Welt von Feinden zu trotzen und die Heimat zu verteidigen. Bei all dem aber muß der Offizier_ selbst ein Vorbild in jeder Hinsicht sein. Ein Vorbild, auf das die Soldaten mit Stolz blicken und nach dem sie sich in allen Dingen richten können.

Gibt es denn etwas R. Sch...schöneres , als junge Deutscher zu solchen Männern zu erziehen, die im Notfalle wie eine eiserne, unbezwingbare Mauer an den Grenzen stehen und die Heimat - und wenn es sein muß Z., auch wieder gegen eine Welt von Feinden - bis zum letzten Atemzuge verteidigen werden Z.? Und selbst dann vor dieser Mauer als Vorposten stehen und die Verantwortung für einen Zug oder eine Kompanie tragen. Über eine Gruppe von Menschen, die einem vollständig anvertraut sind, und denen ein gegebener Befehl Tod oder Leben bedeuten kann. Aber nicht nur die Verantwortung tragen, sondern auch hier und zwar besonders hier wieder Vorbild sein und anderen an Mut und Tapferkeit voranleuchten. Denn dann ist es wohl das Ziel eines jeden, es den Vätern und Brüdern im Weltkrieg gleichzutun, oder sie sogar noch zu übertreffen.

Einer dieser Feldgrauen, einer derjenigen zu sein, die, ob im Krieg oder Frieden, nichts für sich, sondern alles für Deutschland tun, das war und ist stets mein Wunsch. Ein solcher Offizier möchte ich werden, um dann auch mit Stolz die Uniform tragen zu können, an der ich von jeher Freude hatte.

Inhaltlich ist die Arbeit nicht eben reich an sachlichen Einzelheiten, aber die gewählten Gesichtspunkte sind klar geordnet. Ohne überheblich zu werden, steigert sich der Ausdruck von einer gewissen Nüchternheit zu echter u. natürlicher Gefühlswärme, die überzeugt.

Die Zeichensetzung ist etwas willkürlich.

Befriedigend.

Köln, 18.9.38.

Jahresleistungen: 4